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4.

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Jemand hatte den Garten in all den Jahren gepflegt. Die Sträucher zurückgeschnitten, die Beete in Schuss gehalten. Hie und da spitzten Krokusse aus dem Rasen, und der Weißdorn in der Hecke bildete erste grüne Blättchen aus. Der Regen hatte aufgehört, der Himmel riss ein Stück auf. Mia schritt langsam durch den Garten. Unter ihren Boots schmatzte der Boden. Vor der Pergola standen große Terrakottatöpfe, in denen Reste von Tomatenpflanzen kompostierten.

Sie war nie wieder hier gewesen, seit André ausgezogen war. Das Studium hatte sie abgelenkt, Bamberg lag seinerzeit in weiter Ferne. Dann war sie zurückgekehrt. Wahrscheinlich, weil jeder irgendwann zurückkehrte und die Konfrontation mit irgendetwas suchte. Und wenn es nur die Konfrontation mit der Wirklichkeit war, dass sie keinen Job fand mit ihrem Abschluss. Jedenfalls nicht so schnell und nicht so leicht, wie sie es sich erhofft hatte.

Damals, zu Ostern, hatte Monika die Sträucher mit selbst bemalten Ostereiern geschmückt. Einen Strauch mit gelben, einen mit blauen. Sie hatte Spaß daran gehabt. Eine Macherin, die andere an ihrer Kreativität gern teilhaben ließ.

Mia blieb stehen. Die Fenster sahen sauber aus, als hätte jemand sie gerade erst geputzt. Bestimmt würde das Haus nicht allzu lange leerstehen. Nicht in der Lage. Sie trat in die Pergola. Stühle und Tisch duckten sich unter einer Plastikfolie. Bald würde man wieder draußen sitzen können. Wie damals, in jenem Sommer, als Mia und Monika beratschlagt hatten. Was soll ich studieren?, war Mias drängendste Frage gewesen. Sie hatte so viele Interessen. Jede Entscheidung für ein Studienfach bedeutete eine Entscheidung gegen ein anderes.

Eine Hummel surrte durch die Luft.

So früh im Jahr?

»Aber es ist doch bald Ostern«, hörte Mia eine Stimme.

Sie fuhr herum. Da war niemand. Das Haus lag leer und still. Kein Lebenszeichen.

Mias Herz hämmerte. Es tat ihr nicht gut, hier zu sein. Monika war tot. Das bewies der Schädel. Sie und André hatten eine Aufgabe vor sich: herauszufinden, was mit Monika geschehen war.

Jemand hatte sie umgebracht. Suizid kam einfach nicht infrage. Monika Böhme war ein lebensbejahender, offener, praktischer Mensch gewesen. Sie und André hatten Träume und Pläne: Dieses Haus, anschließend eine Familie, möglichst zwei Kinder, ein Hund. Das hatte Monika oft gesagt und dabei herzlich gelacht. Weil der Hund unbedingt zu dem Bild einer perfekten Familie dazugehörte. Genauso wie das Haus mit Garten.

Auch im Job gab es keine Probleme. Als Monika verschwand, hatte sie längst eine Festanstellung in einem großen Architekturbüro. Eine kluge, ehrgeizige Frau, die ihr Job mit Freude erfüllte.

Nein. Sie hatte sich nicht umgebracht. Sie war getötet worden, und der Mörder lief seit elf Jahren da draußen in der Welt herum, ohne je belangt worden zu sein. Ein Mensch, den niemand als Täter in Betracht gezogen hatte. Und Monika Böhme bestand nur noch aus einer Datenspur in der Vermisstenkartei der Polizei.

Ich muss herausfinden, was passiert ist. Wenigstens das.

Die Wolken zogen sich weiter zurück, Sonnenstrahlen brachten den nassen Garten zum Glitzern. In Kürze würden Büsche und Bäume üppig blühen. Mia schluckte die Tränen hinunter. Sie drückte die Nase gegen die Fensterscheibe. Im Wohnzimmer, von Monika und André so liebevoll eingerichtet, standen nun schlichte Möbel, frisch aus dem IKEA-Katalog: Tisch und Stühle, ein Sofa, eine Schrankwand. Wahrscheinlich vermietete besagte Firma das Haus möbliert.

Ich muss Monikas Mörder finden.

Mia hatte das Gefühl, der Satz sei tief aus ihrem Inneren hervorgekrochen. Ein unumstößlicher Entschluss. Eine Entscheidung, an der sie sich festhalten konnte.

Tief durchatmend wandte sie sich vom Haus ab und ging langsam zum Grundstück ihrer Eltern zurück.

Die Meldung im Internet – die würden nicht nur sie und André gesehen haben.

Sondern sehr wahrscheinlich auch der Mörder.

Osterläuten

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