Читать книгу Die Kinder der Agnes Kaitner: Wildbach Bergroman - G. S. Friebel - Страница 10

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Franzi und Agnes waren noch keine acht Tage verheiratet, da merkte Therese schon, dass sie mit der faulen Agnes wirklich keinen guten Fang gemacht hatte. Nein, da konnte man ja wirklich verrückt und böse zugleich werden. Und der Franzi ärgerte sich auch über sein Weib. Jeden Morgen musste er sie mit barschen Worten aus dem Bett werfen, sonst würde sie bis Mittag schlafen.

»Was denn, was denn«, räsonierte sie dann aufgebracht, »deine Mutter macht dir doch das Frühstück, warum soll ich dann so früh aufstehen?«

»Weil du mir helfen wirst, darum!«, schrie er sie an. »Meinst, ich rackere mich allein auf den Feldern ab?«

Und schlampig wurde sie auch wieder. Sie gab nichts mehr auf sich und hätte sich wirklich auch oft nicht gewaschen, wenn die Therese sie nicht eigenhändig zum Zuber geschleppt hätte, und ihren Kopf ins kühle Nass getaucht hätte. Da schrie sie nicht schlecht und Franzi dachte, da hab ich mir von der Mutter was Schönes einreden lassen.

Therese merkte nun, dass sie den größten Fehler ihres Lebens begangen hatte. Da war nichts mit dem Ausruhen, Respekt vor dem Alter, da war kein fleißiges Schaffen mehr, nix. Die Agnes musste immer getrieben und gestoßen werden, sonst verdrückte sie sich in irgendeine Ecke und schlief.

Ihre Felder gaben genauso wenig her, wie die eigenen, und sie waren sogar noch steiniger. Man hätte viele Hände benötigt, um diese Steine aufzusammeln, dann wäre es vielleicht gegangen.

Die erste Zeit schuftete sich der Franzi halb tot, aber dann dachte er bei sich, was nützt das denn schon? Ich schaff’ es ja doch nicht. Und so tat er auch nur das Nötigste.

Ja, und dann fiel die Agnes noch ganz aus, denn gleich in der ersten Nacht hatte der Franzi sie geschwängert. Nun hatte sie endlich einen Grund, sich vor der Arbeit noch mehr zu drücken. Sie täuschte Schmerzen vor, die sie gar nicht hatte.

Therese dachte, so ein dummer Bub, damit hätte er sich wirklich Zeit lassen können. Jetzt ist bald noch ein Mund mehr zu stopfen. Und jetzt ist es bei uns noch knapper als vorher; denn bis wir den größeren Ertrag ernten können, vergeht ja noch ein ganzes Jahr. Bis dahin müssen wir uns noch mehr einschränken. Einmal hatte sie schon daran gedacht, ein Stück von dem Land zu verkaufen, weil sie manchmal nicht mehr wusste, wie sie etwas in den Topf bekam. Aber dann sagte sie sich mit hartem Herzen, wenn ich Land verkaufe, dann ist es für alle Zeiten aus, dann werden wir es nie zu was bringen. Und den lächerlichen Preis den man dafür zahlen wollte, nein, da musste man den Gürtel eben noch enger schnallen. Hin und wieder verkaufte der Franzi tatsächlich mal so ein Regal und so eine Schüssel, wie er sie schnitzte. Es war auch nur wenig Bargeld, was reinkam, aber damit konnte man sich dann wieder ein wenig über Wasser halten.

Es war mitten im Winter, als Agnes dann ihren ersten Sohn gebar. Franzi stand an der wurmstichigen Wiege und blickte mit gerunzelter Stirn auf das winzige Etwas.

»Ist es nicht arg mickrig?«, fragte er die Mutter.

Diese lachte rau auf. »So klein sind alle Kinder zu Anfang. Das ist ganz normal.'«

An einem Sonntag wickelten sie das Kind in eine Decke und trugen es zur Kirche. Hier erhielt es den Namen Tobias, nach dem Vater von Franzi.

