Читать книгу Ferienhaus für eine Leiche - Franziska Steinhauer - Страница 10

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»Was! In dem Ferienhaus war eine Leiche versteckt? Und sie hat die ganze Zeit dort gelegen, während wir in dem Sommarhuset Urlaub gemacht haben? Ein Leichnam?« Die Frau schrie fast, und ihre kippende Stimme klang unangenehm schrill.

Sie saßen im Wohnzimmer der Familie Pattersson.

Der Raum war kühl und elegant eingerichtet. An den makellos weißen Wänden hingen grellbunte moderne Bilder, die, so weit Lundquist das beurteilen konnte, allesamt Originale waren. Auf dem Boden aus hochglänzenden Landhausdielen lagen bunte Teppiche mit abstrakten Mustern. Die Möbel waren aus hellem Holz mit chromblitzenden Gestellen. Die schwere Glasplatte des Couchtisches ruhte auf einer dicken Metallkugel, ähnlich einer Kanonenkugel. Nichts in dem Zimmer deutete darauf hin, dass es von einer vierköpfigen Familie bewohnt wurde. Alles wirkte steril und völlig unpersönlich.

Selbst die Glasplatte war frei von den Abdrücken schmutziger, klebriger Kinderhände. Erstaunlich, dachte Lundquist, dessen Töchterchen überall an den Möbeln seiner Wohnung Spuren aus den unterschiedlichsten Stufen ihrer Entwicklung hinterlassen hatte.

Herr Pattersson legte beruhigend seinen Arm um die Schultern seiner Frau und warf Lundquist dabei einen bitterbösen Blick zu, so als sei der Hauptkommissar persönlich für diese ungeheuerliche Situation verantwortlich.

Seltsam ungleiches Paar, schoss es Lundquist durch den Kopf, als er sie auf dem weichen, weißen Ledersofa sitzen sah. Beide sehr gepflegt und modisch gekleidet; doch während Frau Pattersson eine große, schlanke und energische Erscheinung war, wirkte ihr Mann eher klein und knubbelig. Die Weste seines Designeranzugs hatte Mühe damit, seinen vorquellenden Bauch zurückzuhalten, die hellbeige Hose spannte über seinen dicken Oberschenkeln und während er sprach, fuhr er ruhelos mit seinen Patschhändchen über den edlen Stoff.

Die Beschützergeste des Ehemannes wirkte fehl am Platz, irgendwie falsch. Möglicherweise entstand dieser Eindruck dadurch, dass er sich angestrengt strecken musste, um die Schultern seiner Frau erreichen zu können.

»Tja, es sieht wirklich so aus«, bestätigte Knyst, und Lundquist, der glaubte einen genussvollen Unterton in seiner Stimme mitschwingen zu hören, unterdrückte ein Grinsen. Es war deutlich zu spüren, dass Knyst die beiden nicht mochte.

»Wie gut, dass die Kinder die Stange nicht finden konnten, mit der man die Bodenklappe öffnen kann! Stellen Sie sich nur vor, die beiden hätten beim Spielen die Leiche entdeckt!« Frau Pattersson schauderte, als sie sich diese Situation deutlicher auszumalen begann.

Knyst verzichtete darauf der Mutter zu erklären, dass eine fehlende Stange mit Haken die Kinder sicherlich nicht vom Stöbern auf dem Dachboden hatte abhalten können. Schließlich konnte man die Öse mit Hilfe eines Stuhls problemlos erreichen. Wenn sie tatsächlich nicht auf dem Dachboden waren, dann sicher nur deshalb, weil sie ein interessanteres Spiel gefunden hatten. Er schüttelte nachsichtig den Kopf.

Manche Eltern waren wirklich naiv.

»Wir würden die Kinder gerne dazu befragen«, begann Lundquist vorsichtig tastend und setzte hinzu, als er den aufbrodelnden Protest der Eltern bemerkte, »ganz vorsichtig natürlich und nur, wenn ihr damit einverstanden seid! Wir werden dabei das Todesopfer nicht erwähnen.« »Ich verstehe ohnehin nicht, was wir mit der Leiche zu tun haben sollen! Wie kam die überhaupt dort hin? Wieso kommt die Polizei eigentlich ausgerechnet zu uns?«, wollte Herr Pattersson wissen.

»Am wahrscheinlichsten ist doch wohl, dass die Leiche dem Hausbesitzer gehört, wie der gesamte Rest auch!«, erklärte seine Frau.

