Читать книгу Was mich umtreibt - Galen Strawson - Страница 7
1Das Bewusstsein vom Ich 1
ОглавлениеVon einem «Selbst» zu sprechen klingt zumeist befremdlich. Einige Philosophen behaupten sogar, dass das «Selbst» oder «Ich» eine Illusion sei, entstanden durch einen inkorrekten Gebrauch der Sprache. Das scheint mir wenig plausibel, denn so dumm ist der Mensch nicht. Die Frage nach dem «Ich», nach dem «Selbst», wird nicht durch einen unsachgemäßen Sprachgebrauch aufgeworfen, der unvermittelt grundlos auftritt. Im Gegenteil, der Ausdruck «das Selbst» erwächst aus dem vorausgehenden eigenständigen Empfinden, dass so etwas wie ein «Ich» existiert. Es entsteht aus dem Bewusstsein vom Ich, vom «Selbst». Der Ausdruck «das Selbst» mag in der Alltagssprache ungewöhnlich anmuten und hat in einigen Sprachen auch keine direkte Entsprechung. Nichtsdestotrotz lassen sich in allen Sprachen Umschreibungen finden, die der Rolle des «self» im Englischen oder «Selbst» im Deutschen vergleichbar sind – mag diese Rolle auch noch so diffus sein. Die meisten Menschen verbinden etwas mit dem Ausdruck «das Ich». Er findet auf natürliche, ungezwungene Weise Eingang in philosophische, psychologische oder religiöse Fragestellungen, die ganz selbstverständlich der menschlichen Natur entspringen. Und doch denke ich, dass die Existenz und die Natur des «Ich» die Philosophie vor ein ernsthaftes Problem stellen, das weit über ein bloßes Gedankenspiel hinausreicht. Anthony Kenny und einige andere Philosophen machen es sich zu leicht, wenn sie die «Essenz der Theorie vom Ich» auf einen «grammatikalischen Fehler» herunterbrechen. Es ist schlicht falsch, wenn man in der Wandlung von myself («ich selbst») zu my self («mein Selbst») keine Bedeutungsverschiebung erkennt, sondern eine bloße grammatikalische Nachlässigkeit, «ein Stück philosophischen Nonsens’, bestehend auf dem Missverständnis des reflexiven Pronomens». Es stimmt allerdings, dass wir die Natur des Ich – die ganz gewöhnliche, zutiefst menschliche Erfahrung, ein «Ich» zu besitzen oder ein «Ich» zu sein – erst einmal genauer beleuchten müssen, bevor wir uns die Frage stellen, ob es überhaupt ein «Ich», ein «Selbst» gibt.