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Die Einrichtung einer Provinz Provincia, Republik
ОглавлениеIn formam provinciae redacta
In formam provinciae redacta (in eine Provinz umgewandelt) oder provincia facta (zur Provinz gemacht) – so oder ähnlich umschreiben antike Schriftsteller den Akt der Überführung eines faktisch unter Roms Herrschaft stehenden Gebietes in eine reguläre römische Provinz. Provincia bezeichnete zunächst den Aufgaben- und Zuständigkeitsbereich, innerhalb dessen ein römischer Mandatsträger seine Befehlsgewalt ausübte. Davon ausgehend gebrauchte man provincia bereits im frühen 2. Jahrhundert v. Chr. als Bezeichnung für außerhalb des römischen Kernlandes gelegene untertänige Gebiete (praedia populi Romani), in denen die römische Ordnung galt und ein von Rom entsandter Statthalter seine Amtsgewalt wahrnahm. In der Kaiserzeit fielen in der Regel der Geltungsbereich der einem Mandatar übertragenen Befehlsgewalt (imperium) und der geografische Raum, über den er zum Statthalter bestellt war, zusammen.
Provincia fand nicht nur als Bezeichnung für eine Statthalterprovinz, sondern auch für einen Teilbereich einer Provinz (Subprovinz) Verwendung. Mit anderen Worten: Innerhalb einer provincia im territorialen Sinn konnte es verschiedene provinciae geben, so etwa das Aufgabengebiet (im territorialen wie im administrativen Sinn) des dem Statthalter beigegebenen Legaten, des ihm unterstellten Präfekten oder der Finanzprokuratoren.
Nach einem gewonnenen Krieg war es die Aufgabe des siegreichen Feldherrn, an Ort und Stelle die Weichen für die Provinzialisierung der Unterworfenen und ihres Territoriums zu stellen. In Fällen, in denen ein Gebiet auf friedlichem Wege, etwa per Erbschaft, an Rom fiel, war es die Aufgabe des Senats, einen Mann aus seinen Reihen mit der Einführung der römischen Ordnung zu beauftragen und ihn mit einem imperium zu bestallen, das es ihm ermöglichte, die notwendigen Rechtsakte durchzuführen. In der Frühzeit der Geschichte der römischen Provinzen ist zu beobachten, dass die Einrichtung einer Provinz ein längerer Prozess war, eine Provinz also erst nach und nach ihr Gesicht erhielt.
Makedonien
Beachtung verdient die Einnahme Makedoniens durch die Römer. Nach dem Sieg in der Schlacht bei Pydna (168 v. Chr.) oblag die Ordnung der Verhältnisse dem Feldherrn Aemilius Paullus zusammen mit einer aus zehn Männern bestehenden Kommission, die ihm der Senat aus Rom schickte. Durch diese Gesandten und die in Rom im Senat getroffenen Regelungen nahm das Gremium auf die künftige Gestaltung von Anfang an direkten Einfluss und nicht erst im Nachhinein durch die Absegnung bereits vor Ort ergangener Beschlüsse. Die von den Gesandten überbrachten Anweisungen regelten grundsätzliche politische und wirtschaftliche Fragen einschließlich der Besteuerung. Die Klärung weiterer offener Fragen überließ der Senat Aemilius Paullus und seinen Ratgebern. Die juristischen und administrativen Angelegenheiten konnten somit in einem Zug vor Ort geregelt werden. Dazu gehörte ebenfalls die Klärung des Status der Kommunen. Aus diesem Grund beorderte Aemilius Paullus aus den einzelnen Gemeinden je zehn führende Männer nach Amphipolis (Griechenland). Das Ergebnis der Gespräche floss sicher in die gemäß Livius (ca. 59 v. Chr.–um 17 n. Chr.) sorgfältig ausgearbeiteten Gesetze ein, die Aemilius Paullus erließ. Allerdings wurde Makedonien erst 20 Jahre später als Provinz eingerichtet. Offenbar glaubte man zunächst, auf die permanente Anwesenheit eines römischen Oberbeamten verzichten und stattdessen die Herrschaft indirekt ausüben zu können. Indes war der Aufteilung des ehemaligen Königreichs in vier Teilrepubliken, die untereinander keinen Kontakt haben sollten, auf Dauer kein Erfolg beschieden. Unzufriedenheit führte zu Unruhen, die auf ganz Griechenland übergriffen. Die Politik der indirekten Herrschaft war gescheitert. Rom rächte sich bitter an den Aufständischen und im Jahr 146 v. Chr. wurde die Provinz Macedonia ins Leben gerufen.
