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Zweites Kapitel

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Inhaltsverzeichnis

Es war nun auf dem Wahlplatze gänzlich still geworden. Man pflegte der Verwundeten; führte die Gefangnen zusammen, und nur fernher aus dem Walde klangen Trompeten, hin und wieder Apell blasend, damit sich die einzelnen Reiter nicht zu weit beim Nachsetzen verlören.

Adalbert und Alwin hatten sich beisammen auf die grüne Heide gelagert, welche eben hell im frischen Morgenrothe leuchtete und von Morgennebeln dampfte. Der wackre Feldoberste sprach vom ausgefochtnen Treffen, von seines Zöglings allzufertiger Kühnheit, und wie er dennoch halb unbewußt die Pforten des Sieges gesprengt habe. Zuletzt sagte er: Ihr habt aber gar nicht wie ein Bräutigam gefochten; vielmehr wie Einer, dessen Geliebte im Sarge liegt. Ich sah's wie Ihr einhiebt: selbstvergessen, wild, achtlos der schwirrenden Klingen des Feindes. Wenn Ihr in dieser Manier fortfahren wollt, kann ich der hübschen Beatrix nicht Wort halten. Sie wird ein Ehrenmal finden aus kaltem Marmor, statt des ersehnten, jugendlich frischen Bräutigams.

Alwin wandte sich schweigend, halb widerwillig ab.

Ihr thut Euch auf alle Fälle Unrecht, fuhr Adalbert fort, und am mehrsten damit, daß Ihr Euern Kummer allzusorgfältig verschließen wollt. Unter Soldaten bleibt doch ein Geheimniß sich selbst getreu. Wenn pfiffige Leute auf die Menschenkenntniß ausgehn, wie ein Jäger auf's Wild, bleiben wir Kriegsmänner dahinten, aber es kommt uns wie im Traume an; wir wissen unbedingt, was Einer beim Andern finden mag. Habt Ihr nun keine Lust, in dürren Worten zu hören, vielleicht in spöttelnden, was Euer Herz bewegt, so müßt Ihr Euch bei erster Gelegenheit ernst und männlich darwider erklären, allenfalls mit der Klinge in der Hand. So hab' ich's von jeher gemacht wegen meines Verhältnisses zu Mathilden. Keiner verliert ein dreistes Wort darüber in meiner Gegenwart, Keiner nennt ihren Namen, ungefragt vor mir, und ich kann mir sonder Stöhrung diejenigen aussuchen, mit welchen ich von ihr reden will, so wie ich eben jetzt Euch gefunden habe.

Alwin sah staunend zu ihm auf. Mein Feldherr, sprach er, mein theurer Führer, wie ehrt mich Eure offne Rede, und wie beschämt sie mich!

Nicht als verlangt ich von Euch das Gleiche, fiel Adalbert ein. Elendes Vertrauen, das allenfalls zwei Krämer gegen einander empfinden! Ihr gebt mir Wein, ich geb' Euch Oehl, und so wär' der Handel gemacht. Pfui der Erbärmlichkeit; das Wort Freundschaft könnt' einem wackern Menschen fatal werden. Ich rede mit Euch, weil Ihr ein tapfrer Jüngling seid, weil Ihr mir gefallt, und endlich und vorzüglich, weil ich's eben so will.

Nun theilt' er ihm mit, wie er Mathilden seit Jahren schon liebe, anbete, wie sie nach Weiberart diesen und jenen Plan zu ewiger Verbindung entwerfe, davon er keinen ausführe, weil er sie nicht anders lieben könne, als in der herrlichen Ungebundenheit, worin sie beide sich bis jetzt erhielten, und er von ihr eigentlich des gleichen Gefühles gegen ihn überzeugt sey. Bewahre sie Gott vor einem Ehemanne! schloß er endlich seine Rede. Sie ist bestimmt unser Aller Königinn zu seyn, und Niemand muß als ihr Gebieter auch nur äußerlich erscheinen wollen. Er würde sie, und sich selbst verderben für alle Seligkeit dieser und jener Welt.

Hartwald ist auch angekommen, sagte Balderich, der eben zu den beiden Sprechenden trat. Seine Schaar liegt hier in der Nähe.

Wo streift denn der kecke Wildfang herum? fragte Adalbert. Willkommen ist er mir immer, und jetzt eben zwiefach, aber sagt mir doch, welche Tollheit ihn in diese Gegend bringt?

Er kann Euch alsbald selber antworten, erwiederte Balderich. Unsre Blänker trafen sein Lager im Walde, und da hat er sich sogleich aufgemacht, um zu Euch zu gelangen. Seht da!

