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Klapperkasten und ein perfektes Dinner

Mein erster Weg führt mich direkt zum Kabelbaron. Ich wühle mich durch Klappkisten voller Strippen, Schalter, Stecker und Sicherungen, finde einen gut erhaltenen Raclettegrill, nehme noch ein Sortiment Knopfzellen, eine Stange günstige Zigaretten und für Murat eine breite Farbrolle mit. In den Regalen verstecke ich heimlich ein paar kopierte Neueröffnung!-Zettel. An der Kasse bekomme ich einen Tee und 10% Rabatt auf meinen ganzen Einkauf. Für die Plastiktüte zahle ich 50 Cent extra. Diese Marketingstrategie muss ich mir merken.

Mit dem PVC-Sack unter dem Arm schlendere ich weiter und komme an einem Haushaltswarenfachgeschäft vorbei.

»Oh«, denke ich, »da gucke ich doch mal.«

Das große Eckschaufenster ist hübsch dekoriert mit unzähligen Hutschenreuther-Figürchen, die in der Preisklasse unseres Rapids liegen. Schmuckes Geschirr von Rosenthal und Dibbern verspricht, jeden Abendbrottisch zum perfekten Dinner zu machen. Mir fällt ein, dass bei meinem Raclettegrill etwas fehlt. Ich ziehe die Tür auf, ein Klingeling signalisiert mein Eintreten.

Ein ergrauter Chefverkäufer tritt aus einem Nebenraum durch einen schweren Brokatvorhang auf mich zu. »Womit kann ich Ihnen dienen, mein Herr?«

»Ja«, sage ich und halte den verschlissenen Karton hoch, »ich suche Holzspatel, damit ich mir die Pfännchen hier nicht mit der Metallgabel verkratze. Haben Sie die?«

Das Korkgesicht wird puterrot. Er hat vermutlich an diesem Tag noch keinen erfreulichen und einträglichen Verkaufsabschluss verzeichnet oder ich störe ihn hinter seinem Vorhang bei einer Bio-Orange zum Abendbrot. Seine Schwiegermutter ist ein Drachen und die eigentliche Herrin im Geschäft. Seine Frau hat einen deutlich jüngeren Liebhaber, den sie aushält, und die Kinder heißen Kevin und Jacqueline, was alleine schon ausreicht für ihre psychiatrische Einweisung. Die Putzfrau hat sich krankgemeldet, beim SLK rutscht die Kupplung und der TÜV ist abgelaufen. Sein Handicap hat sich verschlechtert, die Aktienkurse fallen und die Moral verkommt.

»Wo haben Sie den denn gekauft?!«, blafft er mich an, »bei uns gibt es die umsonst dazu!«

»Och«, sage ich und zeige in die Richtung, »ich mache mit meinem Knastkumpel Murat drüben einen Haushaltswarensonderpostenladen auf. Die Spatel fehlen uns im Sortiment.«

Er glotzt mich ungläubig an wie Josef und Maria den Storch.

Ich nicke ihm höflich zu und gehe. In der Tür drehe ich mich ein letztes Mal um: »Auf gute Geschäftsbeziehungen!«

Klingeling!

Als ich zurückkomme, deckt Murat immer noch den Fußboden mit Zeitungspapier ab. Auf der Fensterbank steht ein durchweichter Pizzakarton. Eine Melange aus Lösungsmitteln, Knoblauch und Bier steigt mir in die Nase. Ich entdecke eine Werbebeilage vom Baumarkt ohne Tiernahrung und Pflanzen und nehme sie hoch.

»Guck mal«, sage ich zu ihm, »hier gibt es Farbe, die nicht riecht, nicht kleckert und schnell trocknet! Was hältst du davon?«

Ich lehne mich an den Türrahmen, ehe er antworten kann. Er rollt mit den Augen. Meine schwarze Lederjacke pappt am Rahmen wie eine Fliege am Klebestreifen. Mit einem Geräusch wie Leukoplast am haarigen Unterarm reiße ich mich los. Motzend gehe ich in den Nebenraum und beginne, das versengte Kabel vom Wasserkocher auszutauschen. Die Zigaretten schmecken nach getragenen Schuhen. Ich überlege, sie später Murat anzudrehen, dem ich noch Geld schulde.

»Weißt du, wen ich getroffen habe?«, rufe ich ihm durch den Vorhang zu.

Er klettert von der Leiter und steht mit der alten Pernod-Kappe, dem blauen Overall und seiner Dalmatinerfratze in der Tür.

»Renzo?«, fragt er.

»Nein, denk mal nach! Die Frau!«

Murat wird ganz zappelig, geht zum Waschbecken und schrubbt sich die Farbe aus dem Gesicht.

»So willst du ja wohl nicht los«, sage ich und zeige auf seine Schirmmütze, »außerdem: Meinst du nicht, sie ist ein bisschen zu alt für dich?«

»Nun erzähl schon!«

Ich biete ihm eine Zigarette an, er stochert aufgeregt mit seinen Farbfingern in der Schachtel umher.

»Also«, beginne ich, »du weißt doch noch, wo …«

PFUMP macht es, als ich den Stecker in die Dose drücke, und alles ist dunkel.

»Oh«, mache ich. »Warmmacha kaputt!«

Was wäre, wenn Strom flüssig wäre?

Quergefönt

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