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Will mich denn niemand?

Der schwierige Anfang

Der Song „Belly Button Window“ wurde von den beiden Co-Produzenten Eddie Kramer und Mitch Mitchell ausgesucht, um The Cry Of Love, das erste von vielen posthumen Alben von Jimi Hendrix auszuleiten. Hendrix nahm ihn am 22. August 1970 alleine in seinen neuen Electric Lady Studios auf. Der Text nimmt die Perspektive eines ungeborenen und ungewollten Kindes im Mutterleib ein. Er „kann das häufige Stirnrunzeln sehen“ („can see a lot of frowns“) und stellte sich die Frage, „ob sie mich überhaupt wollen“ („if they want me around“). Rund zweieinhalb Jahre später entschied der Oberste Gerichtshof im Fall „Roe v. Wade“ grundsätzlich, dass ein Schwangerschaftsabbruch, den die Eltern im Song noch illegal in Erwägung ziehen, unter bestimmten Umständen legal sei.

Ich erwähne das, denn in den folgenden Jahren hat das Verfahren „Roe v. Wade“ die Wählerschaft polarisiert und das größtenteils liberale Lager, das den Frauen die Entscheidungsmöglichkeit zubilligt („Freedom to Choose“) gegen die meist konservative Bewegung aufgebracht, die auf ein „Recht auf Leben“ pocht („Right to Life“). Hätten die Konservativen genügend Informationen über das Leben von Hendrix gehabt, dann hätten sie verstanden, dass er ihr ideales „Aushängeschild“ gewesen wäre: Jimi Hendrix überwand die zahlreichen Schwierigkeiten eines ungewollten Kindes, um das sich niemand kümmern wollte, und zudem eines schwarzen Kindes in einer rassistischen Gesellschaft. Er setzte sich durch und triumphierte als einer der einflussreichsten Musiker des 20. Jahrhunderts – was sicherlich das überzeugendste Argument gegen Abtreibung ist, von dem ich je gehört habe.

Eine schnelle rückwärtsgewandte Betrachtung von Jimi Hendrix’ Leben beginnt mit seiner siebzehnjährigen Mutter Lucille, die am 27. November 1942 um 10:15 Uhr Johnny Allen Hendrix im King County Hospital in Seattle, Washington, zur Welt brachte.

Sein Vater James Allen (Al) Hendrix diente während des Zweiten Weltkriegs bei der U.S. Army im Pazifik und sollte seinen Sohn erst im Dezember 1945 sehen, als er nach Berkeley, Kalifornien, zurückkehrte. Dort beanspruchte er das Sorgerecht für den Jungen gegenüber Mrs. Champ, einer Kirchenfreundin von Clarice Lawson Jeter (Lucilles Mutter), die Johnny großgezogen hatte, nachdem Lucille von John Page verprügelt worden war, dem Mann, mit dem sie zusammenlebte. Trotz der Ungewissheit, ob der Kleine tatsächlich sein Sohn war und nicht doch der von John Page, ließ Al am 11. November 1946 seinen Namen in James Marshall Hendrix ändern. Der zweite Vorname war eine Referenz an Als Bruder Leon Marshall.

Als John Page eine fünfjährige Haftstrafe verbüßte, weil er sie geschlagen hatte, zog Lucille mit ihrem Sohn, nun zurück in Seattle, wieder bei Al ein. Die beiden verlebten während dieser Zeit die schönsten Monate ihrer Ehe. Al und Lucille gingen oft aus – ihr erstes Date fand anlässlich eines Fats-Waller-Konzerts statt –, doch sie tranken auch viel und stritten sich häufig, da Al auf die Männer eifersüchtig war, denen Lucille begegnete. Dann wurde Hendrix’ Bruder Leon geboren, danach ein weiterer Junge (Joseph Allen) mit einer Behinderung, was zu weiteren Streitigkeiten führte. Al war nicht in der Lage, einen gut bezahlten Job zu finden, und die Familie zog regelmäßig um. Schließlich wurden die Kinder zu Als Mutter Nora nach Vancouver, British Columbia, gebracht, wo sie den jungen Jimmy mit Geschichten ihrer Cherokee-Vorfahren unterhielt.

