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Kapitel 1

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Karl Beckers Augen flehten in Todesangst, die Lippen bebten und er stammelte Gott um Hilfe an. Schweiß drang ihm aus allen Poren, salzige Bäche strömten die Halbglatze hinunter, rannen über das Stoppelkinn und tropften auf das Messer an seiner Kehle. Der Ingenieur kniete am Höhlenboden, spitze Steine drückten durch den Hosenstoff und die schmutzige Jacke schlotterte um seinen abgemagerten Körper. Uringestank stach in der Nase. Er hatte sich besudelt und ein Fleck sickerte zwischen den Beinen hindurch. Die Kerle ringsum lachten - Gott nahm heute seinen freien Tag.

Geschrei erklang, während Bewaffnete ein schwarzes Transparent auseinander falteten und an die Felswand spannten. Darauf prangten in weißer Schrift Parolen über einem Schwert. Funken knisterten, ein Mann verlegte Kabel zu einer Autobatterie, die eine Videokamera und zwei Scheinwerfer speiste. Das Licht blendete Karl, er drehte den Kopf und beobachtete seine Peiniger. Die Kämpfer trugen Turbane oder den runden Pakol, die traditionelle Kopfbedeckung der Tadschiken. Dazu lange Mäntel und dicke Steppwesten, vermischt mit Tarnkleidung, die aus Uniformteilen verschiedener Nationen zusammengewürfelt war. Sie hielten Sturmgewehre in den Händen, präsentierten Panzerfäuste und palaverten in ihrer Sprache, von der Karl nichts verstand. Seinen Übersetzer hatten die Entführer mit Fußtritten verjagt, als sie den Firmenwagen vor einigen Tagen in den afghanischen Bergen stoppten und beide aus dem Auto zerrten. Den Dolmetscher benötigten sie nicht, ein Stoß mit dem Gewehrkolben bedurfte keiner Übersetzung.

„Halte still, du Schwein“, zischte ein Mann, der hinter ihm stand und Speicheltropfen sprühten. Der Bewacher hatte zangengleich den Ingenieur am Nacken gepackt und presste ihm die Klinge an den Hals. Es rumorte in Karls Darm, als ob ein Heer Wanderameisen durchmarschierte; Blasen bedeckten seine Füße und die Muskeln schmerzten von der tagelangen Odyssee. Draußen heulte der Wind um die Felsen, die dünne Gebirgsluft quälte seine Lungen und Karl zitterte.

Eine Zeit lang dachte er, dass die Bande politische Forderungen erpressen wollte und sich dann mit Lösegeld zufriedengab. So lief es schließlich immer, wenn Europäer im Ausland verschleppt wurden. Einzelheiten drangen nie an die Öffentlichkeit, aber jeder wusste, das Geld floss. Bis gestern ein neuer Stammeskrieger zur Gruppe stieß, der anders war als die übrigen Kämpfer. Während sich die Entführer teilnahmslos verhielten und den Gefangenen als Objekt betrachteten, glühte Hass aus seinen Augen.

Das Gerede verstummte, nur Fliegensummen und das Klappern von Ausrüstungsgegenständen brach die Stille. Der Krieger hielt Karls Gesicht in die Kamera und der Ingenieur betete, dass die Banditen nur eine Videobotschaft filmten, um sie als Druckmittel einzusetzen. Aber als der Fremde auf Deutsch eine Erklärung verkündete, wusste er den Tod nahen. Die letzten Gedanken galten seiner Frau, den Jungs und Lisa, dem Nesthäkchen. Glühender Schmerz zog durch seinen Hals und explodierte im Gehirn, als Stahl die Versorgung mit Blut und Sauerstoff durchtrennte. Karl Becker fiel in die Dunkelheit.

Der Leichnam sank in den Staub, gleich einer Marionette, der jemand die Lebensfäden abschnitt. Scherzend bauten die Bewaffneten Kameraausrüstung und Lampen ab, während der Mörder sein Messer an der Kleidung des Toten sauber wischte. Als die Gruppe aufbrach und über einen Felspfad verschwand, stürzten Fliegenschwärme auf die Blutlache. Der Mann mit den hasserfüllten Augen blickte zur Höhle zurück und nickte zufrieden – Karl Becker sollte das erste Opfer einer langen Reihe werden.

Feuertaufe

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