Читать книгу Bitter Elation - Fae Clarke - Страница 10

Die Begegnung

Оглавление

T

osender Applaus ertönt, sobald der Sänger die Bühne betritt. Lilith ist von seinem Anblick sofort hin und weg. Genauso wie sie es sich gedacht hatte. Das Bühnenoutfit steht ihm ungemein gut und lässt ihn gleich noch einmal so unwiderstehlich wirken. »Wow!«, entfleucht es ihr leise. Entweder er weiß einfach, was anziehend auf Frauen wirkt oder er hat jemanden an der Hand, der dieses Outfit zusammenstellt.

Nach dem Intro begrüßt er das Publikum und hebt den Arm - das Zeichen für die Band mit dem ersten Song zu beginnen. Und wie in ihrem Traum, springt er wie ein junger Gott zwischen Klavier und Mikrofon hin und her. Seine Stimme klingt auch heute noch genauso laut und klar wie damals vor acht Jahren. Nur agiert er mittlerweile viel mehr mit den Zuschauern, fordert sie regelrecht heraus. Immer wieder singt das Publikum lauter als er.

Sie kann gar nicht aufhören ihn anzustarren, so sehr hatte sie sich gewünscht ihn und die Band erneut live zu erleben. Nun endlich wird ihr Traum Wirklichkeit, sie befindet sich in dieser fantastischen Halle und sieht ihn dort unten auf der Bühne in voller Aktion. Manchmal scheint es, als ob er die Zuschauer buchstäblich anschmachten würde, dann reißt er wieder Witze und ein anderes Mal bringt er die weiblichen Fans fast um den Verstand, indem er sich seiner Jacke entledigt. Die Menge tobt und klatscht. Das Konzert verläuft genauso emotional und energiegeladen, wie sie es sich erhofft hatte.

Viel zu schnell sind die knapp zwei Stunden vorbei, so wie immer, wenn einem etwas sehr gut gefällt, verfliegt die Zeit im Nu. Nach wie vor lächelt sie berauscht, als die Band nach mehreren Zugaben die Bühne bereits verlassen hat. Stetig leert sich der Saal. Hier und da ist Stimmengemurmel zu vernehmen und vereinzelt verweilen einige Zuschauer, genau wie die Freundinnen in ihren Logen. Keiner verscheucht sie aus dem Saal und somit verfällt auch keiner in diese typische Hektik, die die Stimmung so schnell ruiniert.

Gemütlich lehnt sie sich in ihrem Sitz zurück und lässt das Konzert in Gedanken Revue passieren. Die beeindruckenden Bilder werden sie sicher lange verfolgen und sie wird davon noch endlos zehren können.

»Schade, das ging schneller vorbei als gedacht«, sagt Sonja auf einmal bedauernd. Als sie ihr seufzend zustimmt, fragt sie: »Wollen wir an die Bar gehen und etwas trinken?«

»Oh ja, gern!« Sie hakt sich bei ihr unter und zusammen verlassen sie die Loge. Langsam schlendern sie über den roten Teppich den gewundenen Gang entlang. Dabei betrachten sie die goldfarben-gerahmten Bilder an den Wänden. Etliche Besucher sitzen auf Bänken, die in den Nischen stehen, und sich angeregt unterhalten.

Aufgeregt schwatzend gehen sie ins Erdgeschoss hinunter und betreten eine Bar, die nicht so überfüllt ist. Nachdem sie sich auf die hohen Barhocker an der edlen Naturholztheke gesetzt haben, bestellen sie bei dem überaus gutaussehenden Barkeeper alkoholfreie Cocktails und resümieren den fantastischen Auftritt. Beide sind der Meinung, dass das mit Abstand das beste Konzert war, das sie bisher besucht haben.

Während sie ihre Mixgetränke genießen, bemerkt Lilith aus den Augenwinkeln, wie der Sänger an der Bar vorbeihuscht. Schnell wendet sie sich dem Tresen zu, damit er sie auf gar keinen Fall entdeckt und somit auch nicht auf die Idee kommen möge, sie anzusprechen. ›Jeder andere Fan würde sich jetzt auf ihn stürzen und die Chance seines Lebens nutzen, und ich dreh mich um, damit er mich ja nicht erkennt‹, schießt es ihr durch den Kopf.

