Читать книгу Sampa Girls - Fußballfieber - Frank Alves - Страница 7

6

Оглавление

Janaina, gekleidet in einem kurzen Minirock und einem schwarzen ärmellosen Shirt mit Corinthians-Wappen auf der Vorderseite, parkt ihren Wagen in der Nähe von Naomis Haus. Sie will nicht klingeln, da sie sonst von Naomis Eltern in ein Gespräch verwickelt wird, und deshalb eventuell nicht pünktlich zum Spielbeginn im Stadion ankommt. Sie ruft Naomi auf ihrem Handy an.

„Hallo Janaina“, meldet sich Naomi.

„Hallo Naomi, ich bin gleich bei Dir. Gehe schon mal vor die Tür. Wir sind spät dran. Laura wird schon auf uns warten.“

„Ja, ich bin schon auf dem Weg.“

Naomi zieht sich ihre Schuhe an. Sie ist ebenfalls mit einem ärmellosen Corinthinas-Shirt bekleidet und trägt eine enge weiße Jeans-Hose. Sie geht auf die Straße, und da sieht sie auch schon Janaina, wie sie ihr auf dem Fußweg entgegenkommt. Sie begrüßen sich mit Wangen küssen.

„Lass uns gleich zur Metro gehen“, beginnt Janaina das Gespräch hektisch. „Wir haben keine Zeit. Laura ist bestimmt schon vor Ort.

Sie gehen mit schnellen Schritten zur Metrostadion Liberdade, die sich eine viertel Stunde Fußweg entfernt von Naomis Haus befindet. Nach ihrer Ankunft am Bahnsteig brauchen sie nur eine Minute zu warten, dann kommt schon ein Zug Richtung Jabaquara. Der Zug ist sehr voll. Es befinden sich viele Fußballfans unter den Fahrgästen.

„Hey Ihr beiden hübschen Corinthianas, seit Ihr ohne Begleitung unterwegs?“ macht ein Fußballfan die beiden an.

„Ja, genau wie Du“, entgegnet Janaina. „Und genau wie Du werden wir auch ohne Begleitung bleiben!“

„Aber beschwert Euch später nicht, dass Ihr einsam seit“, der Fan wendet sich von den beiden Frauen ab. Janaina reagiert nicht und gibt keine Antwort mehr. Wenige Minuten später erreichen sie die Station Paraiso. Die beiden Frauen und die anderen Fußballfans verlassen den Zug und gehen gegenüber am Bahnsteig in einen wartenden Zug der grünen Linie Richtung Vila Madalena. Als alle eingestiegen sind, fährt der Zug los. Nach ein paar Stationen kommen sie an der Station Clinicas an, wo sich die Polizistinnen treffen wollten. Es ist schon 15:30 Uhr, aber Laura ist ebenfalls gerade erst am Ausgang der Metrostation angekommen. Janaina ruft Laura auf ihrem Handy an, als sie mit Naomi die Metro verlässt. Sie verabreden, dass sie sich am Ausgang an der Avenida Dr. Arnoldo treffen. Wenige Minuten später kommen sie zusammen und begrüßen sich gegenseitig.

„Bist du auch mit dem gleichen Zug wie wir vor knapp fünf Minuten angekommen?“ fragt Naomi Laura.

„Nein, ich bin doch mit dem Auto gekommen“, antwortet Laura.

„Ach, ich dachte, Du wolltest ebenfalls mit der Metro kommen. Hast Du das nicht gesagt, als wir telefoniert haben?“ will Janaina wissen.

„Ja, wollte ich erst. Dann habe ich es mir doch anders überlegt und bin doch mit dem Auto gekommen.“