Tobias entwickelte sich zu einem hübschen kleinen Kerlchen. Er war dem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten. Franzi liebte seinen Sohn über alles, und er schnitzte jetzt schon eine kleine Eisenbahn für den Buben. Und ein Schaukelpferd wollte er ihm auch machen.

Der Agnes war ihr Sohn völlig gleichgültig, eher lästig. Nun musste sie doch etwas tun; denn das Windelwaschen übernahm die alte Kaitnerin nicht. Und bei der Kälte andauernd Wäsche zu waschen gefiel ihr überhaupt nicht.

Tobias war noch keine drei Monate alt, da fühlte sich Agnes schon wieder schwanger. Sie keifte ihren Mann schrecklich an und war furchtbar böse mit ihm.

»Das soll ein Leben sein, nur Kinder kriegen und sich abschuften. Das hätte mir mal einer vorher sagen sollen, dann wär’ ich nicht so blöd gewesen und hätt’ dich geheiratet. Die reinste Magd bin ich bei euch! Eins hätte mir wirklich gelangt, und nun kommt schon das nächste!«

Therese schnappte einen Augenblick lang nach Luft, dann wollte sie ihrerseits loslegen und der Schwiegertochter die Meinung sagen. Aber dazu kam sie gar nicht, das besorgte schon der Franzi.

»Magd«, schrie er, »sich kaputt arbeiten, hier bei uns? Du faules Luder wagst wirklich zu behaupten, wir würden dich wie eine Magd halten? Da lachen ja die Hühner, du liegst ja auf der faulen Haut und lässt uns die Arbeit machen! Du bist so verdammt faul und so schlampert, dass ich dich nicht mehr sehen kann!«

Der schönste Zank war im Gange und vielleicht hätten sie sich auch noch geprügelt. Wer weiß. Aber da mischte sich die Mutter ein und fuhr nun ihrerseits ihren Sohn an.

»Warum bist du auch so dumm und setzt alle Augenblicke Kinder in die Welt! Wir müssen immer mehr Münder stopfen, und wir wollten doch erst zu etwas kommen.«

Ganz baff starrte er die Mutter an.

»Kannst du mir mal sagen, warum die Agnes alle Augenblicke Kinder kriegt? Ich kann es nicht abstellen.«

»Du bist wie ein Tier«, kreischte sein Weib auf, »immer hast du Gelüste und ich muss dafür herhalten.«

Franzi saß am Tisch und atmete schwer. Er musste sich sehr beherrschen, dass er sich nicht an seinem Weib vergriff. Das war wirklich zu viel, bei Gott. Das hätte sie nun nicht sagen dürfen.

In diesem Augenblick begann der kleine Tobias zu schreien. Er war von dem Lärm aufgewacht und weinte jetzt erschreckt.

Franzi kam wieder zu sich. Er ging an dem keifenden Weib vorbei zu seinem Buben, wiegte ihn hin und her und murmelte ein paar tröstende Worte.

»Ja, ja, schlaf nur wieder, Tobias, nun wird alles gut, du brauchst keine Angst zu haben, dein Vater ist ja bei dir, ja ja, schlaf mein Bub, schlaf nur wieder ein.«

Die Frauen standen hinter seinem Rücken. Für einen kurzen Moment schwiegen sie. Als der kleine Knabe wieder die Augen schloss und weiter schlummerte, drehte sich Franzi um und warf seinem Weib einen verächtlichen Blick zu.

»Ich werde ab heute auf dem Speicher schlafen, und du kannst auf den Knien vor mir herumrutschen, ich werde deine Kammer nicht mehr betreten.«

Agnes lachte auf. »Pah, da kannst du lange warten, bis ich das tu«, schleuderte sie ihm ins Gesicht. Und dann ging sie in die Schlafkammer und warf sich mit Wucht auf die Bettstelle. In der Stube vernahm man noch das Knarren der alten Federn.

Franzi saß am Tisch und stöhnte vor sich hin. Die Mutter wollte etwas sagen, aber wagte es nicht, denn sie war es ja gewesen, die den Buben dazu getrieben hatte, diese Schlampe zu heiraten.

Die Kinder der Agnes Kaitner: Wildbach Bergroman

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