»Ihr habt dort gewohnt. Wir überprüfen nun alle Familien, die ihre Ferien in dem Haus verbracht haben. Und wie die Leiche auf den Dachboden gelangt ist, wissen wir noch nicht, genauso wenig wie durch wen. Vielleicht ist euch ja irgend etwas aufgefallen?«

»Nein!«, beteuerte Herr Pattersson. »Was hätten wir denn auch bemerken sollen? Meinst du, wenn wir jemanden gesehen hätten, der einen Sack oder Korb mit einer Leiche auf den Dachoden unseres Ferienhauses trägt, hätten wir nicht sofort die Polizei alarmiert?« Ehrliche Entrüstung war ihm anzumerken.

»Aber habt ihr denn den eigenartigen Geruch nicht bemerkt?«

»Ach Gott, ja, schon. Aber in den Ferienhäusern riecht es immer irgendwie muffig. Nach ein paar Tagen nimmt man das gar nicht mehr wahr. Man gewöhnt sich einfach daran!«, seufzte die Dame des Hauses und wurde plötzlich blass um die Nase.

»Olaf, könntest du bitte die Terrassentür etwas öffnen. Mir ist nicht gut«, stöhnte sie leise, lehnte sich zurück und strich mit leidendem Gesichtsausdruck durch ihre rote Mähne, die glänzend über ihre Schultern fiel.

Eilfertig sprang Herr Pattersson auf und zog die Schiebetür weit auf. Von draußen drangen die ausgelassenen Rufe der auf dem Rasen herumtobenden Kinder in den Raum. Von einer Sekunde auf die andere schien sogar dieser seelenlose Raum von Leben erfüllt.

Frau Pattersson erhob sich leicht schwankend, stellte sich noch immer sehr bleich an die Tür und atmete tief die kühle Luft ein, die würzig nach frisch gemähtem Gras und Laub roch.

»In Wirklichkeit wollt ihr wissen, ob wir nicht doch etwas mit der Sache zu tun haben könnten, nicht wahr?«

Das war keine Frage.

Es war eine Feststellung.

»Handelt es sich bei der Leiche eigentlich um einen Mann oder eine Frau?«, wollte Herr Pattersson wissen, bevor einer der Polizisten sich zu dem gemachten Vorwurf äußern konnte.

»Eine Frau. Etwa siebzig Jahre alt. Wir wissen noch nicht genau, woran sie gestorben ist. Aber das wird der Gerichtsmediziner schnell herausgefunden haben«, gab Knyst bereitwillig Auskunft. Eines war jedenfalls klar: Diese Familie konnte die Leiche nur dann zurückgelassen haben, wenn sie die Tote schon in verwesendem Zustand in Urlaub mitgenommen hatten. Sie verließen Gunnars Häuschen vor vier Wochen, doch nach dem Zustand der Leiche, war die Frau wahrscheinlich schon länger tot.

»Unsere Verwandtschaft ist vollzählig! Wir lassen keine Toten auf den Dachböden von Ferienhäusern zurück. Wir haben keine Erbtanten und keine wohlhabenden Eltern! Wir bringen niemanden um!«

»Du hast uns missverstanden«, versuchte Sven Lundquist die aufgebrachte Frau zu beruhigen. »Wir müssen uns doch bei allen Familien danach erkundigen, ob sie etwas Eigenartiges bemerkt haben. Wir fragen natürlich nicht nur bei euch nach. Es würde uns zum Beispiel sehr interessieren, ob ihr viele Tagesausflüge unternommen habt. Es wäre doch möglich, dass jemand in das Haus eingedrungen ist, als ihr unterwegs wart!«

»Wir haben fast jeden zweiten Tag weite Touren unternommen, Ganztagesausflüge, von morgens bis abends. Aber an den anderen Tagen waren wir selbstverständlich auch nicht die ganze Zeit über im Haus. Wir sind zu den Seen in der Umgebung gefahren und haben gebadet oder sind gerudert. Wie man das eben so macht im Urlaub!«

»Ist euch je bei eurer Rückkehr eine unverschlossene Tür oder ein offenes Fenster aufgefallen?«, fragte Knyst nach.

Die beiden sahen sich an.

Dann antwortete Frau Pattersson: »Ja, schon. Eigentlich sogar mehrfach«, gab sie etwas zögernd zu und fügte entschuldigend hinzu: »Wisst ihr, bei zwei quirligen Kindern, denen immer erst im Auto einfällt, was sie alles Wichtiges im Haus vergessen haben, kommt es schon mal vor, dass man am Ende vergisst die Tür abzuschließen. Ich will auch nicht behaupten, dass immer alle Fenster geschlossen waren. In den ersten Tagen haben wir noch die Kinderzimmer kontrolliert, aber dann …«

»Es wäre also möglich, dass jemand den Aufbruch der Familie beobachtete, und sich dann heimlich ins Haus geschlichen hat. Es kam euch nie wirklich so vor, als sei eine fremde Person in das Ferienhaus eingedrungen?«

»Nein. Es hat auch nie etwas gefehlt oder war verrückt, oder so.«

»Wenn wir jetzt mit den Kindern sprechen könnten …«, schloss Lundquist die Befragung ab und warf Knyst einen fragenden Blick zu. Der nickte und erhob sich aus seinem Sessel.