Sie gehen gemeinsam über die Rua Major Natanael und die Rua Itajobi zum Stadion. Da sie sich schon vorher Eintrittkarten besorgt haben, brauchen sie nicht an der Kasse anzustehen, sondern gehen direkt ins Stadion. Als sie an ihren Plätzen ankommen, sind die Mannschaften schon auf dem Platz, die Hymnen wurden schon gespielt, und die Spieler beider Teams bereits vorgestellt. Dann pfeift der Schiedsrichter die Begegnung an. Die Corinthians-Fans feuern ihre Mannschaft an. Die drei Polizistinnen stimmen in den Chor der Fans mit ein. Minuten vergehen, in denen sich beide Teams in taktischem Mittelfeldspiel und kurzen Querpässen neutralisieren. Plötzlich kommt in der 16. Minute eine lange Flanke von Flamengo in den Strafraum von Corinthians. Ein Stürmer von Flamengo versucht den Ball anzunehmen und sein Gegenspieler von Corinthians versucht ihn daran zu hindern. Da fällt der Stürmer. Ein Pfiff ertönt. Der Schiedsrichter läuft Richtung Strafraum. Alle Corinthians-Fans denken, dass auf Schwalbe und Freistoß für Corinthians entschieden wird, doch dann zeigt der Schiedsrichter auf den Elfmeterpunkt. Fast das ganze Stadion springt auf und beschimpft den Schiedsrichter, so auch die drei Polizistinnen. In diesem Krach klingelt Janainas Handy. Sie holt es hervor, schaut auf das Display und sieht, dass es die Nummer ihres Chefs Charly ist.

„Das ist Charly“, sagt sie zu ihren beiden Kolleginnen. „Wisst Ihr, was er an unserem freien Tag wollen kann ?“

„Nein“, antwortet Naomi. „Vielleicht gibt es irgendeine neue Entwicklung in unserem aktuellen Fall.“

„Ich weiß auch nichts“, bemerkt Laura und hofft, dass der Anruf nichts mit ihrem Überfall bzw. ihrem Autodiebstahl zu tun hat.

„Ach, es wird schon nicht so wichtig sein, dass es unbedingt jetzt während des Fußballspiels erledigt werden muss“. Janaina legt ihr Handy zurück in ihre Tasche.

Dann läuft auch schon der Spieler von Flamengo zu Strafstoß an. Er schiesst den Ball links unten ins Eck, der Torwart hat sich für die andere Seite entschieden. 0:1, die Spieler von Flamengo freuen sich alle und laufen zu ihrer Trainerbank. Im weiten Rund des Stadions gellt eine Mischung aus Pfeifkonzert und Buhrufen. Die Polizistinnen stimmen wieder mit ein und scheinen Charlys Anruf bereits vergessen zu haben, da klingelt Naomis Handy. Sie nimmt das Telefon aus der Tasche, schaut auf das Display und sagt:

„Jetzt ruft Charly auch mich an.“

„Lass es klingeln“, entgegnet Janaina.

„Genau“, stimmt Laura zu.

Kurz nach Wiederanpfiff klingelt auch Lauras Handy. Sie sieht auf dem Display, dass Charly sie anruft und zeigt es ihren beiden Kolleginnen. Dann lässt sie das Telefon wieder in ihrer Tasche verschwinden. Das Fußballspiel wird jetzt lebendiger. Corinthinas macht jetzt mehr Druck und versucht verstärkt in die Spitze zu flanken. Diese Versuche bleiben vorerst erfolglos. In der Zwischenzeit bekommen die drei Polizistinnen fast gleichzeitig jeweils eine SMS von Charly mit der einfachen, kurzen Nachricht:

„Bitte rufe mich schnellstmöglich an, Charly!“ Die Frauen beschließen, dass sie ihn nach dem Spiel anrufen werden. Bis zur 35. Minute verflacht das Spiel wieder. Dann passiert fast die gleiche Szene im Flamengo-Stafraum, die im Corinthinas-Strafraum zum Elfmeter führte. Als der Stürmer von Corinthians fällt, springt das ganze Stadion auf und schreit. Der Schiedsrichter läuft wieder Richtung Strafraum, doch diesmal bleibt sein Pfiff aus. Er zeigt dem Corinthians-Stürmer an, dass er aufstehen soll. Wieder geht ein Pfeifkonzert durchs Stadion. Der Corinthians-Stürmer protestiert lautstark beim Schiedsrichter und bekommt dafür die gelbe Karte. Bis zur Halbzeit ist das Spiel jetzt sehr zerfahren. Flamengo verteidigt fast mit allen Spielern, und Corinthians findet kein echtes Mittel, um das Abwehr Bollwerk zu überwinden. Von den Rängen wird jeder Ballbesitz von Flamengo und jede Entscheidung des Schiedrichters ausgepfiffen. Die Lage beruhigt sich als die Halbzeit beendet ist, und die Mannschaften in die Kabine gehen.

„Ich gehe und hole mir etwas zu trinken. Soll ich Euch auch ein Getränk mitbringen?“ fragt Laura ihre Kolleginnen. Die beiden anderen überlegen.

„Ich geb' eine Runde aus“, ergänzt Laura.

