Читать книгу Der ultimative Jimi Hendrix Guide - Gary J. Jucha - Страница 8

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Einleitung

Ich kann mich noch genau an den Tag erinnern, an dem Jimi Hendrix starb. Ich fuhr mit einem MTA-Bus die Linie Q44 West-Farms, der den Hudson via Whitestone Bridge überquerte. Ich besuchte die Saint Helena’s High School erst seit wenigen Wochen. Da meine Haltestelle der zweite Halt für den Bus nach Einfahrt in die Bronx war, hatte ich bis zum Ziel genügend Zeit und öffnete meine Tasche voller Schulbücher und Comics. In dem Moment fiel mir eine Schlagzeile der New York Times ins Auge: „Jimi Hendrix, Rockstar, verstarb im Alter von 27 Jahren in London.“

Ich würde gerne behaupten, schon damals ein großer Fan gewesen zu sein, doch ich hatte gerade erst den Unterricht an der Highschool begonnen. Mein Taschengeld von fünf Dollar ging jedes Wochenende bei King Karol oder Korvette für meine sich ständig vergrößernde Plattensammlung der Beatles, Rolling Stones und – ja, ich gebe es zu – der Monkees drauf. Das übrig gebliebene Wechselgeld gab ich für Rockmagazine aus. Laut dieser Zeitschriften handelte es sich weder bei Jimi Hendrix noch Eric Clapton um den „König der Gitarre“ – den größten Gitarristen der Welt –, doch mit dieser Meinung der Journalisten endete im Grunde genommen auch schon fast mein Wissen über Hendrix.

Bis zu dem Zeitpunkt beschränkten sich meine Informationen über den Mann, der seine Gitarre „mit der linken Hand spielt“ (wie Bowie über Ziggy Stardust erzählt) auf einen kurzen Clip der Jimi Hendrix Experience bei David Steinbergs Music Scene, einer 45-minütigen Show, bei welcher der Comedian jeden Montagabend als Gastgeber auftrat.

Und warum sollte ich mich an einen 45-sekündigen Clip – falls er so lang war – in einer 45-minütigen Sendung erinnern?

Wo sonst hätte ein Baseball-Fan wie ich einem Gitarristen begegnen sollen, der mit seinem Instrument einen Verstärker malträtiert? Ich sah Hendrix’ spindeldürren Bassisten Noel Redding, der mit einem breiten Grinsen dem Gitarristen einen kleinen Verstärker zuwarf, den dieser dann mit seiner Fender Stratocaster wie einen Baseball schlug, wonach das Instrument zerbrach wie so viele Schläger heutzutage. Der Verstärker flog noch einige Meter, bis er auf der Bühne zerschellte. Ich hatte so etwas noch niemals gesehen.

Am Samstag nach seinem Tod rannte ich in den Plattenladen, um mir etwas von der Jimi Hendrix Experience zuzulegen. Drei Studioalben standen neben anderen Hendrix-Scheiben gut sichtbar auf dem oberen Regal auf der rechten Seite von King Karol Records. Ich fragte den einschüchternden Mann hinter der Ladentheke, welche Platte denn die beste von Jimi Hendrix sei, woraufhin er mir kryptisch verschlüsselt alle drei empfahl. Ich muss ziemlich verdutzt ausgesehen haben, da bin ich mir sicher. Schließlich deutete er auf die mit dem „Hindu-Cover“ und meinte, dass sie das Album sei, welches man kaufen solle, doch mich zog schon die Platte mit der Hülle an, die in Flammen zu stehen schien.

Ich nahm sie in die Hand. Damals schienen Schallplatten alle Antworten auf die Mysterien des Universums zu geben. Ich drehte das Cover um und sah ein Foto der Experience: Hendrix saß und trug sein „Gypsy Eyes“-Jackett, flankiert von Redding und Mitchell, seine großen Hände, die auf die beiden deuten, an den Gelenken übereinandergeschlagen. Seit dem Zeitpunkt ist dies mein Lieblingsfoto. Ich wollte die Platte, doch Electric Ladyland war ein Doppelalbum und kostete mehr, als ich besaß. Die beiden anderen Experience-Platten lagen innerhalb meines finanziellen Rahmens, doch da ich mir nicht das Album leisten konnte, das ich unbedingt haben wollte, legte ich mir eine andere Scheibe zu. (Wahrscheinlich von Grand Funk Railroad, da sie nach der Trennung der Beatles meine Lieblingsband waren.)

