Читать книгу Mama, wir sind dann mal Gott suchen! - Frank Bonkowski - Страница 13

Montag, 10. März
Andere Sitten

Оглавление

Heute gab es endlich die Einführung in die ugandische Kultur, die uns helfen soll, uns hier nicht komplett danebenzubenehmen und zu verstehen, was um uns herum passiert. Hier ein paar der Regeln, die ich in den nächsten drei Wochen ausleben darf:

Regel Nummer 1: Zeit ist uninteressant!

Regel Nummer 2: Es wird erwartet, dass du deine Geschichte erzählst! Dafür ist immer Zeit da!

Regel Nummer 3: Männer, die lange Händchen halten, sind nett, nicht schwul!

Regel Nummer 4: Männer, die ihre Beine übereinanderschlagen, sind unhöflich; in der Nase popeln ist aber okay!

Regel Nummer 5: Eine schöne Oberweite ist uninteressant, ein dicker Hintern dafür sexy!

Regel Nummer 6: Knien ist höflich!

Regel Nummer 7: Lehne niemals etwas zu essen ab!

Regel Nummer 8: Auch wenn es heiß ist, ist es schön, so eng wie möglich zusammenzusitzen!

Regel Nummer 9: Beziehungen sind wichtiger, als die Arbeit fertigzukriegen!

Regel Nummer 4: Männer, die ihre Beine übereinanderschlagen, sind unhöflich; in der Nase popeln ist aber okay!

Regel Nummer 10: Man darf zu Bitten „nein“ sagen! Aber wenn du nickst, hast du ein Versprechen gemacht, und Versprechen werden nicht gebrochen!

Regel Nummer 11: Sei vorsichtig, wenn jemand deine Telefonnummer will! Das ganze Dorf wird dich anrufen!

Und noch ein paar Fakten über Uganda:

1. 60 % der Bevölkerung sind unter 16! Kaum etwas ist wichtiger als eine gute Schulbildung!

2. Aids ist überall! Fast jede Familie in Uganda ist davon betroffen, über 50 % der medizinischen Ressourcen werden hierfür verbraucht!

3. Keiner weiß so richtig, wie viele Menschen es in Uganda gibt. Von der Regierung werden die Zahlen eher kleingeredet, um den Bedarf einer besseren Infrastruktur zu vertuschen.

Gegen Mittag sind wir wieder zur Schule gefahren, in der wir von jetzt an viel Zeit verbringen werden. Ich bin zusammen mit Teammitglied Claudia der Einladung gefolgt, anstelle von Steineschleppen (unsere eigentliche Aufgabe an diesem Tag) zwei Stunden lang Musikunterricht zu geben. Man darf hier manchmal Sachen machen, die man sich nie zu träumen gewagt hätte. In den Pausen kann ich dann immer wieder mit Kindern spielen, die sich inzwischen alle trauen, mich anzufassen und mit meinen komisch glatten Haaren zu spielen. Die anfängliche Schüchternheit ist schnell verflogen, und mit den ganz Kleinen kann man herrlich durch Tiergeräusche in Kontakt kommen.

Dann erlebe ich meine erste ganz besondere Begegnung. Ich bin gerade dabei, einem Jungen ein paar Gitarrengriffe beizubringen, als mir Joseph vorgestellt wird. Meine Schwester Sonja (die so einen Einsatz auch schon mal mitgemacht hat) hatte ihn vor zwei Jahren vier Tage lang unterrichtet und ihm sogar ihr Instrument geschenkt; Joseph ist seitdem der Gitarrenlehrer von Kampala. Als der junge Lehrer erfährt, dass ich Sonjas Bruder bin, wird es sehr emotional: Es gibt Umarmungen, Tränen, und Bilder werden gezeigt. Spontan bildet sich jetzt ein Afrikanischer Chor, und erst bringe ich ihnen ein neues Lied bei, dann wieder Joseph, dann wieder ich und immer so weiter. Alle Lieder von Joseph, die er selbst komponiert hat, werden übrigens in der gleichen Akkordfolge gespielt: G - C - D - C - G. Also im Prinzip wie unsere westliche Worship-Musik, nur dass hier Moll-Akkorde unbekannt sind. Mein absolutes Highlight: „Jesus, you are the hope of Africa“. Man kann kaum beschreiben, was da gefühlsmäßig abgeht, wenn die fünfjährigen Kinder und ich als reicher Europäer das zusammen brüllen.

Irgendwann muss ich leider los, weil der Bus längst auf mich wartet. Ich bin eigentlich kein Nachtschwärmer, aber wenn du zwei Jahre später dort weitermachen kannst, wo deine Schwester etwas Wunderschönes angefangen hat, ist das wirklich was Besonderes! Ich wäre am liebsten die ganze Nacht dortgeblieben!

Fazit des 3. Tages: Jesus is the hope for Africa! Für einen Moment kann ich das heute glauben!

Mama, wir sind dann mal Gott suchen!

Подняться наверх