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2.1.3 Institutioneller Wandel und die NATO

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Die NATO hat sich seit ihrer Gründung im Jahr 1949 fundamental verändert. Dies drückt sich nicht nur im Wandel ihrer Mitgliederstruktur aus, sondern auch in den MachtMachtverhältnissen innerhalb der Allianz, vor allem aber in der Verschiebung ihres Aufgabenspektrums von kollektiver Verteidigungkollektive Verteidigung gegen die UdSSR hin zu kollektivem Sicherheitshandeln im Namen der Weltgemeinschaft/ UN und seit 2014 (russische KrimUkraine/Krim(krise)invasion) wieder zurück Richtung Verteidigung. Wie konnte eine Allianz, die sich erfolgreich verteidigt und ihren Gegner 1991 verloren hat, diesen Wandel überleben, ohne sich aufzulösen oder ineffektiv zu werden, wie es realistische AllianztheorieAllianztheorie vorhersagt? InstitutionalisInstitutionalismus (Neoliberaler)t*innen argumentieren, dass der einzigartig hohe InstitutionalisInstitutionalismus (Neoliberaler)ierungsgrad der Atlantischen Allianz, die Existenz von Regeln sowie ihre normativ-ideologiIdeologieschen Gemeinsamkeiten die TransformationTransformationsfähigkeit der NATO erklären (s. auch Kap. 6, KonstruktivismusKonstruktivismus). Tuschhoff (1999, 146ff.) unterstreicht, dass trotz der MachtMacht der USA eine MachtMachtverschiebung zugunsten Europas stattgefunden hat, weil sie durch die integrierte Militärstruktur sowie die Beteiligung an gemeinsamen Missionen Einfluss auf Politiken der USA gewannen.

Diese Erkenntnis hebt gleichzeitig Keohanes (1984, Kap. 6) früheres Argument hervor, dass Akteure innerhalb einer Institution an ihr festhalten, wenn sie die Interessen des Akteurs repräsentiert, auch wenn diese sich in der Zwischenzeit gewandelt haben mögen. Wegen der hohen Kosten, die mit der Initiierung einer neuen Institution verbunden sind, ist es zudem u. U. sinnvoll, eine Institution zu erhalten und anzupassen, anstelle eine neue aufzusetzen. Auch in Zeiten geringeren institutionellen Ertrags fallen zudem nicht die Informationsvorteile und der Aspekt der geringeren Transaktionskosten weg. Ein psychologischer Grund für den Erhalt einer Institution kann zudem die Bevorzugung von Stabilität gegenüber Unsicherheit sein (ibid., 100ff.). Damit deutet Keohane das in der Organisationstheorie entwickelte und im InstitutionalisInstitutionalismus (Neoliberaler)mus übernommene Argument der Pfadabhängigkeit (path dependency) an (Keohane 1989, 169f.; March und Olsen 1984, 745). Pfadabhängigkeit bedeutet, dass einmal Geschaffenes die Tendenz hat, entweder zukünftige Lösungswege vorzugeben – z. B. eher kooperative Lösungen als konfrontative – und sich selbst nicht abschaffen zu wollen. Somit muss man internationale Organisationen auch als Bürokratien verstehen, in denen internationale Beamt*innen ein Eigeninteresse am Fortbestand ihres Wirkens haben und u. U. unabhängig von politischen Vorgaben1 oder Krisen handeln (Barnett und Finnemore 2004; March und Olsen 1989; McCalla 1996, 456ff.). Je höher der InstitutionalisInstitutionalismus (Neoliberaler)ierungsgrad, desto größer ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass eine Organisation Krisen und weltpolitische Wandelprozesse, wie das Ende des Kalten Krieges, überleben können und dabei ihre Aufgaben verändern (s. Kap. 5).

Diese theoretischen Überlegungen zum InstitutionalisInstitutionalismus (Neoliberaler)mus zeigen, dass seine Anwendung auf Sicherheitsorganisationen keinesfalls so abwegig ist, wie Mearsheimer impliziert. Wenngleich seine Kritikpunkte, vor allem mit Blick auf das Problem relativer versus absoluter MachtMachtgewinne, Grund zum Nachdenken geben und zu einer vorsichtigen Analyse von politischen Interessenlagen und Konfliktdynamiken anhalten, so erscheint eine institutionalisInstitutionalismus (Neoliberaler)tische Perspektive zumindest als eine valide Betrachtungsweise der NATO unter anderen. Seine ökonomisch inspirierten, rationalistisch geprägten Konzepte zu Kostenvorteilen und absoluten Gewinnen durch Kooperation sowie zur Regelbefolgung sind ein fundiertes Gerüst zum Begreifen von Vorgängen in Sicherheitsinstitutionen. Bei der folgenden Befassung mit der NATO als Organisation können uns diese theoretischen Überlegungen bereits hilfreich sein.

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