Auch die Freundin bemerkt ihn und meint: »Wollen wir uns ein Autogramm holen? Sag bitte ja!«

»Geh du nur, ich bleibe lieber hier. Ich möchte nicht riskieren, dass er mich wiedererkennt. Nutz du die Gelegenheit, die kommt wahrscheinlich so schnell nicht wieder.«

»Okay. Dann gib mir mal dein Ticket, damit du wenigstens auch etwas davon hast.« Lilith kramt ihre Eintrittskarte aus der Tasche hervor und überreicht sie wortlos. »Bis gleich, Süße!« Damit schnappt sich Sonja die Karte und verschwindet aus der Bar.

Kurz muss sie sich sammeln und wieder beruhigen. Eine Zigarette würde jetzt guttun, aber sie wartet rücksichtsvoll auf ihre Süße, vielleicht will sie ja auch mit hinausgehen und frische Luft schnappen. Ihr fällt auf, dass der Barkeeper sie seit einer ganzen Weile anlächelt. Verschmitzt grinst sie in sich hinein und nippt dabei an ihrem Cocktail. Immer wieder linst sie zu ihm hinüber, und bemerkt, dass er sie tatsächlich zu beobachten scheint.

Er ist jung und unheimlich attraktiv. Sie genießt seine Blicke, die auf ihr ruhen, während sie das Glas an dem langen Stiel hin- und herdreht. Dann stützt sie ihr Kinn auf die Hände und blickt ihn unverhohlen an. Gerade als sie sich aufraffen will, um ihn anzusprechen, setzt sich Sonja wieder neben sie. Der Barkeeper wendet sich schmunzelnd ab, als er ihren enttäuschten Blick bemerkt.

Die Freundin legt das Ticket auf den Tresen und schiebt es ihr hin, hält es dabei aber noch bedeckt. »Wow! Du glaubst gar nicht, wie umwerfend dieser Typ ist! Schade, dass du dich nicht traust.«

Unentwegt starrt sie neugierig auf die Rückseite der Karte. Dann dreht Sonja endlich das Papier um und sie kann lesen: ›Für Lilith von Chris - Bitter Elation‹. Ihr stockt der Atem.

»Es tut mir leid, aber was sollte ich machen. Er hat mich erkannt und dachte, dass er uns schon einmal bei einem vorangegangenen Konzert getroffen hätte«, erklärt sie ihr hastig.

Lilith stiert auf das Geschriebene und schluckt. »Er denkt, er kennt uns von einem anderen Konzert? Und was ist mit dem Namen? Wurde er da nicht stutzig?«

»Nur kurz. Er meinte, dass ihm der Name bekannt vorkommen würde, aber wahrscheinlich habe er ihn auch während einer Autogrammstunde in Erinnerung behalten, weil er eben so außergewöhnlich sei. Ich habe ihn einfach in diesem Glauben gelassen. Was Besseres konnte doch gar nicht passieren!«

»Das ist Glück, dass er das glaubt! Und er ist wirklich so charmant, wie man sagt?«

»Und ob! Ich soll dir übrigens liebe Grüße ausrichten.«

Nun bereut sie es ein kleines bisschen, dass sie sich nicht getraut hat. Aber was solls, sie will lieber nichts provozieren oder ihn gar verwirren. »Könnte ich mal kurz rausgehen, um zu rauchen?«, erkundigt sie sich bei ihr unvermittelt.

Anstatt einer Antwort trinkt sie schnell ihr Glas aus und hakt sich bei ihr unter. Noch einmal lächelt sie dem Barkeeper zu, der daraufhin grinsend die Hand hebt.