„Dann ein Guarana, bitte“, antwortet Janaina.

„Ich nehme auch ein Guarana, bitte“, sagt Naomi.

„Ok, ich bin gleich zurück. Ich hoffe, dass ich nicht zu lang anstehen muss und zum Beginn der zweiten Halbzeit wieder hier bin“, merkt Laura an.

Sie steht auf und geht durch die Sitzreihe. Über die Treppe verlässt sie die Tribüne und den Innenraum des Stadions. Kurz bevor sie den Getränkestand erreicht, sieht sie ein wenig abseits stehend einen etwa 10-jährigen Jungen mit zwei etwa 20-jährigen Frauen heftigst diskutierend. Der Junge, hellhäutig, 1,40 m groß, ist mit einem Trikot von Flamengo bekleidet. Die beiden Frauen haben die selbe Größe wie Laura. Die eine Mullatin, trägt ein weißes ärmelloses, bauchfrei geschnittenes Corinthians-Shirt und kurze Jeanshose, und die andere Afrobrasilianerin trägt ein gelbes Bikini-Top und schwarze Shorts mit Corinthians-Wappen aufgenäht. Laura schaut sich die Auseinandersetzung erst von weitem an. Als die Frauen anfangen den Jungen zu schubsen, geht sie auf das Trio zu. Laura ist heute mit einer langen blauen Jeanshose und einem einfarbigen grünen langärmligen Shirt bekleidet, so dass sie aufgrund der Kleidung keinem der beiden Fanlager zugeordnet werden kann.

„Was ist denn da los?“ ruft Laura von weitem.

Die beiden Frauen ignorieren Laura, da stellt sie sich mitten in das Handgemenge und fragt wiederholt:

„Was ist denn hier los?“

„Hau ab!“ sagt die Mullatin befehlend zu Laura.

„Bist Du ein Copacabana-Strandflitchen, eine Ipanema-Hure oder auch ein beschissener Flamengo-Fan?“ fragt die Afrobrasilianerin.

„Ich bin auch Corinthianer, aber ich vergreife mich nicht an kleinen Kindern wie Ihr“, antwortet Laura.

„Was willst Du Schlampe?“ pöbelt die Mulattin.

„Dann zeig mal, wie Du Dich an Erwachsenen vergreifst“, die Afrobrasilianerin fängt an Laura zu schubsen.

„Genau“, stimmt die Mulattin ein und versucht Laura mit der flachen Hand ins Gesicht zu schlagen, aber Laura fängt den Schlag ab und greift den Arm der Angreiferin. Mit einer geschickten Körperwendung dreht sie den Arm ihrer Gegnerin auf den Rücken. Dann schiebt sie sie frontal gegen die Afrobrasilianerin. Beide fallen leicht nach hinten, aber sie können sich noch gerade auf ihren Beinen halten.

„Geh' schnell weg. Ich übernehme die beiden“, sagt Laura zu dem kleinen Jungen, und dieser rennt schnell in Richtung Tribüne.

„Jetzt werden wir sehen, wer wen übernimmt“, sagt die Afrobrasilianerin, als sie sich wieder aufgerichtet hat.

Die beiden verteilen sich, so dass eine rechts und die andere links von Laura stehen. Laura versucht beide in ihrem Augenwinkel zu halten. Da greift die Afrobrasilianerin an und packt Laura mit beiden Händen am Arm. Laura zieht ihren Arm an sich ran, dann reißt sie mit einem Ruck die Hände der Angreiferin von ihrem Arm und mit ihrem Ellbogen gibt sie der Gegnerin einen Schlag ins Gesicht. Diese geht in die Knie und hält sich die Hände vors Gesicht. Zur gleichen Zeit springt die Mulattin von der anderen Seite auf Laura und versucht sie mit einem Griff um den Hals zu würgen. Laura bückt sich leicht, packt die Gegnerin an den Schultern und wirft sie mit viel Kraft zur Seite, dass diese mit dem Rücken auf den Boden fällt. Die beiden Angreiferinnen brauchen einige Sekunden, um wieder auf die Beine zu kommen.

„Das wird Dir noch leid tun“, sagt die Mulattin und steht wieder zum Angriff bereit.

„Wir machen Dich fertig“, ergänzt die Afrobrasilianerin und ist ebenfalls wieder in Kampfstellung.

„Kommt doch, wenn ihr noch nicht genug habt“, antwortet Laura.

