Читать книгу Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué - Friedrich de La Motte Fouque - Страница 10

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Inhaltsverzeichnis

Am nächsten Tage bereits hatte Alwin im Fenster, welches Anselmo besang, das liebliche Gesichtchen Alinens erblickt, und überhaupt konnte ihm das Verhältniß Beider fast nicht einen Augenblick verborgen bleiben. Die ganze Welt sprach davon. Balderich, der tapfre Kriegsoberste, war Alinens Vater, und hatte sich bestimmt gegen eine Verbindung mit dem jungen Italiäner erklärt, so wohl er auch mit dessen kühnem Verhalten auf mehrern kleinen Zügen zufrieden gewesen war. Seine Abwesenheit schaffte beiden Liebenden einige Freiheit, welches man mit allgemeiner Theilnahme bemerkte, gleich als freue es auch die dumpfesten Creaturen, zwei liebliche Gestalten vereinigt zu sehn, und in ihrem Sonnenschein zu spielen. Auf eine ähnliche Weise erkannte man nach einigen Wochen Alwins Verhältniß mit Beatrix an. Es war keine eigentliche Erklärung vorgefallen, zu Alwin's Mißvergnügen, der gern einen so feierlichen Moment erlebt hätte, von dem seine alten Romanzen öfters sangen, seine liebe Mährchen plauderten, aber man wußte, daß man sich liebte, nannte sich, wo man unbemerkt war, fast immer mit dem vertrauten Du, ja man entwarf manch ein lustiges Plänchen für die Zukunft. So ähnliche Lagen knüpften die Freundschaft der beiden jungen Männer immer fester, und auch die Mädchen, sonst wenig mit einander bekannt, schlossen einen traulichen Bund, welcher bald, ein vierblättriges Kleeblatt, Glück und Eintracht bedeutend, aufzusprossen begann.

In dieser Zeit geschah es, daß Mathilde an einem heitern Abend von einem nahen Maskenballe sprach. Nur, sagte sie, möchte ich nicht gern, daß sich Alles anfinge, wie ein andrer gewöhnlicher Tanz, wo erst dieser, dann der Andre in den Saal tritt, die Geigen gestimmt werden, und endlich die Füße nach und nach in Bewegung gerathen. Wie mit einem Zauberschlage müßte Alles in die phantastische Maskenwelt hinüber geblitzt seyn, weit hinter uns zurück bleiben, was an Gestern und Morgen erinnern darf, und ich weiß dazu keinen bessern Rath, als einen hübschen poetischen Eingang, den uns Alwin dichten soll. Leiht uns Eure Schwingen, lieber Paradiesvogel, sagte sie, sich an ihn wendend, wir leihen Euch dafür ein Andermal unsre Füße.

Alles ward im lustigen Kreise bald verabredet und festgesetzt, auch Jeglichem eine Rolle verheißen, nur daß die Gräfin wider Anselmo eine Ausnahme machte. Ihr werdet ein Juweel unsres Festes sein, Euch Eurer eignen Tollheit überlassend, aber Alles mit Euerm Lachen verderbend, wenn Ihr anderthalb Verse im Sinn behalten sollt.

Alwin dichtete, man lernte auswendig, probirte, und der fröhliche Tag kam heran.

Mathildens hoher, gewölbter Saal war in einen künstlichen Garten umgewandelt. Pomeranzenbäume aus den Treibhäusern, boten ihre goldne Früchte über das Fichtengebüsch hervor, womit man ihre Kasten unsichtbar gemacht hatte, noch wunderbarer lachten purpurne und azurne Aepfel im hellen Lichte der Illumination durch schwärzliche Tannenzweige; Lampen, goldne Ketten, Blumen bildeten Kränze und Guirlanden mannichfacher Art.

In solcher Umgebung erschien Mathilde; schön in ihrer eigenthümlichen Herrlichkeit, reich geschmückt, als eine Fürstin des Geisterreiches. Golden, von Edelsteinen blitzend das Diadem auf der weißen Stirn, der Locken phantastisch Geflecht wie zum Kranze zusammenhaltend, ein Purpurmantel, mit Hermelin aufgeschlagen, in reichen Falten ihren Gang umfließend, und ein wundervoller Gürtel, aus grünen Steinen zusammengesetzt, verschloß das jungfräulich weiße Unterkleid. Sie sagte folgende Verse:

Des Purpurs Kind, geboren auf dem Thron,

War schon die Wiege mir ein Königshaus.