»Ja, Hallo! Hast du dir etwa Mut angetrunken, während ich fort war?«, fragt Sonja sie feixend und dreht sich beim Verlassen der Bar zu dem Mann um. »Hach, dein Geschmack ist aber auch erstklassig.«

Kichernd gehen sie zum Haupteingang, und als die Süße die Tür öffnet, schiebt sie Lilith hinaus ins Dunkel der Nacht. In diesem Moment sieht sie auch schon den Sänger umringt von Fans neben dem Eingang stehen.

»Na großartig!«, flüstert sie. Schnell kramt sie eine Zigarette aus ihrer Tasche und zündet sie an. »Warum sagst du mir denn nicht, dass er hier draußen steht? Du weißt doch, dass das schief gehen kann.«

»Er weiß doch von nichts, er hat überhaupt keine Ahnung! Also bleib ruhig. Bitte, bitte. Du wirst es sonst eines Tages bitter bereuen und dir Vorwürfe machen, dass du diese Chance nicht ergriffen hast.« Die kleine Verräterin schaut sie mit ihrem berüchtigten Hundeblick an.

Da muss sie auflachen. »Na gut, was solls. Aber ich werde mich ihm nicht aufdrängen. Du weißt, dass ich so etwas nicht mag.«

Bestätigend nickt sie heftig. »Dann schau ihn doch nur an. Du wirst sehen, er ist einfach … ich kann es nicht beschreiben. Verschaffe dir selbst einen Eindruck.« Damit schlendern sie zu den Programmtafeln schräg gegenüber, außerhalb des Lichtscheins, um ihn aus sicherer Entfernung zu beobachten.

Er hat sie nicht einmal bemerkt und verteilt weiterhin eifrig Autogramme, scherzt mit den Frauen vor sich. Trotz des diffusen Lichts und der Entfernung, fällt Lilith erneut sein umwerfendes Lächeln auf und wie seine Augen immer mitlächeln. Beinahe wird sie schwach und würde am liebsten zu ihm hinüber gehen.

Schnell wendet sie sich ab und blickt zum erleuchteten Kensington-Park. Ein wohltuend frischer Luftzug lässt sie wieder zur Besinnung kommen. Dann vernimmt sie sein Lachen - wie wohlvertraut es ihr doch ist. Es ist tatsächlich dasselbe, wie in ihrem Traum. Aber auch das wird sie in einem Interview aufgeschnappt haben. Wie viel von dem, was sie sich vorgestellt hat, wohl übereinstimmt? Neugierig wendet sie sich ihm erneut zu.

Nur noch wenige Menschen stehen bei ihm. Dicht hinter ihm verweilen Bodyguards oder Security, die dafür sorgen, dass die Fans auch wieder gehen. Wieso ist er hier herausgekommen? Wieso ist er nicht irgendwo geschützter an die frische Luft gegangen? Oder warum ist die Band nicht gleich im Anschluss an das Konzert ins Hotel gefahren? Er scheint wohl den Trubel um seine Person zu mögen.

Der letzte Fan bedankt sich überschwänglich bei ihm und geht zurück ins Gebäude. Chris stülpt sich die Kapuze über den Kopf, wechselt ein paar Worte mit seinen Bodyguards und kommt anschließend schnurstracks auf sie beide zu. Panik kriecht in ihr hoch, doch als sie mitbekommt, dass er gar nicht zu ihnen will, sondern lediglich aus dem Schein der Straßenlampe treten möchte, wird sie wieder etwas ruhiger. Sie wendet sich der Programmtafel zu, um ihn nicht anstarren zu müssen. Hastig zündet sie sich erneut eine Zigarette an, um sich von ihrer eigenen Nervosität abzulenken.

»Entschuldigt bitte«, sagt der Sänger plötzlich, als er neben ihnen steht. Ihre Freundin dreht sich zu ihm herum. »Oh, Hallo. Sonja, richtig?«

»Ja, genau«, erwidert diese.

Nun kann er auch noch Namen perfekt den Gesichtern zuordnen, schießt es ihr durch den Kopf. Gibt es irgendetwas Negatives an ihm?