Sie springen beide parallel auf Laura, doch diese kann beide abwehren und greift sie sich in den Schwitzkasten. Die Angreiferinnen versuchen sich zu befreien, aber Laura hat beide sicher im Griff. Die Gegnerinnen schimpfen und versuchen verkrampft dem Schwitzkasten zu entkommen. Nach einer halben Minute geben sie auf.

„Hört genau zu“, sagt Laura zu den unterlegenen. „Ich bin von der Polizei. Ich lasse Euch gleich los, wenn Ihr dann nicht innerhalb von wenigen Sekunden verschwindet, dann nehme ich Euch fest und stecke Euch für einige Stunden in den Knast. Ist das klar?“

Die beiden Angreiferinnen akzeptieren das Angebot. Laura lässt sie los, und die beiden Frauen rennen wütend in Richtung Tribüne. Laura hat die Getränke ganz vergessen und geht ebenfalls zurück zur Tribüne, denn die zweite Halbzeit wird gleich wieder angepfiffen. Als sie am Platz ankommt und ihre beiden Kolleginnen sieht, erinnert sie sich wieder an die Getränke und entschuldigt sich:

„Es tut mir leid, dass ich keine Getränke mitgebracht habe. Ich hatte einen Notfalleinsatz, und da habe ich alles andere vergessen.“

„Was? Ein Notfalleinsatz?“ fragt Naomi.

Laura schildert stolz ihren Kolleginnen, wie sie den kleinen Jungen gerettet und die beiden Frauen in Flucht geschlagen hat. Sie lässt kein Detail aus. Die beiden anderen hören interessiert zu und lachen am Ende, als sie erzählt wie die beiden Angreiferinnen geflohen sind.

Zur gleichen Zeit betritt Charly sein kleines Zweizimmer-Apartment in Barra Funda. Er hat wiedermal den ganzen Tag im Büro verbracht. Seit seiner Scheidung vor zwei Jahren ist er noch vertiefter in seiner Arbeit als zuvor, obwohl sein überhöhter Arbeitseinsatz der Hauptgrund für das Scheitern seiner Ehe war. Zuerst geht er in die Küche holt sich ein Bier aus dem Kühlschrank, setzt sich aufs Sofa und zündet sich eine Zigarette an. Der Bier- und Zigarettenkonsum hat nach seiner Scheidung auch extrem zugenommen. Dann schaltet er den Fernseher an. Er zappt durch die Kanäle bis er bei der Fußballübertragung des Spiels zwischen Corinthians und Flamengo hängen bleibt. Jetzt ist ihm klar, warum Janaina, Laura und Naomi nicht auf seine Anrufe und seine SMSs reagieren. Er ärgert sich erstmal, als er aber sieht das Corinthians 0:1 zurückliegt, wendet sich der Ärger in Freude.

Auf dem Spielfeld wird die Mannschaft von Corinthians immer dominanter. Sie spielen sich ein paar Chancen heraus, aber scheitern immer am sicheren Schlussmann von Flamengo. In der 74. Minute kommt eine Flanke von außen halbhoch in den Strafraum von Flamengo. Ein Corinthians-Stürmer kommt am Elfmeterpunkt per Flugkopfball vor den Verteidigern von Flamengo an den Ball und köpft ihn ins linke obere Eck. Diesmal ist der Torwart chancenlos.

„Tor, Tor, Tor für Corinthians“, schreit der Fernsehreporter.

Charly springt vom Sofa auf und flucht:

„Mist, warum schlafen denn die Abwehrspieler alle. Einer muss doch den Kopfball verhindern. Weshalb lässt man so eine Flanke zu …“

Das gesamte Stadion tobt vor Freude. Die drei Polizistinnen hält es nicht auf ihren Plätzen, sie stehen auf, umarmen sich und klatschen sich ab. Es bleibt noch eine gute viertel Stunde Zeit für Corinthians, um das Spiel komplett zu drehen. Die Abwehr von Flamengo schwimmt jetzt das ein oder andere Mal, aber sie können die Situationen immer noch klären. In der 87. Minute kommt wieder eine Flanke halbhoch in den Strafraum von Flamengo. Ein Stürmer von Corinthians nimmt direkt mit dem Fuß ab und schiesst ihn ins Tor. Die Corinthians-Spieler jubeln, die Fans springen auf vor Freude, doch da steht der Linienrichter mit erhobener Fahne. Der Schiedsrichter entscheidet auf Abseits. Die Spieler von Corinthians protestieren wütend. Die Fans ärgern sich und beschimpfen wieder den Schiedsrichter.

