Читать книгу Ein tödlicher Kuss - Fiona Grace, Фиона Грейс - Страница 4
KAPITEL EINS
ОглавлениеLacey hängte das letzte Bild an die Wand im Flur mit der niedrigen Decke ihres Häuschens und trat zurück, um ihre Arbeit zu begutachten.
„Tada!“, sagte sie, stolz auf ihre jüngste Heimwerkerleistung.
Chester, ihr English Shepherd, saß geduldig neben ihr. Er bellte.
„Danke“, sagte Lacey und lächelte ihn an. „Es sieht wirklich toll aus, nicht wahr?“
Lacey hatte vor kurzem mehrere antike Gemälde erstanden, mit denen sie ihr Haus dekorieren wollte. Sie hatte sich von der Einrichtung eines älteren Antiquitätensammlers inspirieren lassen, den sie im Urlaub kennen gelernt hatte. Als sie sein geschmackvoll eingerichtet Haus gesehen hatte, war ihr bewusst geworden, dass ihrem eigenen Häuschen wirklich eine persönliche Note fehlte. Außerdem war sie zu etwas Geld gekommen, da sie eine seltene Goldmünze aus der Römerzeit verkauft hatte (für eine atemberaubend hohe Summe, die ihr fast peinlich war). Nachdem sie die Hälfte des Geldes in einen College-Fonds für ihren Neffen Frankie gesteckt, einen Teil der Hypothek abbezahlt und ein Dankeschön-Geschenk für ihre Freundin Gina gekauft hatte (ein ausgefallenes Hydrokultursystem für ihr Gewächshaus), hatte sie sich sofort daran gemacht, den Rest für ihr Haus zu verprassen. Ihr erster Kauf war ein Läufer für den Flur gewesen, ein echter antiker indischer Amritsar in erdigen Rot- und Terrakottafarben, der einst den Flur eines Hotels in Neu-Delhi geschmückt hatte. Dann hatte sie begonnen, sich ein paar Kunstwerke für ihre Wände zu beschaffen – ein Ölgemälde von John William Gilroy aus dem 19. Jahrhundert, auf dem ein Fischerboot an der Küste zu sehen war, eine wunderschöne Azaleen-Darstellung von Francis B. Savage und eine Harry-Williams-Landschaft von 1860. Neben dem großen Fenster auf dem Treppenabsatz im zweiten Stock war noch eine große leere Stelle, aber endlich sah Crag Cottage aus, als würde es tatsächlich ihr gehören.
Lacey war überrascht, weil es in ihrer alten Wohnung in New York City vollkommen anders ausgesehen hatte. In ihrem früheren Leben als Assistentin für Innenarchitektur war ihr Stil eher minimalistisch, schnörkellos und zeitgenössisch gewesen. Dementsprechend verblüfft war sie, als sie nun feststellte, dass dieser Mischmasch aus Chintz, Mustern und hellen Gemälden in einem alten, verwinkelten Häuschen am Meer eigentlich viel mehr ihrem persönlichen und unvoreingenommenen Geschmack entsprach.
„Ich glaube, das reicht für heute“, sagte Lacey zu Chester. „Ich kann es kaum erwarten, es Tom zu zeigen.“
Ihr Freund würde abends noch vorbeikommen. Die Verabredung war längst überfällig und Lacey freute sich sehr darauf, ihm die ganzen Änderungen zu zeigen, die sie an der Einrichtung des Häuschens vorgenommen hatte. Sie waren beide den Sommer über arbeitstechnisch unglaublich eingespannt gewesen. Sowohl Toms Konditorei als auch Laceys Antiquitätengeschäft befanden sich in der belebten High Street von Wilfordshire, England, wo die Besucherzahl mit dem Sonnenschein exponentiell anzusteigen schien. Und als ob es nicht reichen würde, dass sie unglaublich beschäftigt waren, war auch noch ihr Plan, über ein verlängertes Wochenende wegzufahren, nicht ganz so geglückt, wie sie es sich erhofft hatte. Obwohl Studdleton Bay Lacey den Charme der britischen Küste geboten hatte, den sie so liebte, hatten ihre Familie und ein Mord während ihres Besuchs der romantischen Atmosphäre einen Dämpfer versetzt.