»Hättet ihr ein Feuer für mich? Ich habe meins drinnen liegen lassen.«

Die Gefragte zupft an Liliths Bluse. Tief Luft holend dreht sie sich zu ihm herum und reicht ihm ihr Feuerzeug.

»Vielen Dank.« Kurz blickt er sie an, und als er das Feuer anzündet, betrachtet sie ihn. Sie beißt sich auf die Unterlippe, um ein Seufzen zu unterdrücken. Dieses Gesicht ist einfach …

»Lilith?«, fragt er erstaunt.

»J … ja«, stockt sie. ›Lass ihn bitte weiterhin glauben, dass wir uns auf einem Konzert getroffen hätten.‹ Schluckend nimmt ihr Feuerzeug entgegen.

»Hi!« Damit reicht er ihr seine Hand.

Zögerlich ergreift sie sie, doch sie bekommt kein Wort über ihre Lippen. Seine Stimme, seine blauen Augen! Eine sanfte, aber doch kräftige Hand erwidert ihren Händedruck. Ihr wird plötzlich ganz anders zumute. Als er ihre Hand wieder freigibt, blickt sie sich kurz um, ob irgendwo eine Bank steht, auf die sie sich setzen kann. Weit und breit ist keine zu sehen.

»Entschuldige bitte«, sagt sie ganz leise und setzt sich im Schneidersitz auf den Boden. Ob er nun denkt, dass sie komplett durchgeknallt ist? Ist ja auch egal!

Erst jetzt fällt ihr auf, dass die beiden Security, etwas weiter entfernt, Position bezogen haben. Dann blickt sie wieder hinauf. Noch immer steht er neben ihrer Freundin und hat sich auch nicht abgewendet, um seine Ruhe zu haben. Im Gegenteil, er lächelt Lilith sogar an und meint: »Wenn du erlaubst?«

Mit dem Rücken zur Konzerthalle setzt er sich ihr gegenüber auf den noch warmen Asphalt und zieht die Kapuze etwas tiefer in sein Gesicht. ›Ich weiß nicht, was ich zu ihm sagen soll!‹, schießt es ihr durch den Kopf. Aber er erwartet anscheinend keine Unterhaltung, er raucht ebenfalls wortlos. Nur hin und wieder schaut er sie mit seinen lächelnden Augen an, dabei errötet sie etwas und hofft, dass er dies nicht bemerkt.

Längst haben beide ihre Zigaretten ausgedrückt, doch noch immer sitzen sie sich schweigsam gegenüber. Als sie an ihm vorbei zur Konzerthalle blickt, spürt sie seine Blicke auf sich ruhen. Sie weiß, dass sie nicht stundenlang so dasitzen können, irgendwann muss er wieder hinein.

»Ich danke dir für das Autogramm«, sagt sie unvermittelt und könnte sich dafür auch sofort ohrfeigen. Etwas Besseres konnte ihr nicht einfallen!

Er sieht sie schmunzelnd an. »Sehr gern.«

Dankbar registriert sie, dass Sonja sich neben sie beide kauert und ein Gespräch mit ihm beginnt. Somit lenkt die Freundin ihn von ihr ab und sie kann ihn etwas beobachten und mal wieder einen klaren Gedanken fassen. Wenn er lächelt oder gar lacht, schmilzt sie regelrecht dahin. Verzweifelt versucht sie die aufwallende Empfindung zu unterdrücken. Es wäre verdammt dumm, sich jetzt in einen Typen zu verknallen, den sie nie wieder treffen wird und zudem so unerreichbar ist. Nur weil er ihr gegenübersitzt, heißt das noch lange nichts! Doch es fällt ihr sehr schwer, nicht seiner faszinierenden Stimme zu verfallen oder sich in seinen blauen Augen zu verlieren. Immer wieder schaut sie zu Boden, um sich von seinem Anblick loszureißen.