„Klares Abseits“, sagt Charly triumphierend auf dem Sofa sitzend, obwohl er in der Wiederholung der Szene im Fernsehen sieht, dass es kein Abseits war, sondern dass es eigentlich ein regulärer Treffer für Coritnhians hätte sein müssen. Die drei Polizistinnen würden am liebsten auf den Platz stürmen und sich den Schiedsrichter und den Linienrichter vornehmen. Die letzten Minuten vergehen ohne besondere Vorkommnisse. Als die Partie beendet ist, geht ein gellendes Pfeifkonzert durchs Stadion. Der Schiedsrichter und die Linienrichter sprinten im Eiltempo in die Kabinen. Einige Fans von Corinthians versuchen auf den Platz zu stürmen, aber die Ordner können sie gerade noch zurückhalten. Die drei Frauen verlassen diskutierend die Tribüne, bis Janiana einwirft:

„Themawechsel, lasst uns jetzt das Thema wechseln. Wir können sowieso nichts mehr ändern. Wer ruft Charly an?“

Die beiden anderen schauen sich fragend an.

„Ich übernehme das“, meldet sich Laura zuerst. „Wenn Ihr nichts dagegen habt.“

Janainaund Naomi nicken ihr zu. Sie holt ihr Handy hervor und wählt Charlys Nummer. Charly sitzt noch auf dem Sofa und schaut die Interviews zum Spiel als sein Handy, das auf dem Tische vor ihm liegt, klingelt. Er greift sich das Gerät und sieht Lauras Nummer im Display.

„Laura, endlich ruft Ihr mich an. Weißt Du, wo die anderen beiden sind ?“

„Wir waren zusammen im Stadion“, antwortet Laura. „Leider haben wir erst jetzt gesehen, dass Du uns angerufen und eine SMS geschickt hast.“

„Das könnt Ihr mir nicht erzählen. Darüber wird noch zu reden sein. Ihr wolltet Euch nur nicht, während Eures Fußballspiels stören lassen.“

„Wir haben aber alle heute frei.“

„Eure Freizeit endet immer, wenn ich anrufe!!!“ Charly erwartet von seinen Mitarbeitern die gleiche Arbeitseinstellung wie er, deshalb kommt es häufig zu Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm und Janaina, Laura und Naomi.

„Charly, fang nicht schon wieder so an. Du kennst unsere Meinung zu diesem Thema. Wir haben auch noch ein Leben außerhalb der Polizei.“

„Es gibt neue Entwicklungen im Mordfall Mia. Wir haben das Bild des Opfers im Fernsehen und in der Presse gezeigt. Zwei interessante Hinweise haben uns erreicht. Einmal sagt eine Frau, die in Santana wohnt, dass ihr Nachbar ein Geliebter des Opfers war, und dann gibt es einen anderen Hinweis von einem Mann, der sagt, dass das Opfer eine Prostituierte sein könnte.“

„Den Hinweis auf Prostitution bekommen wir doch immer, wenn wir ein Bild von einer Frau veröffentlichen. Dann rufen immer Männer an, die die gesuchte in der Rua Augusta gesehen haben wollen. Am Ende stellt sich heraus, dass die Frau nur in der Fantasie dieser Männer dort gestanden hat.“

„Wir müssen der Sache trotzdem nachgehen.“

„Ich würde eher versuchen diesen Pedro in Capão Redondo ausfindig zu machen, weil der ist unsere heißeste Spur.“

„Ok Laura, dann fahr Du nach Capão Redondo und suche diesen Pedro. Janaina kann die Frau in Santana verhören, und Naomi trifft sich mit dem Mann, der meint, dass Mia eine Prostituierte sei. Er hat uns nur eine Handynummer hinterlassen und will sich irgendwo in Pinheiros mit jemandem von uns treffen. Ich schicke Naomi dessen Nummer per SMS, und an Janaina schicke ich die Adresse in Santana. Außerdem schicke ich Euch allen ein Foto per Mail auf Eure Handys. Wir treffen uns dann gemeinsam wie immer morgen früh im Büro. Ich will, dass jeder von Euch genau berichtet, wie die Verhöre gelaufen sind. Erkläre alles den beiden anderen. Wenn es noch Fragen gibt, könnt Ihr mich gern anrufen.“

Er beendet das Telefongespräch. Laura erklärt Janaina und Naomi die Anweisungen von Charly. Nach kurzer Zeit kommen auch schon die beiden SMSs auf den Handys von Janaina und Naomi an. Laura und Janaina nehmen ihre Autos, um zum Einsatzort zu kommen. Janaina muss erst mit der Metro nach Liberdade fahren, wo sie ihren Wagen geparkt hat. Naomi nimmt ihr Handy und ruft die Nummer an, die ihr Charly zugeschickt hat.