Chester trottete hinter Lacey in die Küche, wobei das leise klickende Geräusch seiner Krallen auf dem Fliesenboden zu hören war. Auch hier war Laceys neu gewonnener Enthusiasmus, ihrem Cottage einen persönlichen Stil zu verleihen, deutlich zu sehen. Inspiriert von der Geschirrsammlung des alten Schätzers hatte Lacey beschlossen, mit dem Sammeln von Teetassen zu beginnen. Schließlich war nichts repräsentativer für ihr neues englisches Leben als eine Tasse Tee und da Tom eine Sammlung von Teekannen hatte, passte es perfekt! Bisher bestand ihre Sammlung aus insgesamt drei Tassen: einer cremefarbenen, ikonischen Tasse im Wedgwood-Renaissance-Stil mit Goldrand und der passenden Untertasse, einer Tasse aus englischem Knochenporzellan mit Queen-Anne-Muster in Fuchsia-Rosé und einer Tasse aus irischem Belleek-Porzellan mit einer Tridacna-Muschelstruktur in Cremeweiß, Gelb und Zartgrün. Sie thronten stolz auf ihrem kürzlich angebrachten Regal – einem wunderschönen Relikt, das aus einer alten Eisenbahnschwelle und Metall hergestellt worden war. Sie hatte es in einem Trödelladen entdeckt, als sie mit Gina auf dem Spitalfields Market in London auf Shopping-Tour gewesen war.
Genau in diesem Moment klopfte es an der Hintertür. Da Gina – ihre Nachbarin, Angestellte, Ersatzmutter und beste Freundin in Wilfordshire – als Einzige Zugang zu diesem Teil von Laceys Grundstück hatte, musste sie es sein.
Chester begann, aufgeregt und erwartungsvoll zu bellen, als Lacey auf die Hintertür im Scheunen-Stil zuging und die obere Luke öffnete. Als die Luke nach innen schwang, tauchte das strahlende Gesicht von Gina auf.
Ginas Wangen waren gerötet und ihr graues Haar war an der Oberseite ihres Kopfes zu einem unordentlichen Dutt geschlungen. Neben ihr saß ihr English Shepherd, Boudica, gehorsam und keuchend in der Sommerhitze.
„Kommst du gerade vom Gassi gehen?“, fragte Lacey.
Als er das G-Wort hörte, fing Chester sofort an zu kläffen.
„Ups, tut mir leid, Junge, ich habe nicht dich gemeint“, sagte Lacey zu ihm und tätschelte ihm den Kopf. Dann sagte sie zu Boudica: „Und du willst bestimmt etwas Wasser, oder?“
Sie schloss den unteren Teil der Tür auf und Boudica kam in die Küche gesprungen, als wäre sie ebenfalls hier zuhause. Prompt begann sie, Wasser aus Chesters Schüssel zu schlürfen, als wäre es auch ihre Schüssel. Chester ging schanzwedelnd und schnüffelnd auf sie zu, erfreut, dass seine beste Freundin ihn besuchen gekommen war, auch wenn sie ihn völlig ignorierte und seine Wasserschüssel in Beschlag nahm.
Auch Lacey freute sich, ihre beste Freundin zu sehen. Es war ihr nicht einmal in den Sinn gekommen, zu fragen, warum Gina unangekündigt hier aufgetaucht war. Sie war so daran gewöhnt, den Großteil ihrer Zeit mit der älteren Frau zu verbringen, dass es ihr ganz normal vorkam, dass sie plötzlich in ihrer Küche stand. Dementsprechend überrascht war sie, als Gina sagte: „Willst du gar nicht wissen, warum wir hier sind?“
„Zum Kaffeetrinken?“, riet Lacey.
Gina schüttelte den Kopf.
„Zum Teetrinken?“
Gina verzog das Gesicht, als wolle sie Lacey zu verstehen geben, dass sie der Sache näherkam.
„Long Island Iced Teas?“, sagte Lacey und spielte damit auf den hochprozentigen Cocktail an, an dem die beiden Freundinnen seit kurzem Geschmack gefunden hatten.
„Nein! Um dir das hier zu geben!“ Mit einem breiten Grinsen nahm Gina ihren Rucksack vom Rücken und legte ihn auf die Küchentheke. Dann öffnete sie ihn und holte eine Teetasse aus Porzellan heraus.
„Eine Le Creuset!“, rief Lacey, die das einzigartige Design sofort erkannte.
„Also, ich weiß, es ist keine Antiquität“, begann Gina, „aber …“
„Aber es ist die in Elysée-Gelb! Das Auslaufmodell!“, rief Lacey freudig.