Währenddessen kommen ab und an Leute aus dem Gebäude, um zu rauchen oder zu gehen. Doch keiner beachtet die Drei am Boden Sitzenden. Einige gehen auf die Bodyguards zu und sprechen sie an. Wahrscheinlich wollen sie wissen, wo sie den Sänger antreffen können, es hat sich bestimmt herumgesprochen, dass er sich hier draußen aufhalten soll. Belustigt beobachtet sie, wie die Männer immer wieder achselzuckend den Kopf schütteln.

Als sich die Tür ein weiteres Mal öffnet, tritt Joe heraus. Er sucht anscheinend den Frontmann und entdeckt dabei die Drei. Langsam kommt er näher und erkennt den Sänger, der mit dem Rücken zu ihm sitzt.

»Chris? Wir suchen dich schon überall. Du musst unbedingt reinkommen«, sagt der Drummer, als er direkt hinter ihm steht.

Obwohl sie kaum ein Wort miteinander gewechselt haben, schaut dieser sie bedauernd an. »Ich komme gleich«, sagt er, wobei er sie nicht aus den Augen lässt.

»Okay bis gleich.« Damit dreht sich der Bandkollege herum und geht wieder hinein.

»Es tut mir wirklich sehr leid«, lässt Chris verlauten. »Vielleicht trifft man sich wieder?«

»Bestimmt irgendwann auf einem der nächsten Konzerte«, antwortet Lilith leise.

Seufzend erhebt sich der Sänger. »Das wird leider etwas dauern«, entgegnet er mit einem abbittenden Unterton.

Als sie sich erheben will, reicht er ihr seine Hand, um ihr aufzuhelfen. »Schreibt mich an. Ich werde euch und eure Namen so schnell nicht vergessen.«

Anschreiben? Hat sie etwas verpasst? War sie so sehr in Gedanken versunken, dass sie das Gespräch vollkommen verbummelt hat? Fragend blickt sie auf Sonja herab und sieht sie zustimmend nicken. Das wird sie gleich erfragen, sobald er fort ist.

»Ladys, es war mir eine Ehre euch kennengelernt zu haben.« Er reicht der immer noch am Boden sitzenden Freundin die Hand und verabschiedet sich von ihr.

Dann wendet er sich an sie und blickt sie mit einem umwerfenden Lächeln an. »Es hat mich wirklich sehr gefreut.« Sie errötet erneut und diesmal bemerkt er es. Schmunzelnd reicht er ihr noch einmal die Hand, die sie sofort ergreift. Völlig unerwartet gibt er ihr eine Kusshand und raunt: »Ich würde mich besonders über eine Nachricht von dir freuen.«

Nur langsam lässt er ihre Hand los und geht zum Eingang. Die Bodyguards folgen ihm nun wieder auf dem Fuß. An der Tür dreht er sich noch einmal um und hebt seine Hand zum Abschied. Dann entschwindet er ihrem Blickfeld.

»Du lieber Himmel!«, entfleucht es ihren Lippen.

»Sag ich doch«, erwidert Sonja, die sich nun auch erhebt. »Und? Was meinst du? Ist er nun so wie erwartet?«

»Tausendmal besser!« Lilith lächelt verträumt und seufzt auf. Plötzlich erinnert sie sich wieder an seine Worte. »Was meinte er mit anschreiben?«

»Wo warst du in der letzten halben Stunde? Er hat gemeint, wir sollen die Band in irgendeinem der sozialen Netzwerke anschreiben. Er liest die meisten Nachrichten selbst, wenn auch im Schnelldurchgang. Wir sollen unsere Namen unbedingt erwähnen, dann schreibt er uns sofort zurück«, erklärt sie.

»Wow! Ob er das öfter macht?«

»Was?«

»Na Fans persönlich zu schreiben?«

»Mittlerweile bestimmt nicht mehr. Dann käme er wahrscheinlich zu nichts mehr. Und ich möchte auch gar nicht wissen, was manche so schreiben!«, sagt die Freundin kichernd.

»Da hast du wohl recht!« Gemeinsam schlendern sie gemütlich um das runde Gebäude herum, Richtung Parkplatz. Verträumt denkt sie darüber nach, dass er sie tatsächlich um eine Nachricht gebeten hat, er sich sogar darauf freuen würde. Meinte er das ernst?

