Читать книгу Hannibal Mayer - Der Zug der Elefanten - Fabian Vogt - Страница 10
ОглавлениеVorspiel 2003
12. Dezember 2003
Der Schuss sitzt. Aus siebzig Metern Entfernung. Gekonnt. Der Wildhüter nickt seinen beiden Begleitern zufrieden zu. Jetzt können sie nur noch warten, bis das Narkotikum wirkt. Das dauert einige Minuten.
Hoch aufragende Kumuluswolken ziehen vorüber und legen ihre Schatten wie samtene Decken über die Ebene. Die Männer war-ten im Schutz eines Baumes. Sie beobachten das angeschossene Tier aus sicherer Entfernung. Der Wildhüter mit einem alten Armee-Fernglas vor dem Gesicht.
Der Elefantenbulle wirft immer wieder den Kopf hoch. Irritiert. Und verärgert. Er überlegt, ob er die Eindringlinge angreifen soll oder nicht. Doch seine Bewegungen verlieren schon jetzt erkennbar an Kraft. Unruhig schwenkt er den Rüssel hin und her. Fängt an zu weben, wie das gleichmäßige Schaukeln von einem Bein auf das andere bei Elefanten genannt wird. Ein gigantisches Uhrenpendel, das immer langsamer wird: Die Zeit verrinnt lautlos, doch ihre Geschwindigkeit nimmt ab. Kurz darauf knicken die Vorderbeine des fast vier Meter hohen Bullen ein.
Jetzt rennt der Wildhüter los. Denn der Elefant muss in der richtigen Position zum Liegen kommen.Wenn er falsch landet, kann es passieren, dass die Eingeweide so sehr auf das Zwerchfell drücken, dass das riesige Tier erstickt. Doch es geht alles gut. Der Elefant legt sich ruhig hin und schließt die Augen.
Dennoch wartet der Wildhüter weitere fünfzehn Minuten, bevor er sich dem Bullen nähert. Er hat vor nicht allzu langer Zeit erlebt, dass einer seiner Kollegen von einem Elefanten zerquetscht wurde, weil sich ein scheinbar schlafender Dickhäuter noch einmal aufrichtete und den unvorsichtigen Mann gegen einen Felsen drückte. Ein unschöner Tod. Und vor allem überflüssig.
Als der Schütze sicher ist, dass der Bulle schläft, ruft er mit dem Walkie-Talkie seine an der Straße wartenden Helfer. Die erscheinen kurz darauf mit einem Kranwagen und einem Schwerlasttransporter. Sechs bis sieben Tonnen wiegt der Elefant, schätzt einer der zu warm angezogenen Männer, die schon beim Abschuss mit dabei waren, in holprigem Englisch. Er sagt dann etwas auf Russisch zu seinem Nachbarn, was dieser mit einem rauen Lachen quittiert.
Dreißig Minuten später ist der Elefant verladen. Und die Männer sind schweißgebadet.
Sie werden das Tier in einem Camp an die Transportkiste gewöhnen und dann - in einigen Wochen - mit dem Schiff an seinen Bestimmungsort bringen.
Ein guter Tag.
Denken sie.