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„Es führt mich dies auf die Frage, ob es überhaupt dem allgemeinen Interesse dienlich ist, daß sich in einem Staate große Geschäftshäuser bilden, die sich dauernd im Besitze der Familie des Begründers erhalten. Man könnte sagen, daß solche großen Häuser dem Emporkommen vieler kleineren Unternehmungen hinderlich sind und deshalb schädlich wirken. Es ist das gewiß in vielen Fällen auch zutreffend. Überall, wo der Handwerksbetrieb ausreicht, die Fabrikation exportfähig zu erhalten, wirken große konkurrierende Fabriken nachteilig. Überall dagegen, wo es sich um die Entwicklung neuer Industriezweige und um die Eröffnung des Weltmarktes für schon bestehende handelt, sind große zentralisierte Geschäftsorgane mit reichlicher Kapitalansammlung unentbehrlich. Solche Kapitalansammlungen lassen sich heutigen Tages für bestimmte Zwecke allerdings am leichtesten in der Form von Aktiengesellschaften herbeiführen, doch können diese fast immer nur reine Erwerbsgesellschaften sein, die schon statutenmäßig nur die Erzielung möglichst hohen Gewinnes im Auge haben dürfen. Sie eignen sich daher nur zur Ausbeutung von bereits vorhandenen, erprobten Arbeitsmethoden und Einrichtungen. Die Eröffnung neuer Wege ist dagegen fast immer mühevoll und mit großem Risiko verknüpft, erfordert auch einen größeren Schatz von Spezialkenntnissen und Erfahrungen, als er in den meist kurzlebigen und ihre Leitung oft wechselnden Aktiengesellschaften zu finden ist. Eine solche Ansammlung von Kapital, Kenntnissen und Erfahrungen kann sich nur in lange bestehenden, durch Erbschaft in der Familie bleibenden Geschäftshäusern bilden und erhalten. So wie die großen Handelshäuser des Mittelalters nicht nur Geldgewinnungsanstalten waren, sondern sich für berufen und verpflichtet hielten, durch Aufsuchung neuer Verkehrsobjekte und neuer Handelswege ihren Mitbürgern und ihrem Staate zu dienen, und wie dies Pflichtgefühl sich als Familientradition durch viele Generationen fortpflanzte, so sind heutigen Tages im angebrochenen naturwissenschaftlichen Zeitalter die großen technischen Geschäftshäuser berufen, ihre ganze Kraft dafür einzusetzen, daß die Industrie ihres Landes im großen Wettkampfe der zivilisierten Welt die leitende Spitze, oder wenigstens den ihr nach Natur und Lage ihres Landes zustehenden Platz einnimmt.“

Man sieht also, Werner v. Siemens fühlt das Bedürfnis, sich und seinen Typus des großindustriellen Geschäftshauses noch nach zwei Seiten hin zu verteidigen, einmal gegenüber dem von ihm überwundenen Handwerksbetrieb, den er zur Zeit seiner Anfänge in Deutschland noch als den herrschenden vorgefunden hatte, ferner gegenüber dem Aktienbetrieb, der damals schon im Begriff war, seinen Typus zu überwinden. Inzwischen hat sich gezeigt, daß die Nachteile, die er den Aktiengesellschaften zuschreibt, nämlich die Notwendigkeit, hohe Gewinne zu erzielen und auszuschütten, dieser Rechtsform zwar anhaften können, aber nicht anzuhaften brauchen. Es gibt Aktiengesellschaften, die Gewinne ebenso zurückzuhalten und im Betriebe weiterarbeiten zu lassen verstehen, wie Privathäuser. Man braucht gar nicht einmal an die Friedrich Krupp Akt.-Ges., an die Thyssenschen, Hanielschen Unternehmungen und an viele andere zu denken, deren Aktien sich in einer Hand oder in den Händen einer geschlossenen Gruppe befinden. Wir wissen jetzt, daß auch die eigentlichen Aktiengesellschaften, die nicht Privathäuser in Aktiengesellschaftsform, sondern republikanische Gebilde mit zersplittertem Aktienbesitz sind, die Nachteile, die ihnen Werner v. Siemens zuschreibt, sehr wohl vermeiden und über das jeweilige Aktionärinteresse hinaus bei zweckentsprechender Verwaltung eine solide Innenkultur treiben können. Diesen Beweis hat kein anderer so glänzend erbracht, wie der zweite große technische Kaufmann der deutschen Elektrizitätsindustrie: Emil Rathenau.

Emil Rathenau und das elektrische Zeitalter

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