Читать книгу Trans. Frau. Sein. - Felicia Ewert - Страница 18
Wozu überhaupt cis/cisgeschlechtlich/Cisgender?
ОглавлениеDer Begriff „cis“ soll den vermeintlichen Normalzustand sichtbar machen, weil dieser bisher unmarkiert war. Hiermit soll klargemacht werden, dass cis Personen nicht „normal“, sondern eben cis sind. Dies soll die gängige Sichtweise brechen und die Bedingungen ändern, unter denen transgeschlechtliche Menschen stets als Abweichung, als Fehler begriffen werden und sich immer wieder für ihre Geschlechter rechtfertigen müssen.
Trans, trans*, transgeschlechtlich, transsexuell oder auch Transgender sind Begrifflichkeiten, die im weitesten Sinne dasselbe beschreiben. Jedoch werden diese Begriffe von Personen oftmals nicht gleichbedeutend verwendet oder gar als Selbstbezeichnung geführt. Besonders der Asterisk in „trans*“ wird so nicht von allen Personen verwendet. Ursprünglich sollte dieser bezwecken, auch nicht-binäre trans Personen sprachlich zu integrieren und auf sie aufmerksam zu machen. Das „trans“ oder „trans*“ kann auch als Abkürzung für „transgeschlechtlich“, „transident“ etc. verstanden werden. Ich für mich sage, dass nicht-binäre trans Personen trans Personen sind und von mir keinesfalls ausgeschlossen werden. Deshalb verwende ich ihn nicht. Trans Personen sind keine homogene Masse, sondern empfinden ihr trans Sein in vielfältiger Weise und exakt dies muss berücksichtigt werden. Kritik an verschiedenen Begrifflichkeiten erfolgt meinerseits vorwiegend in Richtung einer falschen medialen Verwendung und weniger an der Verwendung als Selbstbezeichnung. Hierbei ist zu beachten, dass auch Selbstbezeichnungen andere Personen verletzen können und sensibel mit ihnen umzugehen ist. Verschiedenste Worte haben im Laufe der Zeit Aneignungen erfahren, so zum Beispiel der Queer-Begriff. Ursprünglich eine rein homo- und transfeindliche Beschimpfung, erfuhr er ein Reclaiming als Selbstbezeichnung und als Ausdruck einer radikalen Kritik bestehender sexistischer, heteronormativer und transfeindlicher Verhältnisse. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Begriff völlig unumstritten ist. Er wird nach wie vor beleidigend verwendet und dies sollte bedacht werden. Zusätzlich erfährt der Queer-Begriff auf verschiedenste Formen Ablehnung. Mit ihm wird ebenso in feministischen Kontexten mitunter eine umfassende Macht definiert, die in der Lage sei, Personen einzuschüchtern oder gar „mundtot“ zu machen. Zumeist ist der Ausgangspunkt hierfür eine antiintersektionale Basis. Weil im Zuge von Queerfeminismus ebenso die Beteiligung von Frauen an Diskriminierungsmechanismen aufgrund bestimmter gesellschaftlicher Machtpositionen analysiert wird, entstehen hierdurch Abwehrhaltungen. Die Beteiligung weißer (cis) Frauen an nationalistischen und rassistischen Politiken wird ebenso kritisiert wie beispielsweise die Verteidigung transfeindlicher Positionen, die trans Menschen, insbesondere trans Weiblichkeiten, aus feministischen Kontexten ausschließen. Deshalb verwenden verschiedene Personen die Begriffe „queer“, „Queerfeminismus“, gerne auch „Queeraktivist*innen“, anderweitig abfällig. Massiv zugenommen hat auch die abfällige Bezeichnung als POMO oder POMO-Bubble. Das „POMO“ steht hierbei für „Postmoderne“ und versucht, vielschichtige intersektionale, also queerfeministische, antirassistische und antiableistische Strömungen als eine Art überflüssige Praktik zu definieren. In dem Zusammenhang fällt auch oftmals der Begriff der Identitätspolitik. Leider fällt letzterer Begriff häufig von antiintersektionalen linken Personen.3 Ich bezeichne sie auch als „Mono-Linke“ oder „Einschienen-Linke“, weil sie die Benennung von Diskriminierungsmechanismen mit dem vermeintlich mangelnden Wunsch, die kapitalistische, ausbeuterische Realität zu kritisieren gleichsetzen. Debatten über Haupt- versus Nebenwiderspruch werden in absehbarer Zeit nicht enden. Ebenso jedoch wird der Wunsch von trans Personen nach geschlechtlicher Respektierung und die Schöpfung und Weiterentwicklung von Begriffen allzu oft abfällig als „Luxusproblem“ bezeichnet. Dazu sei gesagt, dass dies mehrfach marginalisierten Personen unterstellt, sie würden keinerlei negative Auswirkungen des Kapitalismus auf sich selbst spüren. Zu einem solchen Schluss kann nur anhand von bewusster Ignoranz gegenüber vielen Lebensrealitäten gekommen werden. Derartige Aussagen sind auch oft der bewusste Versuch, Kritiken an strukturellen und institutionellen Diskriminierungen zu delegitimieren. Der Begriff „POMO“ ist ein Versuch, die Kritik an diskriminierenden Begriffen zu delegitimieren. Er steht zugleich als Platzhalter für ebendiese Begriffe, um sich dieser Kritik zu entziehen und sich dabei sogar den Anschein einer „seriösen Analyse“ – ja echt! – zu geben. Darüberhinaus ist der Vorwurf der „Postmoderne“ beziehungsweise der „Postmodernen Beliebigkeit“ ein Verlangen nach einer bestimmten Ordnung. Es ist das Verlangen nach einer einfach, klar und im wahrsten Sinne eindeutig strukturierten Welt. Eine Welt, die so niemals existierte. Im weiteren Verlauf des Buches werde ich beschreiben, wie sich Personen, die für diskriminierende Praktiken kritisiert werden, hierdurch selbst als unterdrückte Gruppe inszenieren, die ihre Aufrechterhaltung von zum Beispiel transmisogynen Positionen als eine Art „Befreiungsschlag“ darstellt.