»Wir werden uns nur kurz mit ihnen unterhalten, ohne die tote Frau zu erwähnen, das verspreche ich – oder habt ihr da Einwände?«, fragte er.

Auch Lundquist hatte sich erhoben und meinte in versöhnlichem Ton: »Wenn ihr wollt, könnt ihr uns gerne begleiten. Wir werden nichts sagen, was die Kinder beunruhigen könnte.« Er lächelte freundlich und zögernd erklärten sich die Eltern mit der Befragung einverstanden, wenn man ihnen erlauben würde dabei zu sein.

Die Gruppe trat durch die Schiebetür in den Garten hinaus, und Herr Pattersson rief nach seinen beiden Söhnen. Missmutig, weil man sie in ihrem Spiel gestört hatte, aber dennoch interessiert an dem, was die beiden fremden Männer wohl wollten, kamen sie näher. Sie hielten die Köpfe gesenkt, als erwarteten sie für ein Vergehen zur Verantwortung gezogen zu werden. Der Vater stellte die beiden Ermittler vor und die Jungs sahen die Kriminalbeamten nun mit unverhohlener Neugier an.

Zwillinge, dachte Lundquist amüsiert und lächelte.

Als Anna mit Lisa schwanger war, hatte sie auch auf Zwillinge gehofft. Ihre Schwester und eine Tante hatten schon Pärchen bekommen und Anna fand die Vorstellung lustig, gleich zwei Babys zu haben. Sie hatte davon geträumt, dass sie die beiden immer gleich anziehen würde und sich ausgemalt, wie sie miteinander spielen würden. Doch nach dem ersten Ultraschall musste sie sich damit abfinden, dass sie nur ein Baby erwartete. Ein »Einzelbaby« eben. Er erinnerte sich noch genau an ihren schelmischen Gesichtsausdruck, als sie meinte, dann müsse man eben beim nächsten Mal wieder hoffen.

Und dann war alles ganz anders gekommen.

Lundquist ging in die Hocke, um mit den beiden während des Gesprächs auf gleicher Höhe zu sein und ihnen zu ermöglichen, ihm ins Gesicht zu sehen.

»Wie heißt ihr denn?«, eröffnete er das Gespräch und wusste, dass das kein besonders origineller Anfang war. Beide Jungs waren strohblond und hatten vom Toben und der Aufregung gerötete Wangen. Ihre Jeans hatten grünverfärbte Knie und ihre bunten T-Shirts waren voller Erde. Auch die runden Gesichter waren lehmverschmiert. Einer der beiden trug den Ball, lässig wie ein Profifußballer, in der Armbeuge und gab sofort bereitwillig Auskunft.

»Ich bin Frieder – und das ist Bengt«, und er setzte eilig hinzu, damit es nur keine Missverständnisse gab: »Ich bin der Ältere!«

»Aha! Und wie viel bist du älter?«

»Eine halbe Stunde!«, verkündete der Junge stolz und straffte sich, um größer zu erscheinen. Seine hellgrünen Augen blitzten und er plusterte sich auf.

Knyst hatte Mühe, sich ein Schmunzeln zu verkneifen, das ihm von dem Jungen mit Sicherheit sehr übel genommen worden wäre.

»Sie haben in zwei Monaten Geburtstag, dann sind sie sechs. Ab nächstem Jahr gehen sie in die Schule«, ergänzte der Vater.

Lundquist beugte sich etwas vor und sah dabei den Jungs fest in die Augen. »Haben euch die Ferien gefallen?«

»Ja! Wir haben in einem schönen Haus gewohnt, und in der Nähe war ein See mit einem Ruderboot. Mit dem sind wir ganz weit auf den See gerudert. Mama hat sich schon richtig Sorgen um uns gemacht, stimmt’s?«

Frau Pattersson lächelte und nickte bereitwillig.

»Und ihr habt bestimmt viel gespielt. Hattet Ihr denn genug Platz zum Toben?«

»Das Haus hatte einen Garten. Der war kleiner als der hier, aber dafür nicht so ordentlich. Man durfte überall rumtoben und musste nicht dauernd aufpassen, dass der Ball nicht in die Blumen fällt oder man beim Fangen nicht aus Versehen durch ein Beet läuft«, erzählte Frieder.

