Читать книгу Hannibal Mayer - Der Zug der Elefanten - Fabian Vogt - Страница 15

24. Juli 2005

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»Hallo, hier ist Hannibal.Wie geht es dir?«

Ich war ganz sicher, dass wir uns im Opel-Zoo nicht geduzt hat-ten, aber er sprach mich so selbstverständlich mit ›Du‹ an, dass ich einfach darauf einging.

»Hannibal?«

»Ja, Fabian, der mit den Elefanten. Du wirst dich doch an mich erinnern, oder?«

Ich stotterte ein wenig: »Klar. Der Reiher mit den roten Füßen. Die Träume. Die weißen Löwen.«

»Genau. Jetzt ist es so weit. Du kannst kommen.«

»Kommen? Wohin?«

Das kräftige Lachen aus dem Telefonhörer weckte mich endgültig auf. »Na, nach Südafrika. Ich rufe gerade aus Pretoria an.«

»Aus Pretoria?«

»Ja. Die Träume wollten nicht aufhören, da bin ich hierhergeflogen. Und habe tatsächlich Bongani gefunden.War nicht ganz einfach. Aber das erzähle ich dir, wenn du da bist. Jetzt habe ich hier ein halbes Jahr mit den Behörden rumgezackert - und heute konnte ich die offizielle Genehmigung abholen. Stell dir vor: Ich darf hundert Elefanten aus dem Krügerpark aussiedeln und nach Deutschland bringen. Irre, oder?«

Ich war noch völlig verschlafen. »Ja, klingt super. Und warum rufst du mich jetzt genau an?«

Man mag über Hannibal Mayer denken, was man will, aber seine sonore, fröhliche Stimme war zu allen Zeiten unglaublich motivierend. »Fabian, du wolltest doch Pressearbeit für unsere Afrika-Tour machen. Hier wirst du gebraucht. Das hier ist ein Job, der nur auf dich gewartet hat. Und ich weiß ja, dass du in Frankfurt zurzeit ohnehin nicht besonders glücklich bist.«

Ich schluckte nur, sagte aber nichts. Er konnte nicht wissen, wie es um mich stand - dass ich aus meiner Krise, die sich immer mehr als handfeste Midlife-Crisis entpuppte, nicht herausgekommen war. Dass sich eine kurze neue Beziehung zu einem echten Desaster entwickelte, weil die Frau mich nur benutzte, um ihrem zunehmend desinteressierten Ehemann eins auszuwischen. Und dass ich im Augenblick von kleinen Aufträgen und unbefriedi genden Schreibjobs lebte.

»Sag mir einfach, wann du kommst. Ich hole dich dann am Flughafen in Johannesburg ab. Am besten nimmst du einen Direktflug von Frankfurt. Dieses nächtliche Rumgehänge in Dubai ist ziemlich nervig. Pass auf, ich gebe dir mal die Nummer, unter der ich hier zu erreichen bin.«

Ich war so perplex, dass ich wortlos mitschrieb.

»Du wirst sicher ein paar Tage brauchen, bis du alles organisiert hast. Ich finde es übrigens echt klasse, dass du dabei bist. Tschüss. Ach, bring doch bitte ein paar Frankfurter Würstchen mit. So etwas kriegt man hier so schlecht. Bye.«

Er legte auf. Und ich stand ratlos im Schlafanzug im Flur. Das war doch nicht möglich: Hannibal hatte nicht einen Moment damit gerechnet, dass ich Nein sagen würde. Für ihn war klar, dass mir nichts Besseres passieren konnte, als mit ihm quer durch Afrika zu reiten. Auf dem Rücken eines Elefanten. Ich ahnte damals noch nicht, wie recht er hatte.

In dieser Nacht entschied ich, dass ich meine Zusage davon abhängig machen würde, ob es mir am nächsten Tag gelang, einen Chefredakteur zu finden, in dessen Auftrag ich die Reise antreten konnte. Manchmal entwickle ich solche abergläubischen Rituale: Falls die Ampel grün ist, wenn ich hinkomme, wird es ein guter Tag. Wenn das Telefon in den nächsten zehn Minuten klingelt, dann kriege ich diesen oder jenen Job.Wenn die Frau am Nachbartisch mich vor dem Ende meines Biers anlächelt, spreche ich sie an. Und diesmal sollte eben ein Kontakt zu einem Magazin entscheiden.

Ich weiß, dass das albern ist und dass man sich als Erwachsener vor wichtigen Entscheidungen nicht derart kindisch drücken sollte. Aber vielleicht sind solche kleinen Verabredungen ja auch eine Möglichkeit für irgendwelche höheren Mächte, uns ein Zeichen zu geben.

Hannibal Mayer - Der Zug der Elefanten

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