Vortretend in die Welt, hat jeder Schritt

Erweitert mir das angeerbte Reich,

Von da, wo nur allein der Name gilt,

Bis wo der Schönheit siegende Gewalt

Zu ihren Füßen Schwerdt und Scepter sieht.

Und nun, – o weh, so grundlos tiefem Fall! –

Nun weil' ich, Königstochter, tief im Berg,

Verstrickt von argen Zaubers Gierigkeit,

Wohn' unten in dem Pallast wilder Macht.

Lud darum mich des Bades Plätschern ein?

Bot darum sich der Grund als heller Kies

Dem Auge dar, als Silberspiel der Bach?

Kaum daß ich, solcher Gastlichkeit vertrau'nd,

Den Fuß genetzt, so zog es mich hinab,

Hinab, hinab, bis wo mein Klagelaut

Nicht mehr des Vaters hohe Burg erreicht.

Weh' kronentragend, götterähnlich Haupt!

Weh' dir in deiner grausen Einsamkeit!

Cithern und Flöten klangen hierauf aus den Gebüschen, von folgenden Worten begleitet:

Einsam, Prinzessin?

Einsam, unter den murmelnden

Spielen des Quells?

Unter den winkenden

Lichtern der Frucht?

Einsam? Sag', o Prinzessin,

Sag', was Dir fehlt?

Prinzessin.

Nicht hier umfaßt die traute Heimath mich,

Und nur, wo sie aufbaut ein friedlich Dach,

Erinnernd spielt mit Luft und Wog' und Laub,

Lacht ein gesell'ger Wink durch die Natur.

Hier kennt mich nichts, hier kenn' ich nichts – vergebens

Mein Ruf, – ich bleib allein! Allein! Allein!

Stimmen.

Schaffe die Heimath,

Schaff' sie Dir neu.

Sage, was lockt Dich nach oben?

Willst hohe Gebirge?

Willst schwellende Meere?

Willst Luftgebilde seltsamer Art?

Flammen, in wunderlich wechselndem Spiel?

Befiehl! Wir bilden's Dir Alles.

Wir haben den Garten Dir aufgebaut,

Dir Knospen und Blumen erschlossen,

Früchte geröthet,

Während's von Schnee und Eis

Starrt auf der Erde,

Wo Du daheim warst.

Fordre! Du siehst uns allmächtig,

Hörst unser Singen,

Kannst mit uns plaudern, –

Was willst Du mehr?

Prinzessin.

Eur wunderliches Gaukeln weckt mir Furcht

Im tiefsten Herzen auf, Eu'r tönend Wort,

Gestaltlos, zieht untröstlich mir vorbei.

Mein Auge sendet feuchten Strahl hinaus,

Durch Busch und Anger, sehnsuchtvolles Spähn

Nach wohlbekannter menschlicher Gestalt,

Singt nicht; Ihr singt mir nur ein Todtenlied.

Blüht nicht; Ihr blüht mir nur zum Todtenkranz,

Ich will Euch nicht mehr hören, will nichts schau'n,

Nichts ahnen! Fort.

Hier trat ein junger, sehr blöder Edelmann auf, Friedebert genannt, dem man die Rolle des Berggeistes zugetheilt hatte. Er war mit rauhem Bart und Tiegerfellen und knotigem Tannenbaum furchtbar heraus staffirt, die leise, ängstliche Rede stach lustig genug mit dem wilden Aeussern ab, wie es Alwin gewünscht hatte. Er bückte sich tief, und sprach: Ists wohl erlaubt, Prinzessin?

Mathilde trat scheu vor ihm zurück, wodurch Friedeberts Blödigkeit noch vermehrt wurde, daß er sich beinah in den Tanger hinter ihr versteckt hätte; die Schöne rief aus:

Bin ich verdammt denn, mir zu Spott und Hohn

Gewährt zu sehn, was ich in anderm Sinn

Erbitten wollte? Zeigt sich dieser Wurm

Nun leiblich, weil ich von Gestaltung sprach?

Fort, Unthier!

Berggeist.

Nehm's Eu'r Gnaden nicht vor Uebel –

Prinzessin.

So bäurisch, ungehobelt, kläglich, platt!

Was will die Einfalt?

Berggeist.

Bring' Euch einen Korb –

Prinzessin.

Den hast Du lang' von mir auf Deine Werbung.

Bringst also mir mein Eigenthum zurück?

Berggeist.

Nein. Rüben hab' ich drin.

Prinzessin.

S'ist kaum zu denken.