Gina nickte. „Ganz genau.“
„Oh, Gina! Ich finde sie ganz toll“, gurrte Lacey, als sie den Becher ins Licht hielt und ihn wie einen kostbaren Diamanten in ihren Händen herumdrehte. „Wusstest du, dass Marilyn Monroe einen Satz in Elysée-Gelb hatte, der bei Sotheby’s für über fünfundzwanzigtausend Dollar versteigert wurde?“
Gina nickte. „Natürlich weiß ich das, meine Liebe. Schließlich arbeite ich mit dir zusammen.“
Lacey errötete. Warum war sie ausgerechnet von Tassen besessen? So musste sich ihr Neffe Frankie, der ein absoluter Schottland-Fan war, jedes Mal fühlen, wenn er eine Person mit roten Haaren sah.
„Die wird wunderschön in meinem Regal aussehen“, sagte Lacey zu Gina, während sie eilig auf das Regal zuging, um sie gleich zu ihrer Sammlung zu stellen. Sie war stolz darauf, dass sie jetzt schon ganze vier Tassen hatte! „Schau, Gina. Sieht das nicht toll aus?“
„Wunderschön“, sagte Gina. Dann zog sie eine Flasche Rum aus ihrer Tasche, gefolgt von Gin, Tequila und Orangensaft. „Also, hat hier jemand was von Long Island Ice Teas gesagt?“
Lacey lachte. „Cocktails? Schön wär’s. Aber Tom kommt heute vorbei. Ich glaube nicht, dass es besonders nett wäre, mich zu betrinken, bevor er kommt. Können wir das auf ein andermal verschieben? Wir können es uns ja an einem regnerischen Nachmittag gemütlich machen.“
„Regen“, erwiderte Gina, die begann, die Spirituosen wieder in ihre Tasche zu packen, die voller Überraschungen zu stecken schien. „Hat in letzter Zeit nicht wirklich nach Regen ausgesehen.“
Da hatte sie recht. Der Spätsommer war noch herrlicher gewesen, als Lacey es in England erwartet hatte. Das alte Klischee, dass es in England immer grau und regnerisch war, war damit endgültig widerlegt worden.
In diesem Moment hörte Lacey ihr Handy vibrieren und Chester bellte. Wie immer, nur für den Fall, dass sie es nicht gehört hatte. Sie nahm ihr Telefon vom Tresen und sah, dass es eine Nachricht von Tom war. Bei dem Namen ihres Verehrers machte ihr Herz das übliche dum-durum-dum-dum.
Sie öffnete die Nachricht und las.
Lacey, ich werde es heute Abend nicht schaffen. Mir ist bei der Arbeit etwas dazwischengekommen. Es tut mir so leid! Ich werde es wieder gut machen, ich verspreche es. Ich liebe dich. Tom.
„Was?!“, schrie Lacey und ihr Herz schlug wie wild. „Tom hat mir abgesagt!“
Sie warf Gina einen fassungslosen Blick zu. Ihre Freundin holte wortlos die Flaschen wieder aus ihrem Rucksack, eine nach der anderen, und stellte sie auf der Küchentheke auf.
„Ich nehme einen doppelten“, murmelte Lacey.
*
Gina schenkte noch etwas mehr Long Island Iced Tea aus dem Krug in Laceys Elysées-gelbe Le Creuset-Tasse, ehe sie die cremefarbene Wedgwood-Renaissance-Tasse mit Goldrand an ihre Lippen hob. Sie saßen am Küchentisch neben den großen Erkerfenstern und sahen zu, wie die Sonne hinter den Klippen unterging.
„Du hast mir nie erzählt, was aus deinem Canterbury-Hinweis geworden ist“, sagte Gina und sah Lacey ernst an. „Bist du ihm nachgegangen?“
Als Gina Canterbury erwähnte, bekam Lacey ein flaues Gefühl im Magen. Sie hatte vor kurzem bei der Suche nach ihrem lange verschollenen Vater Francis oder Frank, wie ihn seine Freunde genannt hatten, einige Fortschritte gemacht. Seit sie nach Wilfordshire gezogen war, den Ort, an dem sie ihren Vater zum letzten Mal glücklich in Erinnerung hatte, war sie ein paar Spuren gefolgt. Das war vor vielen Jahren auf einer Urlaubsreise gewesen. Als sie den Hinweisen nachgegangen war, die sie von verschiedenen Kontaktpersonen aus der Antiquitäten-Branche erhalten hatte, hatte sie erfahren, dass ihr Vater irgendwann während seiner zwanzig Jahre langen Abwesenheit von ihrem Leben in der englischen Stadt Canterbury Wurzeln geschlagen hatte. Lacey war sich nicht sicher, wann das gewesen sein sollte, obwohl die Hinweise darauf hindeuteten, dass er erst vor kurzem dort gewesen sein könnte, möglicherweise immer noch in der Antiquitäten-Branche arbeitete und vielleicht sogar ein neues Geschäft eröffnet hatte.
