Читать книгу Die letzten Söhne der Freiheit - Franziska Wulf - Страница 5

Prolog

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Noch färbte das Glühen der untergegangenen Sonne den Horizont, als sich über den versammelten Männern, Frauen und Kindern bereits die ersten Sterne zeigten. Zwei Feuer warfen ihren zuckenden Schein auf Rinder, Pferde und die Druiden, die unter der alten, heiligen Eibe ihre Opfer darbrachten. Es war Beltaine, der Beginn des Sommers, das wichtigste Fest im Jahr. Mit leuchtenden Augen beobachtete ein fünfjähriger Junge den Gottesdienst. Noch war Duncan zu jung, um mit den anderen Knaben das Vieh zu bewachen. Doch bald würde auch er die Pferde und Rinder in der Nacht vor Beltaine hüten dürfen!

Er sah zu seiner Mutter auf, die sein schlafendes Schwesterchen auf dem Arm trug. Liebevoll lächelte sie ihm zu und streichelte sein volles, blondes Haar, als hätte sie seine Gedanken erraten. Dann stimmten die Druiden einen Gesang an und begannen, das Vieh zwischen den beiden Feuern hindurchzutreiben. Dieses Ritual sollte es vor Krankheiten schützen.

Doch ihr Gesang wurde übertönt von dem hellen, durchdringenden Klang einer Trompete und dem Geräusch unzähliger Waffen und Rüstungen. Heile schwirrten durch die Luft, und mehrere Druiden brachen tödlich getroffen zusammen. Ein Aufschrei ging durch die Versammelten.

»Römer! Die Römer kommen!«

Augenblicklich wandten sich alle zur Flucht. Das Sirren der Pfeile übertönte beinahe die Schreie der verzweifelten Männer und Frauen, die versuchten, ihre Familien vor den anrückenden Römern in Sicherheit zu bringen.

»Duncan, hör mir gut zu!« Die Mutter kniete vor ihm nieder. »Nimm Nuala und such euch ein Versteck! Bleibt dort, bis die Römer fort sind!«

»Warum willst du nicht mit uns kommen?«

»Duncan, es ist nicht der Zeitpunkt, um mit dir zu streiten! Du mußt tun, was ich dir sage!« Sie gab ihm einen hastigen Kuß auf die Stirn. »Lauf, mein Junge, und paßt auf euch auf!«

Gehorsam nahm Duncan seine Schwester an die Hand und zog sie mit sich fort. So schnell er konnte, lief er zu einem Gebüsch und kroch mit ihr hinein. Während Nuala sich weinend an ihm festklammerte, beobachtete Duncan, was geschah. Römische Soldaten mit blutigen Schwertern liefen dicht an dem Gebüsch vorbei. Er sah, wie ein Soldat einer Frau die Kleider vom Leib riß, sie zu Boden stieß und sich auf sie warf. Ein Mann in einer glänzenden Rüstung stand an einem der Feuer. Er war kleiner als die meisten der Soldaten, und doch schienen die anderen seinen Worten zu gehorchen.

Allmählich wurde es ruhiger. Als die Römer jedoch begannen, die heilige Eibe zu fällen, flammte der Widerstand der Überlebenden erneut auf. Duncan sah, wie seine Mutter versuchte, die Soldaten an der Schändung des Heiligtums zu hindern, doch sie wurde überwältigt. Zwei Soldaten zerrten sie zu dem Mann am Feuer. Auf einen kurzen Befehl hin zog einer der Soldaten sie brutal an den Haaren nach hinten und schnitt ihr mit einem Dolch die Kehle durch. Mitleidlos lächelnd sah der Römer in der glänzenden Rüstung zu. Ein Schmerz, als würde ihm jemand ein glühendes Eisen ins Herz stoßen, durchfuhr Duncan. Während sich seine Augen mit Tränen füllten, packte ihn ohnmächtige Wut. Vielleicht war er noch nicht alt genug, um alles zu verstehen, was um ihn vorging. Aber er war alt genug, um zu hassen. Die Flammen erhellten das Gesicht des Römers und brannten sich ebenso unauslöschlich in Duncans Gedächtnis ein, wie ein Wort, welches immer wieder ertönte und von dem er vermutete, daß es ein Name war.

»Agricola ...«

Die letzten Söhne der Freiheit

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