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KAPITEL SIEBEN

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Marcello verstaute den schwarzen Ordner mit seiner Kopie der unterschriebenen Dokumente im Kofferraum des SUVs, und sie stiegen ein.

Als sie abfuhren, stand der noch immer strahlende Franco auf den Stufen seiner Weinkellerei und winkte begeistert. Marcello ließ die Fenster herunter, und sie winkten zurück, bis das kleine Gebäude in der Ferne verschwand.

„Nun!“, sagte Marcello. „Ich glaube, ich habe ein wenig impulsiv gehandelt, aber ich weiß, dass es die richtige Entscheidung war. Deine Reaktion auf den Wein hat mir dabei geholfen.“ Er seufzte. „Aber jetzt bin ich arm. Arm, aber glücklich. Und hoffnungsvoll!“

Seine Euphorie war ansteckend. Oliva bemerkte, dass sie ihn angrinste, obwohl sie noch immer nicht wusste, wieso.

„Worum ging es überhaupt?“, fragte sie.

„Franco ist ein alter Freund der Familie“, sagte Marcello. Er hat sein Geschäft über Jahrzehnte hinweg aus dem Nichts aufgebaut, aber er hatte einige Rückschläge verkraften müssen, und seine Weine haben nie die Verkaufszahlen erreicht, die er sich erhofft hatte.“

„Das liegt aber nicht an fehlender Qualität. Diese Weine waren vorzüglich“, sagte Olivia.

Marcello nickte. „Er fragt uns schon seit Jahren, ob wir nicht darin investieren wollen. Er will sich bald zur Ruhe setzen und würde gerne sehen, dass seine Kreation weitergetragen, aktiver vermarktet und zu höheren Produktionszahlen expandiert wird. Ich habe bald bemerkt, dass es ein wichtiger Schritt für uns ist. Diese Weine sprechen jeden an, wie du schon gesagt hast. Sie sind leicht zu trinken. Das wird uns erlauben, in diesen sehr wichtigen Markt einzusteigen und dabei noch immer ein Qualitätsprodukt anzubieten.“

„Du hast dich also entschieden, zu investieren?“

Olivia fand den Gedanken daran spannend und erkannte, dass das sowohl ein Gewinn für den freundlichen Franco als auch ein strategischer Zug in einen neuen Markt für La Leggenda sein konnte.

Marcello nickte. „Mehr als das. Wir haben die ganze Kellerei aufgekauft.“

Olivia schnappte erstaunt nach Luft. „Das ist eine gewaltige Entscheidung! Wie aufregend!“

„Ich bin auch sehr aufgeregt. Bisher konnten wir es uns nicht leisten, da wir bestehende Geschäftskredite für die riesige Expansion abbezahlt haben, die wir vor fünf Jahren vorgenommen haben. Ich glaube, Franco hat während dieser Zeit nicht zu angestrengt versucht, an andere zu verkaufen. Er hatte gehofft, dass wir seinen Traum voranbringen könnten. Jetzt können wir es uns leisten – aber nur gerade so. Es wird eng, denn hier muss viel renoviert werden. Es gibt so viel zu tun. Aber das Potenzial ist da.“

„Ich freue mich mit dir“, sagte Olivia.

„Jetzt, wo das Geschäft abgeschlossen ist, glaube ich, dass wir den restlichen Tag genießen sollten. Lass uns feiern“, sagte Marcello. „Auf was hast du Lust?“

*

Eine halbe Stunde später stand Olivia unter dem Stadttor Porta Santa Maria und bestaunte die grünen Grasflächen und die exquisiten marmorweißen Gebäude, die einen Teil der Piazza dei Miracoli bildeten. Dort befand sich auch ihr Traumziel, der Schiefe Turm von Pisa. Immer, wenn sie die Fotos von Freunden bestaunt hatte, hatte sie gedacht, es wäre nur irgendein Turm auf irgendeinem grünen Rasen. Sie hatte sich nie träumen lassen, dass er Teil eines solch faszinierenden Komplexes war, voller historischer, religiöser und kultureller Bedeutung.

Marcello an ihrer Seite zu haben, als sie den Platz der Wunder betrat, machte den Augenblick noch viel denkwürdiger. Sie konnte sich glücklich schätzen, dieses unglaubliche Ausflugsziel in Gesellschaft mit dem gutaussehendsten Mann Italiens besuchen zu dürfen.

„Hier gibt es so viel zu sehen.“ Marcello deutete auf ein eindrucksvoll dekoriertes, rundes Gebäude. „Das ist das Baptisterium von San Giovanni, in dem der berühmte Galileo Galilei getauft wurde. Heute steht es leer, aber die Akustik darin ist großartig. Du wirst das Echo darin hören können, wenn wir gehen und sprechen. Oder wir könnten uns auch einmal mit Singen versuchen.“ Er lächelte. „Als Kind hat mich das dort immer am meisten fasziniert.“

Olivia war von dem gewaltigen, hallenden Innern dieses historischen Gebäudes wie gefesselt. Von dort aus zogen sie weiter zum Duomo, einer Kathedrale aus dem elften Jahrhundert. Sie hatte nicht gewusst, dass der bezaubernde Schiefe Turm von Pisa lediglich der Glockenturm dieser Kathedrale war, obwohl es die lehnende Struktur war, die ihm den ganzen Ruhm und so viele Urlaubsfotos verdankte.

Als sie die Kühle des riesigen Doms betraten, reckte Olivia ihren Hals, um die unfassbaren Details in der hohen, gefliesten Decke, die atemberaubenden Skulpturen und die faszinierenden Gravuren zu bestaunen, die die riesige, sechseckige Kanzel umgaben. Welch Leidenschaft und Kunstfertigkeit mussten in dieses Projekt gesteckt worden sein, welches mit Sicherheit etliche Jahre bis zur Fertigstellung gebraucht hatte.