Entführt die Königstochter ihrem Thron,

Und bringt 'nen Korb voll Rüben ihr zum Trost.

Warum denn nahmst von ihrer Heerde nicht

Ein bäurisch Weib, ein Gänschen, ungeschickt,

Und unbekannt mit aller Herrlichkeit?

Die säh' Dich für 'nen art'gen Ritter an.

Doch mich, ein Fürstenkind, der Schönheit Preis!

Berggeist.

Eu'r Majestät, – Eu'r Schönheit, – hört, – ich weiß nicht,

Wie man Euch wohl auf Erden titulirt.

Prinzessin.

Maulwurf, so weiß ich, tituliret man Dich

Und Deines Gleichen, trüber Erdensohn,

Sag' was Du willst, und mach Dich baldigst fort.

Berggeist.

Die Rüben trieb ein unterirdisch Feu'r,

Davon sie glänzen hell und roth wie Gold.

Auf derlei Art wacht jedes Leben auf,

Aus Blei, Merkurius –

Prinzessin.

Gar nun ein Compendium!

Was soll'n die Rüben? Schnell!

Berggeist.

Ihr wollt die Art

Wie sie entstehn, nicht hören –

Prinzessin.

Nein, Langweil'ger.

Was helfen sie?

Berggeist.

Geruht nur diesen Stab

Zu fassen, eine Rübe zu berühren,

Und wen Ihr nennt, der tritt lebendig, frisch

In's Leben also bald vor Euch dahin.

Prinzessin.

Die Rede geht noch an, war leidlich noch.

Nur hütet Euch vor Lügen.

Berggeist.

Ei, versteht sich.

Wird Eure Majestät nun freundlich sein?

Prinzessin.

Wenn Ihr Euch fortmacht.

Berggeist (abgehend).

Bin Eu'r Unterthäniger.

Mathilde begann nun ihre Versuche mit den magischen Rüben, bald diese bald jene berührend, worauf ihrem Ausspruch zu Folge, Damen und Ritter erschienen, auf die verschiedenartigste Weise gestaltet, und so einen reichen, wunderlichen Hofstaat um die Königin des Festes bildeten, jeglicher Mitspieler seinen eignen Charakter allegorisirend. Eben war die Letzte von Allen, Beatrix als ein zierliches Fischermädchen erschienen, da sich der Berggeist, der schon ängstlich auf und ab gegangen war, von neuem der Fürstin näher wagte, und um die Erlaubniß bat, eine Warnung ergehen zu lassen. Die Prinzessin antwortete:

Warnung! Aus solchem Mund! Aus solchem Kopf,

Des Herr den Namen: Geist mit Unrecht führt, Und doch auch wieder Leib nicht heißen kann, Von wegen der lieblosen Mißgestalt. Warnung! Doch leider hab' ich's so verdient, Die sich von seiner List berücken ließ. Auch was mich sonst erzürnen müßte, scheint Nur lust'ges Spiel in diesem heitern Rund. Sprecht, Herr Geheimerrath. Warnt nach Vermögen.

Berggeist.

Die Euer Gnaden jetzt als Menschen sieht,

Courfähig sie zu Dero Umgang läßt,

Mit Manchen es auch so genau nicht nimmt,

Human ein gnädig Wort an sie verliert,

Die Alle, mit Verlaub, sind weiter nichts,

Als bloße, simple Rüben.

Prinzessin.

Schweigt.

Berggeist.

Ich sag's

Zu Dero Wohl, daß Ihr Euch nicht erschreckt,

Wenn Morgen Alles welk zusammenschrumpft,

Zurückgeht in sein ärmlich Pflanzenleben.

Prinzessin.

Müßt Ihr denn stören mir die einz'ge Lust,

Die Euer armer Zauber bieten kann?

Und ist es so, was steht Ihr lauernd noch,

Und schafft nicht lieber neue Rüben an

Für Morgen, Uebermorgen, alle Zeit?

Fort! Zählt, wie viel Ihr in den Beeten habt.

So hoch steht Ihr hinfort bei mir im Werth,

Als Eurer Rüben Zahl. Fort, Rübezahl.

Der Berggeist zog beschämt ab, und Mathilde schien sich in trübes Nachsinnen zu verlieren, ohne daß die lustige Geselligkeit rings umher die finstern Wolken vertreiben konnte. Endlich begann sie:

Ihr All' nicht was Ihr scheint! Nur Gaukelspiel!

Verrauschend Leben, Eines Abends Lust!

Wie scheuch' ich solches nahen Dunkels Grau'n?