Natürlich wäre es da nur logisch gewesen, wenn sie nach Canterbury gereist und in das erstbeste Antiquitätengeschäft hineinmarschiert wäre, um sich ein bisschen umzuhören. Doch stattdessen hatte sie abgewartet. Schließlich hatte sie noch andere Dinge zu erledigen gehabt – die Münze zu verkaufen, ihr Geschäft zu führen, ihr Haus einzurichten – aber tief in ihrem Inneren wusste Lacey, dass sie nur nach Ausreden suchte. Was wäre, wenn sie nach Canterbury fahren würde, nur um festzustellen, dass ihr Vater nicht mehr da war? Oder noch schlimmer, was wäre, wenn sie herausfand, dass er sesshaft geworden war und sich ein neues bequemes Leben ohne sie aufgebaut hatte?
„Es war eine Sackgasse“, schwindelte Lacey. Das Letzte, was sie brauchte, waren Ginas Überredungskünste. So gern sie die Frau auch hatte, sie war nicht unbedingt der geduldigste Mensch der Welt und Lacey brauchte mehr Zeit, um das alles zu verarbeiten.
Gina tätschelte ihre Hand. „Es tut mir leid, Liebes. Hoffentlich findest du bald eine neue Spur.“
Lacey fühlte sich schuldig, weil sie gelogen hatte, schaffte es aber, sich ein Lächeln abzuringen. „Vielleicht ist es besser so. Mir geht im Moment eine Menge durch den Kopf.“
„Du meinst Tom?“, fragte Gina.
Lacey stieß einen gequälten Seufzer aus. „Ich habe einfach das Gefühl, dass ich seit dem ersten Monat auf seiner Prioritätenliste nach unten gerückt bin“, klagte sie betrübt. Sie war ein wenig beschwipst und verschüttete etwas von ihrem Cocktail auf die Küchenfliesen, während sie gestikulierte. Chester und Boudica lieferten sich sofort ein Stupskampf darum, wer die kleine Getränkepfütze als Erstes auflecken durfte.
„Was ist mit dem Urlaub?“, fragte Gina. „Den hätte er doch bestimmt nicht gebucht, wenn du nicht seine Priorität wärst?“
„Fang bloß nicht von dem Urlaub an!“, rief Lacey. „Unser erster romantischer Ausflug war eine komplette Katastrophe.“
„Ich weiß, dass er eine Katastrophe war, aber das war offensichtlich nicht Toms Absicht. All diese Hinweise, die er dir hinterlassen hat, und das Leuchtturm-Hotel, das er gebucht hat. Das macht man doch nicht für jemanden, der keine Priorität hat.“
Lacey schlürfte ihr Getränk. Wahrscheinlich hatte Gina recht, aber sie wollte noch eine Weile in ihrem Ärger schwelgen.
„Und außerdem“, fuhr Gina fort, „es ist ja auch nicht so, dass er immer deine Priorität ist.“
„Ach nein?“, sagte Lacey zweifelnd. „Was meinst du damit?“
„Die Lodge“, sagte Gina mit hochgezogenen Augenbrauen. „In der ganzen Zeit, in der du mit der Inneneinrichtung beschäftigt warst, hattest du auch für niemanden Zeit. Mich eingeschlossen.“
„Ach, bitte“, schnaubte Lacey. „Lass uns nicht wieder mit der alten Diskussion anfangen. Ich brauche im Moment deine uneingeschränkte Unterstützung, Gina, keinen Vortrag.“
„Ich bin deine Freundin“, sagte Gina und tätschelte ihre Hand liebevoll und nachdrücklich zugleich. „Das bedeutet, dass ich dir unangenehme Wahrheiten über dich erzähle und dich auf den Boden der Tatsachen zurückhole. Und in dieser Situation denke ich, dass Tom und du beide sehr beschäftigt seid. Da finde ich es durchaus vernünftig, dass die Arbeit für euch an erster Stelle steht. Eure Geschäfte sind schließlich etwas Dauerhaftes.“
Lacey hielt inne und ließ Ginas Worte auf sich wirken. Dann verschränkte sie die Arme. „Willst du damit sagen, dass unsere Beziehung etwas Vorübergehendes ist?“
„Ich will damit nur sagen, dass ihr noch nicht so lange zusammen seid und …“ Gina beendete ihren Satz nicht.
