Читать книгу Die Kinder der Agnes Kaitner: Wildbach Bergroman - G. S. Friebel - Страница 11

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Eine böse Zeit fing an. Früher, da hatte man auch nie Geld gehabt und hat sich zur Decke strecken müssen, aber Mutter und Sohn waren immer guter Dinge gewesen. Wenn er am Abend mit seinem Schnitzmesser bei der Lampe saß, dann war für den Franzi die Welt in Ordnung gewesen, und am Morgen ging er dann wieder auf den steinigen Acker, sich abrackern. Er hatte als Bub nur die kleine Gemeindeschule besucht. Er war ein guter Schüler gewesen und so lernbegierig, aber die Eltern hatten ihn oft daheim lassen müssen wegen der Ernte und weil sie es allein ja nicht schafften. Franzi hatte es immer geschmerzt. So gerne hätte er Bücher besessen, um zu lesen, wie es in der großen weiten Welt zuging. Über fremde Länder und Sitten. So vieles interessierte ihn, aber er war ja nur ein Bub armer Leute und da durfte man eben nicht solche Gedanken haben.

Nach dem schweren Zank war er richtig trübsinnig geworden. Nun hatte er eine Familie und konnte nicht mehr fliehen. Er war an diese karge Erde gebunden und mit dem Weib hatte er ein schlimmes Los gezogen.

Er hatte seine Drohung wahrgemacht und sein Bettzeug aus der gemeinsamen Kammer geholt und es auf den Speicher getragen. Viele Tage fuhrwerkte er hier oben herum und machte es sich so häuslich, wie es ging. Und hierhin brachte er auch all die Dinge, die er brauchte, um schnitzen zu können. Und je länger er sich damit beschäftigte, um so flotter ging es ihm von der Hand.

Alle paar Monate kam nach Aflenz ein Händler, den hatte der Franzi zufällig mal getroffen, und er hatte ihm die erste Schüssel verkauft. Nun gab er ihm den Rat, doch auch Teller, kleine Krüge und Kästchen zu machen.

»So was lieben die Urlauber, und ich hab da jemanden, der sie noch bemalt. Dann kann ich sie verkaufen. Und du kannst mir so viel liefern, wie du hast, ich nehm’ dir alles ab.«

Franzi war ganz aufgeregt gewesen und hatte versprochen, jetzt die ganzen freien Stunden mit Schnitzen zu verbringen. Natürlich betrog ihn der Händler und gab ihm einen lächerlichen Preis für seine viele Arbeit. Aber damals war das in Franzis Augen sehr viel, und er gab nur einen ganz kleinen Teil des Geldes der Mutter. Sie ahnte gar nicht, dass er jetzt viel mehr schnitzte und somit auch verkaufte. Er besorgte sich jetzt noch mehr Schnitzmesser. Und dann hatte ihm der Händler eines Tages ein Buch über Schnitzereien mitgebracht, und Vorlagen.

»Halt dich mal daran, Franzi, vielleicht kannst du das auch so schön! Und du kriegst ein paar Schillinge mehr für deine Arbeit.«

So fand er Trost in seiner Arbeit oben auf dem Speicher. Nach der Hofarbeit verzog er sich nach oben und die beiden Frauen durften nicht hinauf. Auch die Mutter nicht. Er zog sich jetzt ganz in sich zurück. Sprach auch kaum mit Mutter und Frau. Sie hatten ihn zutiefst verletzt, damals!

Nur mit einem sprach er, und das sehr viel. Mit seinem kleinen Buben. Der ging jetzt auf sein zweites Lebensjahr zu und begann schon, selbständig durch die Stube zu trippeln. Ach, er konnte ihm stundenlang zusehen und sich darüber amüsieren, wie er tapsig wie ein kleiner Bär auf seinen kleinen wackeligen Beinchen stolz dahinspazierte. Und auch Tobias jauchzte und streckte ihm sofort die Ärmchen entgegen, wenn er nur den Vater zu Gesicht bekam.

Jedes mal wenn Franzi jetzt unten im Dorf seine Ware abliefern ging, dann brachte er dem kleinen Knaben Zuckerzeug mit. Aber er gab es ihm nie, dass die Frauen es sehen konnten. Oft nahm er den Kleinen mit aufs Feld und dann umkreiste dieser seinen Vater und wollte ihm helfen. Und Tobias war ein so kluges Geschöpfchen.

Franzi machte sich diesen Eifer zunutze. Er flocht ein kleines Körbchen und zeigte dann dem kleinen Knaben, wie er all die kleinen Steinchen in den Korb werfen sollte. So klein er auch war, für Tobias war es ein jauchzendes Spiel und er freute sich, wenn der Vater ihn lachend lobte.

Franzi sagte sich, wenn er erst mal größer ist, dann wird er verstehen, wie wichtig es ist, dass alle Steine vom Acker kommen. Und dann kann er mir wirklich eine Hilfe sein. Ich hab keine Zeit dafür, und wenn er bei mir ist, werde ich ihn anlernen und wir werden immer beisammen sein und unseren Spaß miteinander haben.

Und dann wurde seine kleine Tochter Sabine geboren. Auch sie war ihm wie aus dem Gesicht geschnitten. Obwohl damals der böse Zank mit seinem Weib gewesen war, und er gedacht hatte, das Kind, das sie damals unter dem Herzen trug, nicht lieben zu können, so war es jetzt ganz anders. Er liebte auch das kleine Mädchen über alles und war genauso närrisch damit wie mit dem Tobias.

Die Mutter saß still und verhärmt in der Ecke und sah zu, wenn der Sohn mit seinen Kindern spielte und dachte, so hat sein Vater sich nie mit seinen Kindern abgegeben. Ach, der Franzi hat eine so gute Seele. Wäre doch bloß nicht die Agnes eine so gemeine Schlampe. Es ginge wirklich aufwärts mit uns. Der Franzi tut doch wirklich alles, was er kann und ich nehm’ ihr doch auch alle Arbeit ab, und was tut sie? Sie stiehlt dem lieben Gott die Zeit. Und wenn ich ihr wirklich mal was sag’, dann kreischt sie so laut und böse, dass man es bis nach Aflenz hören kann. Und dann schäm’ ich mich so, dass ich schnell aufhör’, und das weiß sie.

Seit damals sprachen die Eheleute nicht mehr miteinander. Jeder ging dem anderen aus dem Weg. Die Agnes war froh, dass der Mann nicht mehr zu ihr kam, so konnte sie auch keine Kinder mehr bekommen. Obwohl sie es recht gern gehabt hatte und sich manchmal einen Mann ins Bett wünschte, ging sie nicht von sich aus zu ihm und sagte: »Komm, lass uns wieder gut sein, hol dein Bett und komm wieder zu mir in die Kammer.«

Nein, das tat sie nicht, und so verlebten sie in Unfrieden ihre Tage.

Von Scheidung sprach man nicht, denn das war ganz ausgeschlossen. Das gab’s nur in der Stadt. Der Pfarrer sagte es doch auch immer von der Kanzel herunter. In den Städten würde man ein loses, lockeres Leben führen und die seien darum alle für die Hölle verdammt.

Die Kinder der Agnes Kaitner: Wildbach Bergroman

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