Wie knüpf' ich unsre Lust an's Leben fest?

In meines Vaters Hofstaat war ein Mann,

(Sie nannten Dichter ihn), der oft verhieß,

Zu leisten Alles was mir eben fehlt,

Nur daß man eben nicht drauf Achtung gab.

Jetzt könnt' ich's brauchen. Wohl! Ich zaubr' ihn her,

Zu proben, was der Citherschläger kann.

Im schlimmsten Fall verlier' ich nichts dabei.

S'gilt ja nur eine Rübe. Kommt, Herr Dichter.

Alwin trat hervor, phantastisch geputzt, seine Cither in der Hand. Er sang folgendes Lied:

Wie fragt Ihr, wie forscht Ihr, ob Morgen geschieht,

Was Heute der Reigen verspricht?

Wenn Heute, wenn Morgen vorüber uns zieht,

Was ist es denn mehr als Gedicht?


Singt und lacht,

Zierliche Reigen,

Singt und lacht,

Entgegen der Nacht!

Sie wird sich schon zeigen,

Wird finster sich neigen

Noch eh' Ihr's gedacht,

Kommt ungerufen gegangen

Herauf den grausigen Pfad.

Drumm stellt auf glücklichern Rath,

Auf lustigern Euer Verlangen.

Wenn die Masken fallen

Ist das Spiel vorbei,

Kommt uns Tänzern Allen

Todte Still' herbei,

Sitzt das holde Mädchen,

Jetzt im Reigen frisch,

Ernst am Spinnerädchen,

Am Familientisch.

Geht der Knabe sinnend

An des Rectors Bank,

Worte nun gewinnend,

Nicht mehr süßen Dank,

Hört von Krieg und Frieden,

Griechenland und Rom, –

Von der Lust geschieden

Wie durch breiten Strom.

Wie durch ehrnes Gitter,

Wie durch festen Bann,

Den der kecke Ritter

Nicht mehr sprengen kann.

Mädchen, seid Ihr drüben,

Sind wir diesseits schaal,

Werden dumpfe Rüben,

Spott für Rübezahl.

Drum so lang' Eu'r Winken

Uns den Saal erhellt

Laßt uns singen, trinken,

In belebter Welt.

Alle wiederholten nun einstimmig den ersten Vers:

Wie fragt Ihr, wie forscht Ihr, ob Morgen geschieht,

Was Heute der Reigen verspricht?

Wenn Heute, wenn Morgen vorüber uns zieht,

Was ist es denn mehr als Gedicht?

Erst während des Spiels hatte Alwin bemerkt, daß zufolge seiner Anordnung, Beatrix und er hinter dem künstlichen Gebüsch allein stehn bleiben würden. Das Herz klopfte ihm voll Lust und Verlegenheit; indem die letzte Maske vor ihnen heraustrat, wußte er noch nicht, was er eigentlich thun sollte, Beatrix, sehr reizend als Fischermädchen, lächelte ihn zutraulich an, er gewann von den blühenden Lippen den oft ersehnten, schon halb verheißnen, ersten Kuß.

Das Fest ward nun allgemeiner, und äusserst belebt. Alwin's Erfindung fand Beifall, man rief den heitern Sänger von verschiedenen Seiten mit Neckereien und Lobsprüchen auf, die er ziemlich gewandt zu erwiedern wußte, so reiche Begeisterung hatte Beatrix flammender Kuß in seine Lippen herüber geströmt. Gebührte auch dem oft umkreisenden Becher sein Theil daran, wer wollte allzu genau zwischen Gottheiten rechten, die so gute Freunde sind, als Amor und Lyäus, und sich noch dazu in einen beiderseitigen Liebling zu theilen hatten, in einen Dichter, wie es Alwin bei diesem Feste nach Tracht, Namen und Betragen war. Er begegnete in seinem fröhlichen Rausche dem Secretarius, der eben von einer neuen Geschäftsreise zurückgekommen war, und konnte nicht umhin, ihm seine unendliche Dankbarkeit zu äussern, für die Einführung in diesen wundervollen Kreis.

Ja, ja, Ihr scheint Euch ganz wohl zu befinden, erwiederte Thorwald.

Und sollte ich anders! rief der Jüngling aus. Ich habe nur des Lebens Schattenseite gekannt, eh' Ihr den Vorhang zu diesen leuchtenden Spielen vor meinem Geiste aufzogt. Um Eins doch möcht' ich mit Euch rechten: daß Ihr, eben Ihr, dem es bekannt war, was uns erwartete, mir unterwegens die Möglichkeit eines Sängerlebens abstreiten wolltet. Zwar, Ihr thatet's wohl nur, mich desto fröhlicher zu überraschen.

