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Es war ein­mal …

eine blut­jun­ge, wohl­ge­stal­te Non­ne mit be­tö­ren­den grau­blau­en Au­gen. Sie leb­te vor sehr lan­ger Zeit in ei­ner über­aus düs­te­ren Epo­che, wel­che ge­prägt war von na­gen­dem Hun­ger, un­heil­ba­ren Seu­chen, ab­scheu­li­chen Krie­gen, grau­sa­mer Ver­wüs­tung und ent­setz­li­chen Flü­chen. Trotz­dem führ­te sie zu­sam­men mit ih­ren Mit­schwes­tern ein be­schau­li­ches und fried­vol­les Le­ben in ei­nem ab­ge­schie­de­nen Klos­ter. Ir­gend­wo im mit­tel­frän­ki­schen Hin­ter­land. Wo ge­nau ist lei­der nicht be­kannt. Über­lie­fert ist al­ler­dings, dass un­se­re jun­ge Non­ne, nen­nen wir sie der Ein­fach­heit ge­schul­det Ma­ria, nicht nur von be­rü­cken­der An­mut, son­dern auch von sehr sanf­tem und lie­bens­wür­di­gem We­sen war. Auf­grund ih­res groß­mü­ti­gen Her­zens, ih­rer Freund­lich­keit, ih­rer Güte und ih­rem Ta­lent für die Heil­kunst war sie nicht nur bei ih­ren Ge­fähr­tin­nen im Kon­vent, son­dern auch bei den Men­schen, die im be­nach­bar­ten Dorf am frucht­ba­ren Ufer des tie­fen Dunk­len Sees ein ein­fa­ches aber aus­kömm­li­ches Da­sein leb­ten, ein gern ge­se­he­ner Gast.

Das Klos­ter selbst lag un­an­tast­bar und er­ha­ben auf ei­nem be­wal­de­ten In­sel­chen im Zen­trum des un­be­re­chen­ba­ren Ge­wäs­sers, um das sich vie­le ur­al­te My­then rank­ten. An trü­ben Ta­gen war das Stift vom Dorf aus kaum zu se­hen. Es ver­schwamm dann ge­ra­de­zu in ei­ner mys­te­ri­ösen grau­en Ne­bel­wand.

Die­ser über­aus ge­heim­nis­vol­le Ort war einst in ganz Mit­tel­fran­ken als Geis­ter­bä­ren­see be­kannt oder viel­mehr be­rühmt-be­rüch­tigt. Im Lau­fe der Jahr­hun­der­te sind sei­ne stin­ken­den, fau­li­gen Ge­düns­te all­mäh­lich im Erd­bo­den ver­si­ckert, bis nichts mehr als ge­flüs­ter­te ne­bu­lö­se Ge­rüch­te von die­sem ver­wünsch­ten und bös­ar­ti­gen Ort Kun­de ta­ten. Der Le­gen­de nach war je­der des To­des, der mit sei­nem ver­hex­ten Was­ser in Be­rüh­rung kam, auch wenn der Kon­takt noch so ge­ring und kurz­zei­tig ge­we­sen war. In den eis­blau­en Tie­fen des kris­tall­kla­ren Sees haus­ten un­zäh­li­ge tod­brin­gen­de Schat­ten, die so­ge­nann­ten Geis­ter­bä­ren. Wer so ah­nungs­los oder un­vor­sich­tig war, der ma­gi­schen Ver­lo­ckung nicht zu wi­der­ste­hen und zu nahe an ihn her­an­trat, des­sen Welt ge­ri­et aus den Fu­gen, bis er schließ­lich von ei­nem un­rett­ba­ren Sog er­fasst und von kraft­vol­len Wel­len zu sei­nem pech­schwa­r­zen Zen­trum ge­tra­gen wur­de. Zum Hort des ab­so­lut Bö­sen, zum Na­bel al­len Übels und der Ver­damm­nis schlecht­hin. Ur­alt und ver­derbt bis ins Mark ver­ström­te er den gif­ti­gen Pest­hauch von mod­ri­ger Fäul­nis und gren­zen­lo­ser Nie­der­tracht. Von dort gab es kei­ner­lei Hoff­nung auf gnä­di­ges Ent­kom­men. Wer nicht auf bes­ti­a­li­sche Wei­se von den Geis­ter­bä­ren zer­fetzt und auf­ge­fres­sen wur­de, der er­trank qua­l­voll und lang­sam in den kal­ten Flu­ten.

Um über­haupt zu dem Klos­ter zu ge­lan­gen, muss­te man einen klei­nen Obo­lus an den knor­ri­gen al­ten Fähr­mann ent­rich­ten, der tag­täg­lich be­harr­lich Wind und Wet­ter trot­zend sei­ne un­er­müd­li­chen Fahr­ten zwi­schen In­sel und Ufer be­wäl­tig­te. Und sorg­sam dar­auf ach­te­te, dass kein Un­g­lü­ck­li­cher in die ver­wünsch­ten Wo­gen ge­ri­et und dort auf Nim­mer­wie­der­se­hen spur­los ver­schwand.

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