Читать книгу Julius Payer. Die unerforschte Welt der Berge und des Eises - Frank Berger - Страница 15

ALPINER ABSCHIED

Оглавление

Damit gingen im Sommer 1868 vier Jahre der intensiven Erforschung des Ortlergebietes zu Ende. Payers Bilanz war eindrucksvoll. Mehr als 70 Gipfel der Ortlergruppe hatte er bestiegen, davon 56-mal in Begleitung von Johann Pinggera. Payer, der leidenschaftliche Kletterer im Fels, und Pinggera, der versierte Bergsteiger in Eis und Schnee, stellten ein aufeinander abgestimmtes Bergsteigerpaar dar, wie es wohl selten vorkommt. Wenn das Bild vom blinden Verständnis zweier Berggefährten auch viel strapaziert wird, auf Payer und Pinggera traf es zu. 38 ihrer Gipfelerfolge waren zugleich Erstbesteigungen.

Die Universität Halle ernannte Payer in diesem Jahr für seine Verdienste um die Erforschung der Alpen zum Dr. phil. h.c. Damit fand für ihn, ohne dass er es zu diesem Zeitpunkt ahnen konnte, ein Lebensabschnitt sein Ende. Die zweite Karriere des Julius Payer, die seine Bekanntheit ins schier Unermessliche steigern sollte, nahm ihren Anfang. Sein Kindheitstraum, auf den Spuren John Franklins in unbekannte arktische Gefilde vorzustoßen, sollte Realität werden. Dorthin lenkte ihn die einflussreiche Hand seines „Civil-Protektors“.

Auf Initiative von August Petermann war im Frühjahr 1868 die Erste Deutsche Nordpolarexpedition unter Kapitän Koldewey in arktischen Gewässern unterwegs. Am 9. Oktober kam das Expeditionsschiff „Grönland“ wieder nach Bremerhaven zurück. Die Nachricht der Rückkehr war binnen weniger Tage dank der elektrischen Telegrafie in allen Zeitungen zu lesen. Payer bekam ein solches Blatt in die Hand und las seinen Helfern daraus begeistert vor. Bald sollte er selbst in der Arktis weilen: „Über Innsbruck reiste ich nach Wien, woselbst mich ein Brief Dr. Petermanns zu meiner höchsten und freudigsten Überraschung zur Teilnahme an der Nordpolar-Expedition einlud.“ (Payer 1872, S. 36). Der Einladung Petermanns konnte er als Oberleutnant nur folgen, wenn der Staat und sein Dienstherr, der Kriegsminister, einverstanden waren. Die Zusage kam, genoss er doch die Gunst des Generals von Kuhn, „…eines Mannes, vor dem sich alles beugte“. (Rauchensteiner 2001, S. 44)

Mit der Initiative zu den Polarfahrten suchte August Petermann die Bestätigung einer gewagten Theorie zu erreichen. Er war der Ansicht, dass dank des Golfstroms das Meer zwischen Spitzbergen und Nowaja Semlja auch im Winter nicht ganz zufrieren würde. Nach Durchdringen eines Gürtels von Treibeis könne ein Dampfer bis zum Nordpol vordringen. Diese These wurde in Österreich und Deutschland mit großem Interesse zur Kenntnis genommen. Auf ihr beruht auch die große, von Carl Weyprecht und Julius Payer von 1872 bis 1874 durchgeführte Österreichisch-Ungarische Nordpolarexpedition, die zur Entdeckung des Kaiser-Franz-Josef-Landes führen sollte.


Richtfest beim Bau der Payerhütte auf dem Tabarettakamm, 1875 (Katalog 2012)

Payers Name lebt in den Ostalpen vielfach fort. Auf dem Tabarettakamm am Ortler auf 3020 m wurde 1875 auf Initiative von Johann Stüdl (1839–1925) die Payerhütte eingeweiht. Johann Stüdl, ein Kaufmann aus Prag und bedeutender Alpinist, war selbst im Umfeld der Glocknergruppe tätig gewesen. Er war Gründungsmitglied des Deutschen Alpenvereins und 50 Jahre lang Obmann der Sektion Prag des Alpenvereins. Heute gehört die Payerhütte der Sektion Mailand des Italienischen Alpenvereins. Zwar konnte Payer bei der Eröffnungszeremonie der Payerhütte nicht anwesend sein, doch die Namengebung nahm er mit Dank und Stolz wahr.

Die Verdienste Payers um die Erschließung des Ortlergebietes führten 1892 zur Errichtung einer Payer-Gedenktafel in Sulden durch den Deutschen und Österreichischen Alpenverein. Sie trägt den Kopf Payers in Seitenansicht und erwähnt auch den Namen Pinggeras. Die Festrede hielt Johann Stüdl am 7. September des Jahres. (KA A/204:4 Bl. 160) Payer zu Ehren gibt es das Payer-joch (3434 m) zwischen Zebru- und Königspitze, die Payerspitze (3396 m), eine Gratanhebung 15 Minuten von der Geisterspitze entfernt, die Cima di Payer (3050 m) nordöstlich der Mandronhütte, den Passo Payer (2985 m) an einem Übergang von der Mandronhütte über den Adamellokamm und die Vedretta Payer, einen kleinen Gletscher am Passo Payer. Am oberen Ende des Val di Genova, südlich des Corno di Lago Scuro, gibt es seit 1994 auf 2430 m Höhe an der Stelle der alten Mandron-Hütte das „Centro di Studi Glaciologi Julius Payer“. In Sulden betreibt die Familie Elmar und Christine Reinstadler das Drei-Sterne Hotel „Julius Payer“. Ebenfalls in Sulden, im Messner Mountain Museum Ortles, sind zahlreiche Gemälde von Payers Hand zu sehen. Ein Schlepplift und eine Piste auf dem Stilfser Joch tragen den Namen „Payer“.


Tafel an der Payer-Hütte, 2010 (F. Berger)

Julius Payer. Die unerforschte Welt der Berge und des Eises

Подняться наверх