Ihr seid sehr freigebig mit Motiven, sagte der Secretarius. Diesmal muß ich bekennen, daß Ihr mir zu viel Ehre anthut; ja, ich bin so fern von Eurer Ansicht, daß ich erst noch fragen muß, ob Ihr wirklich ein Sängerleben gefunden habt?

Alwin streifte statt aller Antwort über die Saiten seiner Cither.

Nun wahrhaftig, rief Thorwald, das ist zum Lachen! Oder nein, es ist vielmehr im höchsten Grade ernsthaft, denn Ihr seid ein so großer Poet, daß Euch das Leben zum Spiel und das Spiel zum Leben wird. Weil Ihr während einiger Stunden mit einem Sängermantel herumstolzirt, womit Ihr in jeder Thür hängen bleibt, und Glas auf Glas von den Tischen reißt, und eine Cither zur Hand habt, die sich bei jedem Luftzug verstimmt, so daß sie zu ihrem eignen Glücke von der Tanzmusik gänzlich übertönt wird – deswegen bildet Ihr Euch eine reale Standeserhöhung zum Minnesinger ein. Und dabei das mimische Talent, sogleich durch die That zu antworten, durch einen Griff auf den Saiten, das Ihr vermuthlich unserm Eremiten im Harzwalde abgelernt habt, als er pathetisch das Fenster aufmachte, um Euch die Gebirgsgestaltungen, et caetera zu weisen – wahrhaftig, Herr Poet, Ihr gewährt mir unaussprechliches Vergnügen. Dabei seid Ihr witzig genug gewesen, dem blöden Friedbert eine lächerliche Rolle in Euerm Opusculo zu ertheilen, und kommt Euch wahrscheinlich jetzt sehr erhaben gegen ihn vor –

Die letztern Worte hörte Alwin nur von fern, denn er hatte dem unartigen Secretarius höchst beleidigt den Rücken gewandt, und traf eben auf Anselmo, der ihn spottend fragte, was ihm sein edler Reisegefährte Angenehmes erzählt habe? Alwin wollte sich von ihm losmachen, aber er führte ihn zu einem Schenktisch, goß zwei goldne Pokale voll, und fuhr fort:

Siehst Du wohl, daß ich Recht hatte, Dich vor dem Murrkopf zu warnen? Und weil Du eben aus der Schule kommst, wir Beide trefflich gestimmt, Du zum Hören, ich zu Nutzanwendungen, so laß mich Dir noch ein Paar Lehren mittheilen. Die edle Gräfin wird Dich zu ihrem Hofpoeten machen wollen, denn sie ist ein gewaltig schöner Geist – ach, wie gewaltiger würde sie sein, begnügte sie sich, ein schöner Leib zu sein! – Zu Ehren ihrer himmlischen Gestalt! – Hier trank er den Pokal aus, füllte ihn von Neuem, und fuhr fort: wo war ich geblieben? Dies Alles sollte nur eine Parenthese sein, und gehörte nicht zu meiner Ermahnung über den Text: Nimm Dich vor der Hofpoetenschaft in Acht, auf daß die jungen Mägdlein nicht glauben, Du seist ein Pedant.

Ueberflüssige Warnung, rief Alwin. Ich habe die ganze Sache nur zum Spaß übernommen, nur für dies eine Mal –

Vielleicht um zwischen den illuminirten Lauben und Zweigen die schönste Frucht zu pflücken. Du erröthest? Viel Glück zum ersten Kuß!

Alwin verbarg seine Verlegenheit durch einen Zug aus dem goldnen Becher, und sagte nachher: Natürlich gab ich mich blos deswegen zu der Kinderei her.

So bist Du ein meisterlicher Schlaukopf, rief Anselmo. Nimm Dich nun auch hübsch vor dem Heirathen in Acht, flattre von Einer zur Andern, die Blumen sind blos schön für den leichtgefiederten Sommervogel.

Und Aline? fragte Alwin.

Du weißt ja, daß ich bald nach Italien reise, erwiederte Anselmo lachend. Die Pokale sind leer. Zum Tanze drum.

O Du schnellhüpfendes,

Immer entschlüpfendes,

Immer verwandeltes

Leben! Behandelt' es

Jeder wie ich,

Lacht' es für Euch, wie für mich!

Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué

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