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Brief 3 (Marketing- und Unternehmensberater)
ОглавлениеIch bin in einem christlichen Elternhaus aufgewachsen und besuchte die Kirche bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Ich wusste, wie man als Christ lebt und sich zu benehmen hat. Ich war sozusagen ein Vorzeigekind.
Im Gymnasium und später auf dem College lernte ich Christen kennen, die eine Leidenschaft in mir weckten, die ich nie für möglich gehalten hätte. Sie strebten nach einer tiefen Christus-Erkenntnis und schienen Christus bereits besser zu kennen als ich. Die Begegnung mit ihnen machte mir die Oberflächlichkeit meines eigenen Glaubens und meiner mangelhaften Christus-Erkenntnis bewusst. Obwohl ich gerne zur Kirche ging, um mit meinen Freunden und meiner Familie zusammen zu sein, war Kirche für mich eher eine notwendige, zu ertragende Verpflichtung, um nach der Sonntagsschule, dem Gottesdienst oder der Jugendgruppe mit meinen Freunden abzuhängen.
So ließ ich die Predigten über mich ergehen und hoffte im Stillen, sie mögen endlich vorbei sein, damit wir anschließend ins Restaurant konnten. Wenige Minuten nach einer Predigt hatte ich ihren Inhalt vergessen. Ich hörte immer wieder: Du musst öfter in die Kirche, den „Zehnten“ geben, mehr in der Bibel lesen und deinen Glauben bezeugen. Bis ich jenen Christen begegnete, war mir nicht bewusst, dass keine der Kirchen, die ich besuchte, meinen Durst nach Jesus stillte. Statt Leben gaben sie mir Regeln und Vorschriften. Statt in Christus zu wachsen, „verdorrte ich am Weinstock“, ängstigte und schämte mich und fühlte mich unwürdig. Vom Herrn zu reden, machte mir keine Freude, und mir fehlte der Mut, Jesus vor Ungläubigen zu bekennen.
Ich fragte mich: Wenn du der gute Christ bist, für den du dich hältst, wieso fällst du immer weiter zurück? Je mehr Zeit ich mit diesen Christen verbrachte, desto dringlicher wurde mein Wunsch, Christus zu kennen, wie sie ihn kannten. Christus zog mich an wie eine Straßenlaterne Motten. Ich verbrachte zunehmend mehr Zeit mit ihnen und besuchte ihre Versammlungen. Diese waren frei und offen. Dort gab es weder eine Liturgie noch einen Pastor. Offensichtlich brauchte man diese nicht. Es gab genügend Gläubige, die dem Herrn begegnet waren und fähig waren, andere aufzubauen.
Sie brauchten keine Genehmigung sich zu Wort zu melden. Sie benötigten keinen, der sie unter einem Regelwerk lebloser Verpflichtungen begrub. Viele ihrer Lieder schrieben sie selbst. Reihum beteten sie füreinander; ihre Gebete kamen von Herzen und waren nicht einstudiert. Sie versammelten sich so, als wäre Jesus wirklich im Zimmer. Sie gingen liebevoll miteinander um wie in einer Familie.
Schon bald war mir klar, dass mir genau diese organische Art, Christus zu erfahren, fehlte. Ich lechzte danach, mich mit diesen Gläubigen zu treffen. Ich ging in ihre Zusammenkünfte und begegnete einem Herrn, der viel größer war, als dass er „nur“ für meine Sünden gestorben wäre. Ich fing an, ihn viel tiefer kennenzulernen.
Irgendwelchen Darbietungen beizuwohnen stellte mich nicht mehr zufrieden. In diesen organischen Zusammenkünften wünschte ich anderen zu erzählen, was ich selbst mit dem Herrn erlebt hatte. Auf einmal fiel es mir leicht, meine Passivität zu überwinden, aktiv am Geschehen teilzunehmen und zur Versammlung beizutragen. Jede Zusammenkunft durfte anders sein. Manchmal sangen wir stundenlang. Ein andermal konnten sich die Gläubigen kaum zurückhalten, von allem zu berichten, was Jesus in der vergangenen Woche in ihrem Leben getan hatte. Manchmal haben wir den Herrn einfach schweigend in Ehrfurcht verehrt. Keiner musste uns etwas vorschreiben. Der Geist wirkte, und alles geschah spontan und wie von selbst. Oft haben wir wie eine Familie zusammen gegessen. Manchmal unterhielten wir uns über Bibelstellen. Oder wir inszenierten Geschichten aus der Bibel, die uns Christus näherbrachten.
Wir trafen uns auch morgens unter der Woche: Brüder mit Brüdern, Schwestern mit Schwestern. Wir suchten den Herrn im Gebet und studierten gemeinsam die Schrift. Jeder Tag begann mit Christus. Am Abend luden wir uns gegenseitig ein zum Essen und zur Gemeinschaft mit Christus. Es gab Männerzusammenkünfte und Frauenstunden, bei denen wir uns berieten und gemeinsam Entscheidungen trafen für die Gemeinde. Wir übernahmen Verantwortung und sorgten füreinander.
Lag nichts Dringliches vor, dann sangen wir zum Herrn und suchten gemeinsam seine Gegenwart. Brauchte jemand Hilfe, überlegten wir uns eine Lösung. Manchmal segneten wir einander einfach so. Singles passten gelegentlich auf die Kinder auf und ermöglichten den Ehepaaren, abends auszugehen. Kehrte jemand von einer längeren Reise zurück, wurde er am Flughafen von der ganzen Gruppe empfangen: Gemeindeversammlung am Airport!
Immer und überall geschah etwas und ergaben sich Gelegenheiten, sich über Christus auszutauschen und gemeinsam den Herrn zu lieben. Oder wir gingen spontan raus, um den Verlorenen zu dienen. Egal, was wir unternahmen: Der Geist war frei sich unter uns zu bewegen und die Richtung vorzugeben. Wenn wir uns versammelten, sah ich einen verherrlichten und wunderbaren Christus. Wir entdeckten immer wieder Neues an ihm. Und jedes Mal wollte ich ihn tiefer erkennen. Das Schuld- und Schamgefühl und das Gefühl von Wertlosigkeit waren weg. Leidenschaftlich suchte ich Christus besser kennenzulernen.
Ich verdorre nicht mehr am Weinstock. Ich habe die Freiheit der Christen entdeckt, die organisch zusammenkommen – wie in der Urgemeinde.
Kurzum: Dieses Buch versucht eine Vision von Gemeinde neu zu entwerfen, die organisch zusammengefügt ist und beziehungsorientiert lebt. Sie ist bibelgemäß in ihrer Gestalt und richtet sich an Christus aus. Sie ist trinitarisch geprägt und lebt gemeinschaftlich. Dabei vermeidet sie jedes elitäre Auftreten und verbietet sich sektiererisches Verhalten.
Ich lade Sie auf eine Entdeckungsreise ein, ganz neu zu erkennen, was es aus Gottes Perspektive heißt, Gemeinde zu sein. Unser gemeinsamer Ausgangspunkt ist das Neue Testament.