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Laura und Naomi parken den Corsa an der Avenida Cupece zwischen Bar und Bushaltestelle. Sie gehen zuerst zur Bushaltestelle und fragen ein paar Passanten nach Pedro, aber niemand weiß etwas, und niemand kennt Pedro. Sie beschließen, dann zur Bar zu gehen und eventuell später nochmal zur Bushaltestelle zurückzukehren, um weitere Passanten zu befragen. Sie gehen zur gleichen Bar, wo Janaina am Vorabend Jose kennengelernt hat, der die Fotos vom Mordopfer auf seinen Computer gespeichert hat. Die Bar ist gut besucht. Die meisten Gäste schauen auf den Fernsehschirm, wo gerade ein Bericht vom Training der brasilianischen Fußballnationalmannschaft läuft. Als die beiden Polizistinnen in der Eingangstür stehen, richten sich die Blicke der zahlreichen männlichen Besucher auf sie. Ein leises Raunen geht durch den Raum und ein paar Männer pfeifen.

„Kriminalpolizei!“ ruft Naomi und zeigt ihre Polizeimarke in den Raum. „Mein Name ist Naomi Watanabe, und das ist Laura Ferreira. Wir sind von der Mordkommission IV der Polizei von São Paulo. Wir möchten gern mit Pedro Garcia sprechen.“

„Pedro ist nicht hier“, ruft der Barkeeper.

„Erzählen sie uns keine Märchen“, bringt sich Laura ein. „Ein Passant hat ihn vor wenigen Minuten hier gesehen.“

Die beiden Polizistinnen versuchen, die Barbesucher mit dieser Geschichte in die Defensive zu drängen, dass sie sich angegriffen fühlen und dadurch mehr Informationen preisgeben.

„Was?“ entgegnet der Barkeeper aufgebracht. „Das kann doch gar nicht sein. Der Pedro hat hier schon seit einigen Wochen Lokalverbot, weil er nie bezahlt hat. Er hat eine offenen Rechnung von mehr als hundert Reais. Ich habe das auch bei der Polizeistation in Jardim Miriam angezeigt. Also sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, wenn der diese Bar betritt, werde ich mich sofort bei Ihnen melden.“

„Hat sonst jemand in den letzten Tagen Pedro gesehen oder weiß, wo er sich derzeit aufhalten könnte?“ will Naomi wissen. Da steht der 60-jährige Guilherme Andrade von seinem Stuhl auf und ruft:

„Ein Onkel von Pedro hat einen kleinen Laden an der Estrada de Itapecerica nicht weit entfernt von der Metrostation Capão Redondo. Dort wollte er arbeiten und wohnen. Das sagte er schon vor einigen Wochen. Ob er da jetzt wirklich ist, kann ich leider nicht sagen. Zumindest lungert er nicht mehr an der Bushaltestelle herum.“

„Wie heißt dieser Onkel?“ fragt Laura weiter.

„Ich habe keine Ahnung. Ich weiß nur das, was ich eben gesagt habe, nicht mehr“, antwortet Guilherme achselzuckend.

„Ok, danke, hat sonst noch irgendjemand hier im Raum weitere Informationen?“ fragt Naomi in die Menge.

Die beiden Polizistinnen schauen sich um. Niemand der Anwesenden macht Anzeichen, etwas ergänzendes zu sagen. Sie verabschieden sich kurz und verlassen den Raum, um zum Auto zurückzugehen. Auf dem Weg dorthin bekommen beide die gleiche SMS von Charly, die Janaina bekommen hat. Sie beschließen, dass Laura Naomi zur Metrostation Jabaquara bringt, von wo sie dann mit der Metro nach Hause fahren kann.

„Das scheint ja ein eindeutiger Fall zu werden“, beginnt Laura das Gespräch während der Autofahrt zur Metrostation. „Wir müssen nur noch diesen Pedro finden, ihn verhaften und zu einem Geständnis bewegen.“

„Wer weiß das schon“, entgegnet Naomi zweifelnd. „Ich bin mir noch nicht so sicher, dass der Kerl wirklich der Täter ist. Das sieht mir alles zu einfach aus, und am Ende ist vielleicht doch jemand anderes der Täter.“

„Naja, wir werden es sehen. Morgen sind wir erstmal wieder gemeinsam im Stadion“, Laura wechselt das Thema.