Ein Jahr verging. Ich befand mich nun in meinem zweiten Jahr an der Highschool und musste für meinen Freund Albert Hue als Vorwand herhalten, der sich mit seiner weißen Freundin in Manhattan treffen wollte. Ihre Eltern missbilligten die Beziehung, da er Amerikaner chinesischer Abstammung war. Ich musste also bei ihrem Apartment klingen und sie zu Albert bringen, der an einer nahegelegenen Straßenkreuzung wartete. Ich kann mich nicht mehr an ihren Namen erinnern, weiß aber noch, dass die beiden „Alone Again (Naturally)“, die damalige Hit-Single von Gilbert O’Sullivan, zu „ihrem“ Stück auserkoren hatten, und so nenne ich sie einfach „Gilbertine“.

Albert, Gilbertine und ich machten uns auf den Weg nach Greenwich Village, wo ich niemals zuvor gewesen war. Na ja, ich hatte auch noch nie Manhattan besucht. Wir gingen in ein Plattengeschäft, in dem Are You Experienced in der Fensterauslage war. Ich besaß immer noch nichts von Jimi Hendrix, wollte aber nach wie vor eine seiner Platten haben. „Er soll angeblich der beste Gitarrist aller Zeiten sein!“, meinte ich zu Albert, hielt dabei das Cover in der Hand und inspizierte es gründlich. „Ich kaufe es dir“, bot er an. „Bist du dir sicher?“ „Du hast mir einen Gefallen erwiesen. Ich möchte mich dafür bedanken.“ Und so kam ich zu meinem ersten Jimi-Hendrix-Album. Ich würde gerne daran glauben, im Village Oldies gewesen zu sein, wo Lenny Kaye (später Patti Smith Group) mir die Platte verkauft hätte, doch das ist reine Tagträumerei. Eines weiß ich aber genau: Es war der erste Schritt hin zu einer sehr langen Beziehung mit der Musik von Jimi Hendrix und der Auseinandersetzung mit ihm als Menschen.

Schon bald erwarb ich alles, was irgendwie mit Hendrix zusammenhing. Mein erstes selbst gekauftes T-Shirt war ein in einem Head Shop erstandenes Jimi-Hendrix-T-Shirt. Das gelbe Shirt zierte dasselbe Bild, das auch auf Crash Landing zu sehen ist. Danach legte ich mir die ersten von Michael Jeffery produzierten posthumen Produktionen zu und die unfairerweise verunstalteten Alben von Alan Douglas. Ich kaufte die damals angesagten Schwarzlicht-Poster, kiffte bei Mitternachts-Vorstellungen des Films Jimi Hendrix (Empfehlung) und Rainbow Bridge (geschenkt) und besaß schließlich alle legal veröffentlichten Alben und auch noch ein paar andere. Ich besaß allerdings nicht die Single „Voodoo Child (Slight Return)“/„No Such Animal“ und einige Veröffentlichungen von Dagger.

Zudem muss ich zugeben, einige der „unterirdischen“, von Ed Chalpin in den Mark gedrückten Platten getauscht zu haben, nachdem mir klar wurde, was für eine Beleidigung sie für Hendrix darstellen.

Ich habe viele Bootlegs gehört, fast alle auf Film aufgezeichneten Auftritte gesehen und die meisten Bücher über ihn gelesen. Dort finden sich zahlreiche Lügengeschichten. Einige wurden von Hendrix selbst aufgetischt, um seine schäbige und entbehrungsreiche Kindheit zu überdecken, und einige von Bekannten, die damit ihre Spuren verwischten. Man muss eins bedenken: Die Geschichte von Jimi Hendrix’ Musik und Leben provoziert eigentlich eine Wiedergutmachung. Man könnte beinahe behaupten, man habe ihn in eine Sklavengaleere verkauft. Sein Leben lief letztendlich aus dem Ruder und wurde nur durch das gerettet, was ihm am meisten am Herzen lag: seine Musik. Durch die unzähligen Tonbänder, die er hinterlassen hat, wurde sein zeitweise fragwürdiger Ruf wiederhergestellt.

Ich möchte nun mit Ihnen meine Expertise teilen, das erworbene Wissen und vielleicht einige neue gedankliche Ansätze bezüglich seines Lebens und seiner Arbeit, welche die Jahrzehnte nach seinem Tod überstanden haben. Jimi Hendrix war der „König der Gitarre“, doch etwas beeindruckt mich am allermeisten: Er hatte eine sehr hohe Erwartungshaltung hinsichtlich der Musik, die er schrieb, aufnahm und produzierte, damit sie die Menschen berührt. Und genau das ist eingetroffen.

Der ultimative Jimi Hendrix Guide

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