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Die Sache mit der Lust

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Sie kennen das: Die Dinge, die uns Freude bereiten, tun wir gern. Dafür braucht es nicht einmal einen besonderen Antrieb von außen. Die eigene Motivation reicht da vollkommen aus. Denken Sie doch einmal an etwas, das Sie mit Leidenschaft betreiben. Vielleicht eine Liebesbeziehung, ein Hobby, eine ehrenamtliche Tätigkeit oder – im günstigen Fall – vielleicht sogar Ihre Arbeit. Im Idealfall gibt es zwischen Arbeit und Vergnügen gar keinen Unterschied, weil beides zusammentrifft. Wenn Ihnen eine Aufgabe oder ein Projekt wirklich wichtig ist, wenn es Ihnen sehr am Herzen liegt und Sie sich damit in hohem Maße identifizieren, dann werden Sie dort Ihre volle Energie hineinlegen. Die Zeit wird auf einmal zur Nebensache und es zählt nicht nur das Ergebnis, sondern auch der Weg dorthin ist bereits eine Vergnügungsreise. Nun ist das Leben aber ja bekanntlich kein Wunschkonzert, und das Berufsleben mit seinen vielfältigen Zwängen und Konventionen erst recht nicht. Da gibt es diverse Gelegenheiten und Situationen, in denen das eigene Vergnügen nicht gerade im Vordergrund steht. Das kann dann schon mal arg auf die eigene Motivation drücken.

Mit dieser Thematik hat sich, wie schon erwähnt, auch Sigmund Freud vor über hundert Jahren auseinandergesetzt und vom Lustprinzip sowie vom Realitätsprinzip gesprochen. Mit dem Lustprinzip verbindet er menschliche Bedürfnisse bzw. Triebe, die nach sofortiger Befriedigung streben. Freud hat hier den Begriff des »Es« geprägt und damit das Unbewusste der menschlichen Psyche bezeichnet (Freud 1909). Allerdings stößt der Wunsch nach sofortiger Bedürfnisbefriedigung oftmals an die Grenzen der gesellschaftlichen Konventionen. Selbst wenn Ihnen beim Einkaufen im Supermarkt ein geeigneter Sexualpartner über den Weg laufen sollte und Sie der sofortigen Bedürfnisbefriedigung in Form eines One-Night-Stands hinter der Käsetheke durchaus nicht abgeneigt wären, werden Sie unter normalen Umständen doch eher eine gewisse Zurückhaltung an den Tag legen.

Dem Lustprinzip steht daher das sogenannte Realitätsprinzip gegenüber, weil gerade in unserem gesellschaftlichen Miteinander nicht jeder Triebimpuls sofort befriedigt werden kann. Die Erkenntnis, dass spontan auftauchende Bedürfnisse nicht unmittelbar und jederzeit befriedigt werden können, ist das Ergebnis eines langwierigen Lernprozesses, der in der Kindheit seinen Anfang nimmt und selbst bei vielen Erwachsenen noch nicht abgeschlossen zu sein scheint. Hier geht es darum zu verstehen, dass es manchmal durchaus sinnvoll sein kann, den Wunsch nach einer Bedürfnisbefriedigung zunächst hinten anzustellen. Manchmal lassen sich angestrebte Ziele auch nicht auf dem direkten Weg erreichen, sondern bedürfen vielleicht sogar eines Umwegs über verschiedene Etappenziele. Oder, wie es in Bertolt Brechts »Leben des Galilei« heißt: »Angesichts von Hindernissen mag die kürzeste Linie zwischen zwei Punkten die krumme sein.« (Brecht, Band 5, S. 282)

Kennen Sie in Ihrem Freundeskreis vielleicht einen Raucher? Oder sind bzw. waren Sie vielleicht selbst einmal einer? Dann wissen Sie ja auch sicherlich, dass Raucher sehr genau um die Nachteile ihres Handelns wissen. Kaum ein Raucher, der nicht ganz genau darüber im Bilde ist, was er sich und seinem Köper da antut. Es hat sich inzwischen weiträumig herumgesprochen, dass Raucher früher sterben und ein höheres Risiko haben, Herz- und Kreislauferkrankungen oder Krebs zu bekommen. Das weiß doch jeder. Und dennoch rauchen viele Raucher beharrlich weiter – trotz dieses Wissens. Aber wie kann das sein? Eigentlich müsste doch jeder vernünftig denkende Mensch, der diese Realitäten nicht vollkommen ignoriert, angesichts dieser gravierenden Nachteile und offensichtlichen Gefahren sofort mit dem Rauchen aufhören.

Stattdessen wird aber vielfach unbeirrt weitergeraucht. Gelegentlich mit dem Argument, dass ja auch ein Kettenraucher wie Altkanzler Helmut Schmidt letztlich 96 Jahre alt geworden sei. Oder der Schauspieler Johannes Heesters sogar 108 Jahre. Wenngleich derartige Einzelfälle selbstverständlich überhaupt keine statistisch belegte Aussagekraft haben, könnte man diesem Argument auch entgegenhalten, dass die beiden, wenn sie denn nicht geraucht hätten, vielleicht ja sogar nie gestorben wären.

Beim Rauchen ist es wie mit vielen Dingen, die uns einen kurzfristigen und vermeintlichen Vorteil oder Lustgewinn verschaffen, uns aber langfristig eher schaden: Der Vorteil ist sofort zu spüren, der Nachteil liegt in weiter Ferne. Und oftmals ist ja auch keinesfalls erwiesen, dass der Worst Case im jeweiligen Einzelfall auch tatsächlich eintreten muss. Vielleicht kann man ja den Lustgewinn mitnehmen, ohne den hohen Preis am Ende dafür zahlen zu müssen.


Sie sehen sicherlich auch in Ihrem eigenen Umfeld immer wieder, dass unser Handeln keineswegs immer nur von einer bestechenden Logik und Weitsicht geprägt ist. Oftmals handeln wir sogar wider besseres Wissen, nur weil es unserem kurzfristigen Wunschdenken und der aktuellen Bedürfnisbefriedigung entspricht.

Führen ohne Psychotricks

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