Dann erklomm sie mit Herzklopfen die Wendeltreppe des Schiefen Turms. Sie war begeistert zu sehen, wie abgenutzt die flachen Steinstufen waren. Wie viele Füße mussten hier schon hoch- und runtergelaufen sein, um diese sanfte Vertiefung in ihrer Mitte zu erschaffen? Das Gefühl von Geschichte verzauberte sie. Sie war froh, dass sie sich für diesen gewundenen Aufstieg für Sandalen entschieden hatte, in denen sie gut laufen konnte.

„Wow“, seufzte Olivia, als sie die Spitze erreichten und auf dem ringförmigen Gang standen, der den Turm umgab. Was für eine Aussicht! Kurz fragte sie sich, ob sie vielleicht sogar ihr Farmhaus in seinen Hügeln am entfernten Horizon erspähen könnte.

Doch der bedeutendste Teil der ganzen Erfahrung stand ihr noch bevor.

Nachdem sie den Turm hinabgestiegen waren, stand Olivia auf dem gepflegten Rasen und lehnte sich mit ausgestreckten, ins Nichts greifenden Armen vor. Es war schwer, sie komplett stillzuhalten, als sie ihren Kopf zur Seite drehte. Ihre Muskeln brannten.

„Nimm deine rechte Hand ein bisschen zurück. Nur ein bisschen“, sagte Marcello. „Mehr. Nein, weniger. So ist’s gut. Lächeln! Stillhalten! Wieder lächeln.“

Olivia strahlte dem Handy entgegen, das Marcello in der Hand hielt, um in kurzer Abfolge einige Fotos zu schießen.

Er blickte auf das Display und nickte zufrieden.

„Komm und schau es dir an!“, sagte er.

Sie flog förmlich zu ihm zurück und wich unterwegs einer Gruppe japanischer Touristen aus, die den gleichen Punkt ansteuerten, auf dem sie gerade gestanden hatte.

Sie blicke neugierig auf sein Telefon.

Das Foto war perfekt. Dort war der bezaubernde, schräge Turm von Pisa – und da war sie, sich vorlehnend, und ihre Hände perfekt ausgerichtet mit der Seite des Gebäudes, sodass es aussah, als wäre sie diejenige, die ihn auffing und am Umfallen hinderte!

Olivia lachte begeistert. Zu Recht ein Punkt weit oben auf ihrer Wunschliste. Sie konnte kaum erwarten, diesen Schnappschuss auf Instagram hochzuladen. Sie hatte immer davon geträumt, neben diesem historischen und einzigartigen Turm auf diesem grünen Rasen zu stehen und genau dieses witzige Foto zu schießen, das Marcello heute so geduldig mit ihr choreografiert hatte.

Sie drehte sich zu dem bleichen, steinernen Turm um und lächelte, als sie sah, wie die japanischen Touristen genau das Gleiche taten, das sie gerade getan hatte. Sie hoffte für sie, dass ihre Fotos genauso perfekt werden würden wie ihres.

„Und jetzt ein Selfie von uns beiden“, schlug Marcello vor.

Olivia fragte sich, ob es falsch wäre, wenn sie absichtlich besonders lange brauchen würde, um das Foto zu arrangieren, während Marcello seinen Arm um ihre Hüfte gelegt und sein Gesicht an ihres gedrückt hatte. Nein, entschied sie schließlich, als sie endlich den Auslöser drückte. Es war nicht falsch und sogar ziemlich clever von ihr.

Das ganze Erlebnis fühlte sich für sie bald weniger wie ein Geschäftstrip als wie eine Sightseeingtour mit einigen Gelegenheiten zum Flirten an. Vor allem, da es anscheinend keine weiteren Geschäfte zu erledigen gab.

Marcello fuhr sie durch die Stadt Pisa und hielt vor einer kleinen Gasse an, die zu einem Restaurant führte, das anscheinend nur von Einheimischen frequentiert wurde.

„Das ist einer meiner liebsten Lokale“, erklärte er. „Es ist so selten, dass ich dazu komme, hier zu Mittag zu essen, vor allem im Sommer, und dann noch mit solch einer wunderbaren Begleitung. Auf diese Gelegenheit habe ich mich schon gefreut, seit ich den Ausflug geplant habe.“

Er blickte ihr in die Augen, und ihr zog sich der Magen zusammen, als sie spürte – nein, erkannte – dass er damit andeutete, was er für sie empfand.

Der Besitzer begrüßte Marcello und führte sie an einen so kleinen, in eine Ecke gezwängten Tisch, dass sich ihre Knie berührten, als sie sich setzten.

Olivia war begeistert, als sie auch einige La Leggenda-Weine auf der Weinkarte entdeckte.

Sie bestellten ihr Mittagessen, bestehend aus einigen Portionen der regionalen pici – einer dicken, selbstgemachten Pasta mit Knoblauch- und Tomatensauce – und einem vortrefflichen, gegrillten Kabeljau.

„Ich glaube, ein guter Weißwein passt hierzu perfekt“, schlug Marcello vor. „Vielleicht ein Vermentino. Obwohl ich versucht bin, unseren eigenen Wein zu bestellen, finde ich, dass das eine tolle Gelegenheit ist, einmal den Wein der Konkurrenz zu probieren. Was meinst du?“

„Das ist eine brillante Strategie.“ Olivia war von der Auswahl fasziniert. „Wie wäre es, wenn wir zwei verschiedene von Kellereien aus der weiteren Umgebung bestellen? So haben wir zwei Mal die Möglichkeit, bei der Konkurrenz zu schnüffeln.“

Ein erlesener Todesfall

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