Ein lustiger Zug von Kriegsleuten sprengte über die Ebne. Im Vorbeitraben grüßten sie die müden und verwundeten Halberstädter auf's freundschaftlichste, sprangen auch hier und dort ab, um aus ihren Mantelsäcken Weinflaschen und Brod hervor zu hohlen, zugleich aber wiesen sie tröstend auf einige schwer beladne Wagen, die sich in der Ferne zeigten. Die kampfmüden Reiter fuhren ermuntert in die Höhe, selbst die blutenden riefen ein lautes: Willkommen! und in diesem frohen Gewimmel schwang sich ein frischer, kräftiger Mann vom Roß, auf Adalbert zureitend, der ihn mit herzlichem Handschlag begrüßte.

Fragt mich nicht, sagte der Fremde lachend, wo ich herkomme. Meine Antworten möchten wenig oder gar nicht zu eines gestrengen Feldobersten Befriedigung taugen. Nur so viel sag' ich Euch im Allgemeinen: mir sind die Klöster fatal (mich dünkt, Ihr wißt die Gründe.)

– Adalbert lächelte bejahend. –

Und hier, wo's deren so viele giebt, hab' ich sie ein Bischen gezwackt. Dafür bin ich nun auch abgeschnitten vom großen Heer.

Wir können uns also zusammen durchhauen, unterbrach ihn Adalbert.

Nein, fuhr der Fremde fort, das geht nicht. Es sind gar zu viel der Katholischen Ritter, und auch ein Löwe könnte von einer Mückenwelt krank gestochen werden. Was Euch Heute angefallen hat, war nur ihr Vortrab.

Wie nun Adalbert? rief Balderich. War des Liedes Warnung so gar zu verachten? Wenn über Eure dreißig junge Burschen die ganze Uebermacht hergefallen wäre! Wir standen nah daran, unsern prächtigen Hirsch zu beweinen.

Nichts von Beweinen, fiel der Fremde ein. Vor allem laßt uns ein Siegesfest feiern. Bei den Bechern rathschlagt sich's gut.

Er stieß in ein Jägerhorn, das er an der Seite trug, die umliegenden Waldungen gaben den Klang zurück und viele Flaschen und Speisen wurden von Reisigen herbeigetragen, als deren Anführer sich ein außerordentlich schöner Edelknabe zeigte. Dieser stellte das ganze Mahl zierlich auf, und seine Winke wurden mit bewundernswürdiger Genauigkeit ausgeführt, aber kaum war alles geordnet, so zog er sich, wie verschwindend, zwischen die andern Diener zurück.

Soll Euer hübscher Page nicht mit uns essen? fragte Adalbert. Wer uns im Gefechte nah steht, muß auch mit uns die Becher leeren. Ruft ihn zurück, Hartwald.

Das Gefecht, erwiederte dieser, ist eben seine starke Seite nicht. Und naseweis genug wär' er, sich auch ungeheißen an unsre Seite zu setzen, wenn's ihm eben gefällig wär'. Laßt mich ohne Unterbrechung sagen, wie es mit uns in dieser Gegend stehe.

Er erzählte ihnen hieraus, daß er eben dazu gekommen sey, als der Feind ein nahe liegendes Schloß angegriffen, und daß sein Beistand die schöne Besitzerin desselben, Gräfin Flaminia, vor dem wilden Anfall gerettet habe. Von jenem Tage an half sie ihm mit Rath und That, durch sie erfahre er täglich des Feindes Anzahl, erhalte durch sie den edlen Wein, die nahrhafte Speise, womit er eben seine Waffenbrüder bewirthe, wisse durch sie, daß die Gegner bald abziehn müßten, und ihn nur zu ermüden trachteten, vielleicht vorher noch durch einen schnellen Anfall zu überwältigen, – kurz in Flaminias schönen Händen ruhe sein und Aller Heil. Man müsse auch bald Jemanden abschicken, um ihr die neuen Ankömmlinge zu empfehlen.

Bei dieser letzten Aeußerung sah Hartwald rund im Kreise umher, und ruhte mit seinen Blicken zuletzt auf Alwin's Gestalt, Ach, seid Ihr auch hier? sagte er, Ihr müßt die Gesandtschaft übernehmen. Ihr paßt Euch recht gut dazu.

Woher kennt Ihr mich? fragte Alwin.

Das gehört hier nicht her, antwortete Hartwald, aber wir wollen uns schon gegen einander erklären. Jetzt ist es keine Zeit zu Weitläuftigkeiten. Die Sonne steht hoch, der Weg ist ziemlich weit, und vor Sonnenuntergang müssen wir Antwort haben. Er reitet doch rasch, Adalbert?

Wie ich, erwiederte dieser. Zu Pferd', Alwin.

Der Jüngling erhielt seine Instruction, und spornte den flinken Renner über die Ebne.

Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué

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