Pergamon
Im Jahr 133 v. Chr. verstarb Attalos III. von Pergamon (Türkei, etwa 110 km nördlich von İzmir) kinderlos. In seinem Testament hatte er sein Königreich Rom zugedacht, womit die direkte römische Herrschaft in Kleinasien ihren Anfang nahm. Die Römer sahen sich zum ersten Mal in ihrer Geschichte damit konfrontiert, einen bislang souveränen Staat nicht als Sieger, sondern entsprechend dem Wunsch des bisherigen Herrschers in ihr Reich zu inkorporieren. Um die Eingliederung möglichst gut vollziehen zu können, schickte man eine Delegation nach Pergamon, welche die aktuelle Lage erkunden sollte. 132 v. Chr. wurde ein senatus consultum verabschiedet, das den neuen Untertanen die uneingeschränkte Gültigkeit der Verfügungen von Attalos III. und seinen Vorgängern verbürgte (S. 108). Indes hinderte der Aufstand des Aristonikus Rom zunächst an der friedlichen Übernahme des pergamenischen Reichs. Obwohl Aristonikus Anfang 130 v. Chr. den Römern eine schwere Niederlage zufügte, konnten diese Monate später den Aufstand beenden. Inwieweit Marcus Perperna, der bald darauf in Pergamon verstarb, die Provinzialisierung einleitete, ist unklar. Die Hauptarbeit dürfte seinem Nachfolger, dem Konsul Manius Aquillius, zugefallen sein. Er kam 129 v. Chr. zusammen mit einer zehnköpfigen Gesandtschaft und weiteren Helfern nach Kleinasien. Nach Ausweis von Meilensteinen wurde sofort mit dem Ausbau bzw. der Erneuerung des Fernstraßensystems begonnen. Auch nahm Manius Aquillius die Umformung des Königreichs in eine Provinz umgehend in Angriff, sicherlich auf Grundlage der von der 133 v. Chr. entsandten Kommission erarbeiteten und mittlerweile vom Senat bestätigten Vorschläge. Manius Aquillius teilte das Königreich in einzelne Distrikte und Bezirke auf. Bei der Schaffung der Provinzordnung bemühte sich Manius Aquillius um die Zusammenarbeit mit den örtlichen Honoratioren und um deren Zustimmung.
Zypern
Wie sehr Tagespolitik und das Schicksal von Provinzen miteinander verwoben sein konnten, zeigt die Einziehung der zum Reich der Ptolemäer gehörigen Insel Zypern im Jahr 58 v. Chr., die der Volkstribun Publius Clodius erfolgreich betrieb. Als Vorwand diente die angebliche Unterstützung der Seeräuber durch König Ptolemaios (80–58 v. Chr.). Indes ging es Publius Clodius allein um die Finanzierung seines Getreidegesetzes, das die kostenlose Austeilung an arme Bürger zum Gegenstand hatte. Die Aufgabe, Zypern zu annektieren, wurde dem jüngeren Cato übertragen, den Clodius für einige Zeit aus Rom entfernt wissen wollte. Bemerkenswert ist, dass Cato (95–46 v. Chr.) zu diesem Zeitpunkt lediglich die Quästur bekleidet hatte. Unterstützt wurde er von einem Quästor und weiterem Hilfspersonal. Er sollte den zypriotischen Herrscher Ptolemaios absetzen und das königliche Vermögen zugunsten des römischen Volkes verkaufen. Cato löste seine Aufgabe erfolgreich.