Am Sonntag gehen die drei Polizistinnen zusammen ins Stadion Pacaembu zum Fußballspiel zwischen Corinthians und Flamengo aus Rio de Janeiro.

„Ich freue mich auch schon darauf und hoffe, dass wir Corinthians 'mal wieder siegen sehen. Dann können wir Charly am Montag aufziehen“, bemerkt Naomi erfreut.

Nach kurzer Fahrt erreichen sie die Metrostation in Jabaquara. Die beiden Frauen verabschieden sich mit einem Wangenkuss und Naomi steigt aus dem Auto.

Als Laura Naomi im Eingang zur Metro verschwinden sieht, entschließt sie sich, da sie heute keine besonderen Verpflichtungen hat, auf eigene Faust weiter nach Pedro zu suchen. Sie fährt mit ihrem in westlicher Richtung nach Vila Santa Catarina, passiert die Avenida Washington Luis. Über Santo Amaro erreicht sie den Rio Pinheiros. Sie überquert den Fluss über die Brücke Ponte Joao Dias und schon befindet sie auf der Estrada de Itapecerica in Jardim São Luis. Da sie sich in diesem Teil der Südzone nicht so häufig bewegt und sich auch deshalb nicht so gut auskennt, hält sie an einer Bushaltestelle an, wo ein paar Leute stehen, die auf den nächsten Bus warten. Sie dreht Scheibe der Beifahrerseite herunter und fragt in die Menge der Leute, ob jemand weiß, wie man zur Metro Capão Redondo kommt. Ein ungefähr 16-jähriger Junge tritt hervor und sagt:

„Ich muss auch dorthin. Ich kann Ihnen den Weg zeigen.“

„Also, steig' ein!“ antwortet Laura.

Der Junge öffnet die Beifahrertür und setzt sich zu Laura in den Wagen. Sie fahren weiter auf der Estrada de Itapecerica stadtauswärts.

„Ist es noch weit?“ fragt Laura, um ein Gespräch anzufangen.

„Ein paar Kilometer sind es noch“, antwortet der Junge.

Laura fragt weiter: „Wie heißt Du?“

„Carlos“

„Wohnst Du in Capão Redondo?“

„In der Nähe“

Da Carlos scheinbar nicht reden will, ist Laura erstmal still und hört auf zu fragen. Sie fahren weiter geradeaus auf der Estrada de Itapecerica. Die Gegend wird immer ärmer. Mehr und mehr Favelas befinden sich rechts und links der Straße. Plötzlich spürt Laura etwas kaltes an ihrer rechten Schläfe.

„Fahr die nächste Straße rechts 'rein!“ schreit Carlos aggressiv und hält eine Pistole an Lauras Schläfe.

„Ganz ruhig“, versucht Laura ihn zu beruhigen.

„Halt Dein Maul, sonst jage ich Dir eine Kugel in den Kopf“, der Junge wird aggressiver und wirkt sehr entschlossen.

Sie biegen ab in die Rua Teresa Maia Pinto und folgen der Straße, überqueren die Avenida Carlos Caldeira Filho in die Rua Praia de Carreiros. Laura überlegt, ob sie versuchen soll, ihre Dienstwaffe zu ziehen, die sich im Waffengürtel unter ihrer Jacke versteckt befindet. Ein Griff zur Waffe während der Fahrt wäre zu umständlich und könnte eine Überreaktion bei dem Jungen hervorrufen. Sie entscheidet sich, erstmal abzuwarten bis der Wagen zum Stehen kommt. Als sie an der Rua Carlos Leite dos Santos auf der rechten Seite einen Fußballplatz erreichen, greift der Junge ins Lenkrad und ruft:

„Stop! Stop! Sofort rechts anhalten!“

Laura tritt in die Bremsen und hält rechts an. Auf dem Fußballplatz spielt niemand, und auch die Straße ist leer. Niemand ist da, der den Überfall bemerken könnte.

„Gib' mir Dein Geldbeutel, Dein Schmuck, Dein Handy und leere Deine Taschen! Schnell“, befiehlt der Junge.

