Читать книгу 0 oder 1 - Franziska Thiele - Страница 8

-Erzähler-

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Das Ich, das seine Geschichte erzählen will, hat bei seiner Geburt den Namen Markus erhalten. Markus durchlief zunächst die allgemeinen für Kinder vorgesehenen Maßnahmen wie Kindergarten und Schule, die von der Regierung seit jeher eingeführt worden waren, um das Wissen der Bevölkerung zu kontrollieren und in zielgerichtete Bahnen zu lenken. Natürlich galt es auch, den Menschen sogenannte Tugenden anzutrainieren, damit nicht jeder machte, was er wollte, sondern im besten Fall nur das, was er sollte. Markus durchlief wie alle anderen auch jene Schullaufbahnen und später versuchte er sich an der Universität mit einem Studium. Er tat es mehr, weil auch die anderen nach der Schule auf die Uni gingen und er nicht wusste, was es ansonsten für alternativen gebe, gut eine Ausbildung, aber das hätte wohl ähnlich schnell bei ihm geendet. Ob es überhaupt Alternativen gab zu all dem, das fragte er sich schon damals. Es gab kaum ernst zu nehmende. Doch saß er hier und da dabei, ohne zu wissen, warum und wofür. Er war nicht der einzige, dem es so erging, doch lag es auch an seiner etwas widerspenstigen Natur, diesem inneren Widerwillen, dass er es irgendwann bleiben ließ. Stattdessen blieb er zu Hause und verstand sich darauf Blogs und Webseiten, Homepages für Freunde und Bekannte zu entwerfen und schaffte es auch allein damit zu überleben, wenn auch das Geld immer knapp und nahe am Nullpunkt war. Freilich lag für ihn noch etwas mehr dahinter, denn er, der sich stets in den Systemen gequält sah und der sich daher zurückzog, er wurde in seinem Bekanntenkreis auch der Ansprechpartner für diejenigen, die wie er irgendwann nicht mehr wollten und konnten, denen der rechte Sinn, den Markus nie entdeckt hatte, abhanden gekommen war. Einer Freundin – er hielt es für eine Beziehung, sie für eine Affäre - ihr verhalf ihr mit einer Homepage, Sprachunterricht über das Internet zu geben, nicht zuletzt, um sie in seiner Nähe zu haben. Leider verließ sie ihn kurz darauf, doch das war schon sehr lange her. Er half bei der Umsetzung von Ideen und arbeitete manchmal ganz ohne etwas dafür zu verlangen, es ging ihm mehr und mehr um die Sache, darum, andere Wege aufzuzeigen, Wege, die nicht zu den dafür vorgesehenen Straßen führten, sondern ganz neue Spuren hinterließen. Die Menschen, die ihn sahen, wie er zu ungehörigen Zeiten im Café saß und scheinbar nichts arbeitete, missbilligten ihn oder wollten auch ein kleines Stück der Freiheit haben, was in Neid und Missgunst endete. Bald hatte Markus jede Menge zu tun, denn es sprach sich herum und wenn jemand nichts zahlen konnte für seine Dienste, sollten sie erst im Falle eines erfolgreich eingeschlagenen Weges zahlen. Es wurde ihm zu einer Ideologie, die Menschen freier zu machen. Freiheit bedeutet mehr Selbstverantwortung, pflegte er immer zu erklären. Und: „Vergleichswirtschaft der Menschen macht die Menschen nur kaputt.“ Auch das zählte zu einen seiner Lieblingssätze. Natürlich gab es all dies bereits, nur schaffte es Markus durch eine zunehmende Akzeptanz, eine Menge Menschen um ihn herum, überdurchschnittlich mehr als sonst bei einer frei gewählten Menge von Studenten, über das Internet zu einer unabhängigen Arbeitsvariante zu verhelfen. Er entwickelte ein gewisses Selbstvertrauen und die Überzeugung, dass er den staatlichen Apparat auflockern konnte. Jahre später sollte er, der die Entwicklungen zu dieser Zeit nicht voraus zusehen wagte, sich selbst starke Vorwürfe genau über dieses seine Denken machen. Nun, die Tatsache lag weit unterhalb seiner Denkweise: es war nicht nur nicht unwichtiger, als er dachte, doch verhalf es einzelnen Menschen zu dem geplanten Ablauf, der alle Menschen in die virtuelle Welt befördern würde. Was Markus getan hat oder nicht, es hatte kaum einen Einfluss auf die zukünftige Entwicklung. Tatsächlich schloss er sich mit jenen zusammen, denen er zu einer Arbeit hatte helfen können, um den Menschen die Möglichkeiten zu zeigen und er verfasste sogar ein Essay für eine bekannte Zeitung mit eben jener Aufforderung an die Menschen, die Möglichkeiten des freien Internets zu nutzen. Folgendes schrieb er damals nieder. Freilich gab es einige Antworten auf das Essay, aber alles blieb im Rahmen dessen, was nicht zur Gefahr für irgendwelche Obrigkeiten werden konnte und auf den für Langzeit vorgesehenen Plan sogar ungewollt vorbereitete.

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