Herr Pattersson räusperte sich leise.

»Aber das Haus war auch prima«, ergänzte nun Bengt, der auch zu Wort kommen wollte. »Wir sind überall rumgekrochen. Und im Keller gab’s ganz dicke Spinnen!«

Sven Lundquist brummte anerkennend, als der furchtlose Bengt ihm die Größe einer mittleren Suppenschüssel andeutete.

»Ja. Wir haben sie gesammelt und in einen Pappkarton gesetzt. Aber Mama wollte sie nicht behalten und wir mussten sie auf der Wiese freilassen.« Vorwurfsvoll sah er seine Mutter an, die seinen biologischen Interessen wohl nur wenig Gegenliebe entgegenzubringen vermochte. Ein Problem, dass viele Kinder hatten, dachte Knyst bedauernd und nahm sich vor, bei seinen eigenen Kindern verständnisvoller zu sein. – Später einmal, wenn es dann so weit war …

»Und wart ihr eigentlich auch auf dem Dachboden?«

»Klar«, jetzt hatte Frieder wieder das Antworten übernommen.

Die Mutter stieß einen leisen Schrei aus, schlug die Hand vor den Mund und griff mit der anderen nach dem Arm ihres Mannes. Knyst beugte sich gespannt vor und Lundquist hielt den Atem an. Jetzt, jetzt würden sie erfahren, was die Kinder dort gefunden hatten.

»Da waren lauter alte Sachen. Möbel und alte Matratzen. Alles war staubig und kaputt.«

»Ja. Und es hat gewaltig gestunken da oben«, setzte Bengt hinzu.

»Wonach hat es denn gestunken?«, wollte Lundquist wissen.

»Na, dass wissen wir doch nicht genau. Wegen der Hornissen!«

Verständnislos sah der Hauptkommissar den Jungen an. »Wegen der Hornissen?«

»Ja, klar. Die hatten dort oben ein Nest gebaut, dass war sooo groß.« Er deutete mit seinen Armen die Ausmaße eines kleinen U-Boots an. Lundquist zeigte sich angemessen beeindruckt.

»Und was war mit dem Nest?«

»Na, wir konnten doch nicht die tote Ratte suchen, weil die Hornissen uns nicht gelassen haben«, erklärte Frieder, als staune er darüber, dass man Erwachsenen so etwas überhaupt erklären musste.

»Wieso die tote Ratte?«, wollte Knyst wissen.

Frieder seufzte nun laut und vernehmlich. Dann war er aber doch bereit, etwas so Offensichtliches den fremden Polizisten zu erläutern:

»Unsere Katze Minka hat vor einem Jahr eine Ratte gefangen. Mami hat es nicht bemerkt. Minka hat die tote Ratte dann in der Garage versteckt. Papa hat ganz lange gesucht, weil es doch so komisch gerochen hat. Unter dem Regal, hinten in der Ecke, hat er sie dann gefunden. Sie sah ganz komisch aus und wir haben sie schnell in den Mülleimer geworfen, damit Mami sie nicht sieht. Papa hat sie mit einer Plastiktüte am Schwanz angefasst und am langen Arm getragen.« Er spielte die Szene vor und zeigte auch, wie Papa sich mit der anderen Hand die Nase zugehalten hatte. »Aber warum hast du gedacht, dort auf dem Dachboden sei eine tote Ratte?«

»Na wegen dem Geruch!« Bengt wurde nun ungeduldig. »Es hat also genau so wie damals in eurer Garage gerochen?«, fragte Lundquist noch einmal nach.

»Ja. Aber die Hornissen haben uns immer angegriffen, wenn wir suchen wollten. Da haben wir es gelassen.«

»Hornissenstiche tun nämlich weh!«, setze Bengt hinzu. »Warum habt ihr mir nichts davon erzählt?«, mischte sich Herr Pattersson in die Erzählung seiner Sprösslinge ein. Die Brüder hatten seine Anwesenheit wohl vergessen und zuckten jetzt deutlich zusammen.

»Weil du uns verboten hattest, auf dem Dach rumzukriechen«, gestand Bengt kleinlaut und beide senkten schuldbewusst ihre Köpfe.