Bereits von Weitem sehen sie den Tourbus am Seiteneingang stehen. Gerade als sie daran vorbeigehen, öffnet sich die Seitentür der Konzerthalle und Chris tritt heraus. Sichtlich erfreut lächelt er die beiden an. »So schnell sieht man sich wieder!«

»Gib es zu! Du steigst uns doch nur nach!«, ruft Sonja ihm belustigt zu.

Daraufhin folgt ein herzhafter Lacher, wobei er den beiden zuzwinkert. Joe kommt ebenfalls aus dem Gebäude und die Tür des Busses öffnet sich geräuschlos. Glucksend ahmt Lilith pantomimisch das Tippen auf einer Tastatur nach. Der Sänger nickt ihr zu und steigt in den Bus. Verdattert schaut der Drummer erst sie und danach seinen Bandkollegen an. Die Freundinnen drehen sich feixend herum und gehen weiter. Nach nur wenigen Metern verspüren sie wieder dieses allzu vertraute Gefühl. Verwirrt drehen sie sich langsam herum, doch niemand oder irgendetwas ist zu sehen. Irritiert schütteln sie die Köpfe und gehen plaudernd zum Parkplatz. Beide sind noch völlig aufgekratzt, sodass sie einige Male stehen bleiben und aufgedreht, wild gestikulierend das Konzert und die Begegnung mit dem Sänger immer wieder anreißen.

Als sie schlussendlich im Wagen sitzen, dreht Sonja prompt die Musik auf und lotst das Auto auf die große Hauptstraße vor der Halle. Der Bus fährt in diesem Moment auf die linke Spur und die Freundin setzt sich rechts neben ihn. Lilith blickt hinaus, doch sie kann leider nichts als schwarze Scheiben sehen. Sie lässt das Fenster herunter und die laute Musik erschallt in den nahezu leeren Straßen. Grüßend hält sie die Hand aus dem Wagen und Sonja gibt lachend Gas.

»Die erklären uns wahrscheinlich für verrückt«, sagt sie kichernd.

»Glaub ich nicht, die verstehen den Spaß schon.«

Im Seitenspiegel sieht sie den Bus nach links abbiegen, während sie weiter geradeaus Richtung Autobahn fahren.

Auf der gesamten Rückfahrt singen und albern die beiden herum. Somit verfliegt die Zeit im Nu und schneller als erwartet sind sie wieder in ihrem geliebten Küstenstädtchen. Da es bereits sehr früh am Morgen ist, verabschieden sie sich rasch voneinander und verschwinden in ihren Häusern.

Während sie sich bettfertig macht, muss sie wieder an Chris denken. Ob er noch einmal an sie gedacht hat? Morgen wird sie ihn anschreiben, dann hat er gleich ihren Profilnamen und kann daraufhin selbst entscheiden, ob er sich bei ihr melden wird oder nicht. Falls ja, würde sie sich darüber sehr freuen. ›Klar, wer würde das auch nicht?‹, denkt sie sich und legt sich in ihr Bett. Kurzentschlossen greift sie nach ihrem Handy und sucht das Bandprofil.

Gestern Morgen hatten sie tatsächlich noch einmal etwas gepostet. Darin wünschten sie den Fans viel Spaß bei dem heutigen finalen Konzert in der fantastischen Location. Als sie weiter nach unten scrollt, entdeckt sie eine Bekanntmachung. Verwundert liest sie diese durch. Sie werden eine mehrmonatige Auszeit nehmen, kehren aber Ende des Jahres ins Aufnahmestudio zurück. Das ist völlig an ihr vorbeigegangen! Diese Information liest sie zum ersten Mal, aber wen wundert es. Schließlich giert sie nicht jeder Nachricht hinterher. Es ist zwar schade, aber verständlich.

Kaum legt sie zufrieden das Smartphone auf das Nachtkästchen, schläft sie auch schon ein.


Bitter Elation

Подняться наверх