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Einige bezweifeln, dass es überhaupt so etwas wie ein allen Menschen gemeinsames Bewusstsein vom «Selbst» gibt. Und doch existiert ein psychisches Fundament, das allen Menschen eigen ist, gleich welcher Kultur sie entstammen, sogar in weitaus größerer Übereinstimmung, als dies viele Anthropologen oder Soziologen wahrhaben wollen. Ein gemeinsames «Mensch-Sein», tiefe emotionale und kognitive Gemeinsamkeiten, die alle Differenzen kultureller Prägung übersteigen. Die Psyche des Menschen besitzt ein überaus breit gefächertes Spektrum. Und doch findet man große Varietäten in der psychischen Grundstruktur des Menschen eher innerhalb eines einzelnen Kulturkreises als im interkulturellen Vergleich. Der radikale kulturelle Relativismus, wie ihn der Anthropologe Clifford Geertz vertritt und der von breiten Teilen der akademischen Welt immer noch als bindend angesehen wird, scheint die genetischen Determinanten der menschlichen Natur sowie die unstrittigen Gemeinsamkeiten des menschlichen Lebens an sich außer Acht zu lassen.

Daher und weil ich ein unbekümmertes «kantianisches» Vertrauen in die Fähigkeit der Philosophie hege, zu Schlüssen von hoher Allgemeingültigkeit zu gelangen, wenn es um Fragen dieser Art geht, möchte ich diese Bemerkungen zum gewöhnlichen Bewusstsein des Menschen von seinem Selbst – sollten sie sich als wahr erweisen – der gesamten Menschheit zusprechen. Hinsichtlich der Frage nach dem «Selbst» sind die Unterschiede zwischen denen, die schlafen können, und denen, die es nicht können, wohl größer als alle kulturellen Differenzen. Emil Cioran räumt der Schlaflosigkeit sogar eine so immense Bedeutung ein, dass er geneigt ist, den Menschen als «das übernächtigte Tier» zu bezeichnen.

Mit «Bewusstsein vom Ich» meine ich also das sichere Empfinden des Menschen, eine spezifische mentale Gegenwart zu sein, ein mentaler Jemand, mentaler Ort der Wahrnehmung, ein bewusstes mentales Subjekt, das sich von seinen einzelnen Erfahrungen, Gedanken, Hoffnungen, Wünschen und Gefühlen unterscheidet. Dieses «Selbst-Bewusstsein» bildet sich bei fast allen Menschen bereits in der Kindheit aus. Besonders lebhaft erfahren wir es meistens, wenn wir allein sind und denken, aber auch im Lärm eines überfüllten Raumes kann es deutlich zutage treten. Eng damit verbunden ist für die meisten Menschen der Eindruck, dass ihr Körper bloß Wohnstatt für ihr geistiges Wesen ist, ihr eigentliches «Selbst». Physische Betätigung oder Schmerz verdrängen ihn nicht; vielmehr wirken sie oft verstärkend darauf, dass das «Selbst» als etwas vom Körper Unabhängiges verstanden wird.

Damit meine ich nicht, dass ein Bewusstsein vom «Selbst» mit dem Glauben an eine immaterielle, unsterbliche Seele zusammenfällt. Philosophische Materialisten, die, wie auch ich, davon ausgehen, dass jede Bewusstseinsaktivität ein rein physischer Vorgang ist, erleben das «Selbst» im gleichen Maße wie jeder andere Mensch auch.

Unser allgemeiner, natürlicher und unreflektierter Begriff vom «Ich» lässt sich in sechs bis sieben teilweise ineinandergreifende Aspekte gliedern, die ich im Folgenden näher erläutern möchte. Psychische Störungen oder besondere spirituelle Praktiken, so interessant und berechtigt ihre Betrachtung auch sein mag, werde ich dabei ausklammern.

– Erstens: Das «Selbst» wird als Ding erfahren/verstanden, wenngleich schwer fassbar.

– Zweitens: Es ist etwas ausschließlich Mentales; auch dies bedarf genauerer Erläuterung.

– Drittens: Es ist das erlebende Subjekt, welches ganz bewusst fühlt, denkt oder auswählt.

– Viertens: Es ist singulär, einzigartig.

– Fünftens: Es ist etwas Distinktes, klar Unterschiedenes in folgendem Sinne: es ist nicht dasselbe Ding wie der ganze Mensch, insofern der Mensch als ein Ganzes betrachtet wird.

– Sechstens: Es wird als Agens, als Handelndes, Wirkendes erfahren/verstanden.

– Siebtens: Es besitzt einen Charakter, eine individuelle Persönlichkeit.

Was mich umtreibt

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