»Aber uns habt ihr damit prima geholfen!«, tröstete Lundquist die beiden unerschrockenen Abenteurer. Dann stand er auf und drehte sich zu den Eltern um: »Ohne ihre Zwillinge hätten wir wichtige Informationen nicht bekommen. Ihr solltet stolz auf eure beiden Entdecker sein.«

Sie verabschiedeten sich von der Familie und sahen, wie die Mutter ihre Söhne mit ins Haus nahm. Die ersten Vorboten eines heftigen Unwetters trübten bereits das Tageslicht, als sie wieder in ihren Wagen stiegen.

»Also ich glaube, ich könnte nicht mit einer Frau glücklich sein, die so viel größer ist als ich, da bin ich mir ganz sicher! Seltsames Paar, findest du nicht?«

»Keine Sorge, Lars«, lachte Lundquist. »Was die Größe angeht, kann dir deine Gitte doch wohl kaum gefährlich werden!« Lars Knyst lachte mit. Seine Freundin war besonders klein und zart, wirkte neben ihm immer zerbrechlich, geradezu winzig.

»Stimmt. Da kann mir nichts passieren!«, räumte er ein, »bei 187 Gesamtzentimetern sind in der Hinsicht überhaupt nur wenig Probleme zu erwarten.« Dann fuhr er fort: »Strenger Vater. Die beiden hatten richtig Angst vor ihm. Hast du gesehen, wie still sie wurden, als ihnen wieder einfiel, dass er hinter uns stand? Hoffentlich bestraft er sie jetzt nicht noch nachträglich.« Knyst war besorgt und klang verärgert.

»Ich denke nicht. Schon deshalb nicht, weil er befürchten muss, dass sie uns bei einem nächsten Besuch davon erzählen.«

»Was wissen wir jetzt, nach diesem Besuch, außer, dass er ein strenger Vater ist und ihre Wohnung nicht bewohnt, sondern wie auf einem Foto aus einem Prospekt wirkt? Die Jungs haben gemerkt, dass es komisch gerochen hat«, begann er mit einer Zusammenfassung.

»Das wird ja dann wohl die Leiche gewesen sein. Das heißt, sie war schon in der Truhe, als die Patterssons eingezogen sind. Oder jemand hat sie, während die Familie einen Ausflug machte, dort versteckt. Aber damit wäre er ein ziemliches Risiko eingegangen. Die Patterssons hätten jederzeit zurückkehren und ihn überraschen können. Und die Stange mit dem Haken war zu dem Zeitpunkt auch schon nicht mehr zu finden.«

»Das hat der Besitzer, Gunnar Hilmarström, gestern auch ausgesagt. Er musste die Klappe von Hand öffnen, weil die Stange nicht zu finden war. Vielleicht hat der, der die Leiche dort oben versteckte, die Stange verschwinden lassen, damit es nicht so ganz einfach war auf den Dachboden zu kommen.«

»Wir werden bei den anderen Befragungen darauf achten müssen. Bernt soll den Kollegen in Deutschland und Italien Bescheid sagen, dass sie danach fragen sollen.«

»Sag ich ihm. Was jetzt?«, fragte Knyst, während sie über die leeren Straßen fuhren.

»Erst essen wir was. Danach fahren wir zurück ins Präsidium und sehen nach, ob Dr. Mohl inzwischen ein bisschen mehr über die Tote verraten kann. Danach flitze ich noch schnell zum Arzt. Vielleicht kennt er ein Zaubermittel gegen meine Übelkeit und die Kopfschmerzen. In der Zwischenzeit soll Bernt in Erfahrung bringen, ob die Patterssons nicht doch eine Verwandte haben, die sie beerben könnten und die seit dem Sommer verschwunden ist. Ich bin mir ziemlich sicher, dass das Opfer schon länger tot ist, und die beiden wirken nicht, als ob sie mit einer verwesenden Leiche in die Ferien aufbrechen würden, aber sicher ist sicher. In der Besprechung legen wir dann den ›Fahrplan‹ für morgen fest.« Danach lehnte er sich zurück und schloss die Augen.

Er konnte sich auf sein Team verlassen. Sie hatten schon mehrere Fälle in dieser Besetzung gelöst und jeder wusste genau, was er vom anderen erwarten konnte. Bernt würde den Kontakt zum Ausland halten, Britta und Ole telefonierten den einzelnen Familien hinterher, und wenn die Berichte aus der Pathologie und von der Spurensicherung vorlagen, würden sie die erste Richtung ihrer Ermittlungen festlegen. Er seufzte. Vielleicht würde er ja im Alter ruhiger werden, aber im Moment fühlte er sich wie ein wütender Bulle, der kampfbereit mit den Füßen im Sand scharrte und wegen des Stricks um seinen Hals nicht weiterkam.

Ferienhaus für eine Leiche

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