„Hallo“, meldet sich ein Mann am anderen Ende.

„Polizei, Mordkommision IV, Naomi Watanabe mein Name. Mit wem spreche ich?“

„Mein Name spielt keine Rolle. Ich möchte anonym bleiben, das habe ich mit Ihren Kollegen vereinbart.“

„Ok, Sie wollten sich in Pinheiros treffen ?“

„Ja, es gibt da eine kleine Bar an der Ecke Rua Cardeal Arcoverde und Rua João Moura. Was halten Sie davon?“

„Klingt gut. Wann?“

„Ich habe ab jetzt Zeit.“

„Ich bin in gut 30 Minuten dort.“

Sie beenden das Telefonat. Naomi geht zu Fuß zum Beginn der Rua Cardeal Arcoverde. Dort nimmt sie einen Omnibus: Pünktlich nach 30 Minuten erreicht sie den Treffpunkt. Sie betritt die Bar. Es befinden sich keine Gäste an den Tischen. Dann kommt ein ungefähr 30-jähriger schlanker Mann, der an der Theke gesessen hat, auf sie zu und spricht sie an:

„Sind Sie Frau Watanabe von der Polizei?“

„Genau, und Sie sind Herr Anonym?“

„Ja, das mit dem Namen hatte ich wie gesagt schon mit ihren Kollegen geklärt. Lassen Sie uns dort ins Hinterzimmer gehen. Da sind wir ungestört.“ Der Mann zeigt auf eine Tür am anderen Ende des Raums neben der Theke. Sie gehen in das Hinterzimmer, dort befindet sich ein Tisch mit acht Stühlen und einem Fernseher, der ausgeschaltet ist. Dann setzen sie sich an den Tisch und der Mann fragt:

„Was wollen Sie trinken?“

„Einen Whiskey, ich bin ja nicht offiziell im Dienst.“

Der Mann bestellt zwei Whiskeys beim Barkeeper. Nach kurzem Smalltalk bringt der Barkeeper den beiden ihre Whiskeys. Als der Barkeeper den Raum verlässt, schließt der Mann die Tür des Hinterzimmers.

„So, jetzt erzählen Sie mal, was Sie über Mia unser Mordopfer wissen!“ fordert Naomi den Mann auf und schaut ihm tief in die Augen.

„Mia? Mia kenne ich nicht. Die Frau, die nennt sich Athena, aber das wird wohl nicht ihr richtiger Name sein. Ich bin verheiratet und habe drei Kinder. Manchmal wenn ich abends gestresst aus dem Büro komme, dann fahre ich zur Rua Augusta. Durch den Kontakt mit jüngeren Frauen baut sich mein Stress ab.“

„Stress abbauen? Sie brauchen mir keine Details zu zählen. Ich habe schon verstanden. Erzählen Sie, was Sie über Mia bzw. Athena wissen!“

„Eigentlich weiß ich nicht viel über sie. Ich war viermal bei ihr, wir haben aber nie über ihr Leben oder ihre Person geredet.“

„Und Sie sind sich sicher, dass Mia und Athena die gleiche Person ist? Schauen Sie sich das Foto nochmal an, bitte!“ Naomi holt ihr Handy hervor und zeigt dem Mann das Foto, was Charly ihr zugeschickt hat.

„100-prozentig, das ist Athena !!!“

„Das war's schon, was ich an Fragen zu diesem Thema habe.“

Naomi steht auf, geht zur Tür und versperrt das Türschloss mit dem Schlüssel, der darin steckt. Sie dreht sich um, tänzelt erotisch auf den Mann zu, zieht ihr Shirt aus, setzt sich auf dessen Schoß und sagt mit lüsternderer Stimme:

„Ich glaube, Sie sind gestresst, und diesen Stress müssen wir jetzt abbauen!“

„Das glaube ich auch“, antwortet der Mann überrascht und erregt.


Sampa Girls - Fußballfieber

Подняться наверх