„Sprich weiter“, sagte Lacey. „Wir sind noch nicht so lange zusammen und …“
Gina zögerte. Dann platzte sie raus: „… und wart ihr nicht der Lückenbüßer des jeweils anderen? Ich meine, er war dir mit seiner Scheidung ein paar Jahre voraus, aber du hattest deine Scheidungspapiere gerade erst unterschrieben, wenn ich mich recht erinnere.“
Lacey schürzte die Lippen. „David und ich waren schon Monate getrennt, bevor die Scheidung durch war. Und ich bin auch keine Lückenbüßerin für Tom. Zwischen seiner Ex-Frau und mir war noch Taryn.“ Sie schniefte. „Wir sind sehr verliebt.“
„Ach wirklich?“, entgegnete Gina überrascht.
„Ja!“, rief Lacey. „Wir haben es uns nach Dover gesagt.“
Ginas Gesichtsausdruck veränderte sich augenblicklich. „Das ändert natürlich alles! Was hat es für einen Sinn, in einer Beziehung zu sein, wenn man nicht die Priorität des jeweils anderen ist?“
Bei Ginas Hundertachtzig-Grad-Drehung wurde Lacey schwindelig. Oder vielleicht lag es am Long Island Ice Tea.
„Der Punkt ist“, sagte Lacey, „dass es sich bei dieser Sache hier hoffentlich nur um eine vorübergehende Flaute handelt. In ein paar Wochen geht die Tourismussaison zu Ende, dann sollten wir wieder mehr Zeit haben, uns zu sehen.“
Gina lehnte sich zurück und nippte an ihrem Cocktail. Ein Grinsen lag auf ihren Lippen. „Und das, meine Liebe“, erklärte sie, „nennt man umgekehrte Psychologie.“
Als Lacey begriff, was Gina getan hatte, rollte sie mit den Augen. „Sehr gut“, sagte sie trocken.
Aber sie wusste es zu schätzen. Gina hatte es geschafft, das Gespräch herumzudrehen und sie dazu zu bringen, ihre Beziehung zu verteidigen.
Gina sah aus, als wäre sie unglaublich stolz auf sich, und füllte ihre Getränke auf. „Dann müsst ihr doch nur noch eine Sommerwoche überstehen. Und da es die stressigste ist, wird sie im Handumdrehen vorbei sein, und alles wird wieder so sein wie früher.“
„Warum wird es die stressigste sein?“, fragte Lacey.
„Wegen des Festivals.“
„Welches Festival?“, fragte Lacey.
„Das Sommer-Reiterfest!“, rief Gina. „Sag nicht, dass dir niemand davon erzählt hat! Es ist der Höhepunkt im Veranstaltungs-Kalender von Wilfordshire.“
Lacey zuckte mit den Achseln. Sie hatte keine Ahnung, wovon Gina sprach.
Gina begann zu erklären. „Da kommt ein Haufen reicher Pferdeverrückter für eine Woche nach Wilfordshire. Viele Unternehmen hier in der Gegend schaffen es, ihre Einnahmen allein in dieser Woche zu verdoppeln!“
„Und mit reichen Pferdeverrückten meinst du …?“
„Züchter, Händler, Reiter, das ganze Drumherum. Die Leute, die Fascinators tragen. Die Rolls Royce fahren. Die ihren Kindern Ponys kaufen, deren Ställe dann von Kindern anderer, ärmerer Leute ausgemistet werden!“
Lacey lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und dachte nach. Reiche Pferdeverrückte. Vielleicht könnte dies eine Gelegenheit sein, groß abzukassieren. Vielleicht mit einer weiteren Auktion? Ihre Auktion mit dem nautischen Motto war ein voller Erfolg gewesen. Ob eine Versteigerung mit Pferde-Motto wohl auch so gut ankommen würde?
„Wann, sagtest du, beginnt das Festival?“, fragte sie Gina.
„Nächste Woche“, bestätigte die Frau.
Ein Lächeln huschte über Laceys Lippen. „Dann sollte ich wohl besser mit der Planung anfangen.“