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1. 1. Fortschritt

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Der seit der klassischen Geschichtsphilosophie - für die vor allem die Denker Immanuel Kant, Johann Gottlieb Fichte und Georg Wilhelm Friedrich Hegel stehen - allseits bekannte Gedanke des Fortschritts ist brüchig geworden. Es ist übrigens Friedrich Rapp gewesen, der in seinem Buch: „Fortschritt“ auf diese Brüchigkeit bereits hingewiesen hat. Diese Philosophie ging davon aus, dass sich über das Vehikel der Geschichte ein rein positiv gefasster Fortschritt auf allen wichtigen Ebenen gesellschaftlichen und damit auch ökonomischen Lebens gleichsam von selbst vollziehen werde. Denn als Subjekt des Fortschritts wurde die Geschichte selbst ausgemacht, die eben das Fortschreiten wolle, verlange, fordere oder gar erzwinge. Und wer sich dieser Sichtweise gedanklich widersetzte und dagegen Einspruch erhob, der galt als altmodisch, als nicht auf der Höhe der Zeit stehend und durch das sich entwickelnde Leben als widerlegt. Diesem Fortschrittstheorem entspricht das ökonomische Wachstumstheorem: Die Rede vom Wachstum im Sinne der Zunahme des Wohlstandes einer Gesellschaft taucht wohl zum ersten Mal im Zusammenhang der allgemein übernommenen Geschichtsphilosophie im 19. Jahrhundert auf und gehört nun zum festen Bestand des wirtschaftswissenschaftlichen Denkens unter dem Begriff „wirtschaftliches Wachstum“. Fortschritt und Wachstum zählen seither zu den Signa einer verheißenden Politik, die auf diese Weise die Zeit in Anschauung der verheißenen Zukunft gestalten will. Dieses Fortschrittstheorem aber ist in seiner gesamtgesellschaftlichen Ausrichtung und auch in seiner ökonomischen Spielart fraglich geworden. Denn sowohl die wirtschaftlichen als auch die gesamtgesellschaftlichen politischen Verhältnisse sind vor allem seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts derart gestaltet, dass dem bis dato normativen, positiven Fortschrittsbegriff der genetische, wertneutrale Fortschrittsbegriff im öffentlichen Bewusstsein gleichberechtigt zur Seite getreten ist. Darin kommt die Erkenntnis zum Ausdruck, dass jeder Fortschritt immer auch eine Zweischneidigkeit, eine Doppelseitigkeit aufweist. Der genetische Fortschrittsbegriff macht darauf aufmerksam, dass der Mensch - als langsames Wesen - in seinen alltäglichen Lebensvollzügen dem immer schneller werdenden Fortschritt schlicht hinterherhinkt. So stellt sich heute die notwendige Frage, ob der Mensch auch alles tun darf, was er durch das Fortschreiten in Wissenschaft und Technik theoretisch tun kann. Das aber ist eine ethische Fragestellung. Seitdem aber bedarf jede Fortschrittsentwicklung immer auch der ethischen Begleitung und einer lebensbezogenen Befragung. Diese Fragestellung aber verdeutlich eben die Brüchigkeit des klassischen Fortschrittsbegriffes.

Ersichtlich wird dies etwa im Bereich der Arbeitswelt, in der ein technischer Fortschritt im Rahmen der wirtschaftlichen Verhältnisse nicht mehr selbstredend als Fortschritt zur Ermöglichung eines gemeinsamen, guten Lebens für die Gesellschaft und Gemeinschaft angesehen wird. Denn das Fortschreiten in Arbeitsprozessen und technischen Entwicklungen, verheißend Innovationen genannt, birgt die Gefahr der Reduzierung von Möglichkeiten der Erwerbsarbeit in sich. Damit aber tut sich ein circulus vitiosus, ein Zirkelschluss auf: Das Fortschreiten in den Entwicklungen und Erforschungen untergräbt das Theorem von der Vorherrschaft der gesellschaftlich getragenen Sinnstiftung durch Arbeit. Und ebenso führt wirtschaftliches Wachstum nicht zwangsläufig zur Erhöhung und Verbesserung der gesamtgesellschaftlichen Verhältnisse. Denn wirtschaftliches Wachstum kann sich auch auf die Vermehrung von Kapital beziehen, ohne dass damit gleichzeitig die Quote der allgemeinen Erwerbsarbeit erhöht wird. Allein der alltägliche Blick auf das Börsengeschehen lehrt uns das.

Denken und Führen

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