Читать книгу Trans. Frau. Sein. - Felicia Ewert - Страница 7
Begriffliche Definitionen Grundlegende Definitionen
ОглавлениеIch möchte an dieser Stelle keine umfassende begriffliche Abhandlung schreiben, da ein starres Glossar niemals Zeiten überdauern und alle Diskurse einschließen kann. Eine gewisse Grundlegung von Begriffen halte ich allerdings für zwingend erforderlich, weil ich nicht voraussetzen kann und will, dass alle Personen, die dieses Buch lesen werden, dieselbe Basis und denselben Kenntnisstand haben. Im Zuge von ständiger Diskussion und dem Überdenken von bestimmten Termini wird weiterhin diskriminierendes Potenzial erkannt, wandeln sich diese, werden angepasst und neue Begriffe werden etabliert. Ein statisches, hunderte Wörter umfassendes Glossar erscheint also als unangemessen. Jedoch sehe ich es als unausweichlich, einen begrifflichen Leitfaden mitzugeben, um Leuten einen Überblick und möglichst einfachen Einstieg zu geben. Für trans Personen selbst ist der Weg durch viele Ausdrücke oftmals ein sehr schwerer. Für uns selbst, die von vielerlei Anfeindungen und bewusster Ignoranz betroffen sind, ist es meist schon ein schwieriger, langwieriger Prozess, sich in den bestehenden Bezeichnungen wiederzufinden. Für mich war es damals eine Art von Abklopfen, ob gelesene Erfahrungsberichte und Gefühle auf mich zutreffen. Neben der Frage, ob diese zutreffend sein können, beherrschten mich auch oft Selbstzweifel, ob ich überhaupt eine Berechtigung besitze, diese für mich zu benennen. So ganz ohne Echtheitszertifikat meinerseits. Ich möchte damit den großen Stellenwert von Begrifflichkeiten, der Kritik und der ständigen Weiterentwicklung von diesen zeigen. Ich möchte auch klarmachen, dass wir trans Personen als Betroffene von verschiedensten Diskriminierungserfahrungen selbst ebenso die Arbeit leisten müssen, Begriffe kennenzulernen, für uns als passend zu finden, uns anzueignen und nach außen vertreten zu können. Dadurch, dass wir uns über uns selbst bewusst werden, über unsere Geschlechter, haben wir häufig bereits einen langen Weg der Auseinandersetzung mit vielen Begriffen hinter uns. Wir haben oft einen langen Weg der Wissensaneignung hinter uns, bevor wir uns unserer selbst bewusst sind. Dies soll Ignoranz von cis Personen nicht relativieren oder gar entschuldigen. Ich möchte hiermit vielmehr auf deren, auf eure Verantwortung drängen. Ich möchte hierdurch klarmachen, dass wir als trans/non binary Personen bereits oftmals enorme Zeit investieren mussten, um unser Wissen aufzubauen. Ich möchte euch als cis Personen hiermit verdeutlichen, dass nicht-Betroffenheit eben kein Grund sein kann, nicht einmal ein Minimum an respektvollem Umgang, Offenheit und ehrlich interessierten Fragen zu zeigen. Ich will damit zeigen, dass uns nicht auf magische Weise ein Buch oder Datenstick mit allen relevanten Begrifflichkeiten in die Hand gedrückt wird, sobald wir uns unserer selbst bewusst sind. Es kommt kein kostenloses, automatisches Update aus dem Appstore, das uns alle Worte auf Anhieb wissen, verstehen und vertreten lässt. Wir müssen uns dieses Wissen als trans/non binary Personen Stück für Stück selbst erarbeiten, um uns über uns selbst klarzuwerden, um uns selbst bewusst zu machen, dass wir tatsächlich als unser Geschlecht auftreten können. Ohne diese investierte Zeit könnten auch wir selbst nicht über dieses Wissen verfügen. Es geht mir weder darum, Ignoranz zu relativieren, noch darum, Leute mit mangelndem Zugang zu Wissen zu kritisieren. Es geht darum, eure eigenen Einstellungen als cis Personen zu realisieren, nach der wir 24/7 zur Verfügung zu stehen haben, um Wissen zu vermitteln, das wir uns neben allen Schwierigkeiten in Kleinstarbeit selbst angeeignet oder mit erschaffen haben. Deshalb verlange ich ebenso, dass Außenstehende gelegentlich die Zeit investieren und uns zuhören, statt die Herausgabe von Wissen einzufordern. Zusätzlich erwarte ich, dass cis Personen realisieren, dass trans Menschen keine homogene Gruppe von Personen sind, die irgendwo im unabhängigen Raum diffus existieren. Wir existieren neben und mit euch, wir sind überall. Ihr seid sicherlich schon häufig trans Menschen begegnet, ohne es überhaupt zu bemerken. Ich möchte, dass euch klar wird, dass wir hier und jetzt SIND und dass wir unsere Kritik an Menschen richten, die diese transfeindlichen Verhältnisse aufbauen, mittragen und somit am Laufen halten. Das trifft sehr wahrscheinlich auf euch zu.
Zu meiner Schreibweise, also zum Beispiel „trans Sein“, ist zu erwähnen, dass es eine Vielzahl von Möglichkeiten gibt, dieses schriftlich und sprachlich zu formulieren. So bezeichnen sich trans Personen möglicherweise selbst als „TranssexuelleR“, als „Transmann/Transfrau“ oder schlichtweg als beispielsweise „ein Transgender“. Das sind allesamt gültige Selbstbezeichnungen. So gelten für mich zum Beispiel: „Ich bin trans/transgeschlechtlich“ oder „Ich bin eine trans Frau“ als korrekte Bezeichnungen, wobei diese bei anderen Personen stark variieren können. Ich verwende das „trans“ oder „transgeschlechtlich“ hierbei als Adjektiv und nicht als Substantiv. Das „trans“ als Adjektiv zu verwenden erfüllt bei mir gegenüber anderen Personen die Möglichkeit, es als eine Eigenschaft meines Frau Seins darzulegen. „Ich bin eine Frau, die trans ist“ als Abgrenzung zu einem möglichen „Ich bin eine Frau, die cis2 ist“, wäre eine ebenso denkbare und sprachlich sensible Formulierung. Hierdurch soll keine „Spaltung“ von Frauen bezweckt werden, sondern die Vielfältigkeit soll Sichtbarkeit erlangen. Des Weiteren erfüllt dies den Zweck, vorrangig mein Frau Sein präsentieren zu können. Dies soll bestehende Normen durchbrechen, die davon ausgehen, eine Person sei Mann, Frau oder eine trans Person. Bei trans oder cis handelt es sich somit um ein Adjektiv, das Auskunft über die Eigenschaft des Geschlechts geben kann. Im Verlauf des Buches werde ich ebenso auf Selbstdefinitionen des trans Seins eingehen.