Laura folgt den Anweisungen und gibt das, was er fordert. Als der Junge den Geldbeutel durchschaut, entdeckt er Lauras Polizeiausweis.

„Scheiße! Du bist eine Polizistin! Du bist eine Scheiß Polizistin. Wo ist Deine Waffe? Gib' mir sofort Deine Waffe!“

Der Junge wird immer hektischer und nervöser. Er steckt den Lauf seiner Pistole in Lauras Mund und drückt ihren Kopf gegen die Nackenstütze des Fahrersitzes. Mit der linken Hand tastet er ihren Oberkörper ab. Schon nach wenigen Griffen bemerkt er Lauras Waffe. Er öffnet ihre Jacke und zieht ihre Waffe aus der Halterung. Laura lässt das alles ohne besondere Gegenwehr über sich ergehen.

„Da haben wir das gute Stück, Frau Kommissarin“, triumphiert der Junge und zieht seine Waffe aus Lauras Mund. „Jetzt steig' aus renne auf den Fußballplatz. Schnell! Schnell, sonst jage ich Dir 'ne Kugel in den Kopf.“

Laura befolgt die Anweisungen. Sie löst ihren Sicherheitsgurt vom Auto, öffnet die Fahrertür und verlässt das Fahrzeug. Sie rennt auf den Fußballplatz. Als sie sich das erste Mal umdreht, sieht sie wie der Junge auf der Fahrerseite ihres Autos sitzt. Er zeigt ihr noch den Mittelfinger und fährt mit dem Wagen davon.

Da steht Laura nun allein auf einem Fußballplatz in Capão Redondo ohne Auto, ohne Geld, ohne Handy, einfach ohne alles. Sie überlegt wie sie am besten nach Hause kommen kann. Die einzige Möglichkeit, die sie derzeit sieht, ist ein Taxi zu nehmen und den Fahrer zu bitten mit ihr in ihre Wohnung zu kommen, wo sie ihn bezahlen kann. Sie geht den Weg zurück, wie sie mit dem Auto gekommen ist. Nach einer halben Stunde erreicht sie die Avenida Carlos Caldeira Filho. Dort winkt sie am Straßenrand ein Taxi zu sich. Sie klagt dem Taxifahrer ihr Leid. Der Fahrer akzeptiert, dass Laura kein Geld hat und ihn erst in ihrer Wohnung bezahlen kann.

„Soll ich Sie nicht auch zu einer Polizeistation fahren, um den Überfall und den Autodiebstahl anzuzeigen?“ fragt der Fahrer.

„Nein danke“, antwortet Laura. „Ich will erstmal nach Hause. Zur Polizei kann ich später noch zu Fuß gehen.“

Sie erzählt dem Fahrer nicht, dass sie selbst Polizistin ist. Sie denkt auch, dass sie diesen Überfall erstmal nicht anzeigt, weil es ihr zu peinlich ist, dass ein Kind bzw. ein Jugendlicher ihr das Auto weggenommen hat, ohne dass sie reagiert hat. Nach einer dreiviertelstündigen Fahrt erreichen sie ihr Apartment in Jabaquara. Das Taxometer zeigt 75 Reais an. Sie nimmt den Fahrer mit in ihre Wohnung, drückt ihm 100 Reais in die Hand und sagt: „Stimmt so! Sie haben mir in meiner großen Not sehr geholfen!“

Der Fahrer freut sich über das extrem hohe Trinkgeld, bedankt sich bei Laura und verabschiedet sich mit einem Handkuss.

Als der Fahrer weg ist, ruft Laura ihre Bank an, um ihre Bankkarte und ihre Kreditkarte sperren zu lassen. Ihren Handychip lässt sie erstmal nicht sperren, denn man könnte das Handy eventuell orten lassen. Sie ruft ihre Handynummer an, aber das Gerät scheint ausgeschaltet zu sein, oder der Akku ist schon leer. Weil sie sich durchgeschwitzt fühlt, geht sie unter die Dusche. Danach legt sie sich erstmal ins Bett, da sie sich sehr müde fühlt. Mittlerweile ist es draußen dunkel geworden. Nach wenigen Minuten schläft sie ein.


Sampa Girls - Fußballfieber

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