Hendrix’ Cherokee-Erbe durch Großmutter Nora und auch Clarice Lawson Jeter, seiner Großmutter mütterlicherseits, hinterließ einen bleibenden Eindruck bei Jimmy, der auch später immer wieder von seiner indianischen Abstammung sprechen sollte. (In William Saunders Jimi Hendrix London wird einer der witzigsten Kommentare von Hendrix wiedergegeben. Als man ihm das Artwork für Axis: Bold As Love zeigte, das ein pseudo-religiöses Hindu-Bild zeigt, das Track Records veröffentlichen wollte, meinte er: „So ein Inder bin ich aber nicht!“ („I ain’t that kind of Indian!“) [Im englischen Sprachgebrauch bezieht sich das Substantiv „Indian“ sowohl auf Indianer (als Ureinwohner Amerikas) als auch Inder (als Bewohner Indiens); Anm.]. Es war Hendrix’ Pochen auf die indianische Blutlinie und nicht auf die Herkunft als Schwarzer, das wesentlich dazu beitrug, ihn keiner Rasse zugehörig erscheinen zu lassen. Dadurch stellte er für weiße Rockmusiker keine Provokation dar, die Hendrix und seine Musik schätzten.

Jimmy lebte mit seinen Eltern ab Oktober 1949 neuerlich in Seattle. Im Herbst des folgenden Jahres kam eine Schwester zur Welt, doch Kathy Ira war blind, woraufhin man sie der Obhut des Staates übergab. Eine weitere Schwester mit dem Namen Pamela wurde im Oktober 1950 geboren, jedoch in eine Pflegefamilie abgeschoben. Al Hendrix’ Weigerung, eine Operation zur Korrektur von Joseph Allens Behinderung zu bezahlen, führte dazu, dass ihn Lucille im Herbst 1951 schließlich verließ. Jimmy wurde daraufhin von seinen Großmüttern, einer Tante Dolores, Freunden und Nachbarn großgezogen, die Mitleid für den späteren Superstar und seinen Bruder Leon empfanden, die Al oft alleinließ, während er seine Laster auslebte.

Bei Lucille zeigen sich einige Gemeinsamkeiten mit der Mutter eines anderen berühmten Rock’n’Rollers: John Lennons Julia. Die beiden lassen sich als Partygirls beschreiben, die viel zu jung geheiratet haben. Sie mochten ein lockeres und unbeschwertes Leben und waren für ihre Söhne weniger eine Mutter, sondern eher eine ältere Schwester oder „heiße“ Tante. Dennoch standen die Hendrix-Jungs Lucille näher als Al. Leon erzählte dem Biografen Charles R. Cross einmal, dass er und Jimmy „absichtlich Ärger bereiteten, damit wir unsere Mutter besuchen durften. Mein Dad hatte das als Bestrafung auserkoren. ‚Wenn ihr euch nicht benehmt, müsst ihr am Wochenende zu eurer Mutter!‘ Und genau das wollten wir ja!“

Lucille war erst einen Monat mit ihrem zweiten Mann William Mitchell verheiratet, als sie am 2. Februar 1958 verstarb. Auf ihrem gemauerten Grabstein im Greenwood Memorial Park in Renton, Washington, steht sein Nachname (also Mitchell) und nicht Hendrix. Ihr Sohn (Joseph Allen) fand zwölf Jahre später auf demselben Friedhof seine letzte Ruhe. (Es ist ein bemerkenswerter Zufall, dass bestimmte Namen aus Hendrix’ Kindheit auf dem Höhepunkt seiner Karriere eine wichtige Rolle spielten. Die von ihm bevorzugten Verstärker trugen seinen zweiten Vornamen Marshall, und Mitchell hieß sein Lieblings-Drummer.)

Lucille verstarb an einer inneren Blutung infolge einer Milzruptur. Doch nach ihrem Tod wurde die Mutter als Mythos wiedergeboren. Leon erinnerte sich daran, dass Jimmy ihm erzählte, seine Mutter sei ein Engel. Ein Grund, warum sie für Jimmy nach dem Tod so eine mythische Rolle besetzte, lag in Als Ablehnung seines ältesten Sohnes. Zwar gab er sich öffentlich ihm gegenüber respektvoll – aber trotz der „Verklärung“ der Vergangenheit bei Interviews und in seinem Buch My Son Jimi war er ein schäbiger, distanzierter Mensch, der Leon bevorzugte (bis er ihn verdächtigerweise und unerwartet in den Neunzigern aus seinem Testament strich und ihm lediglich eine Goldene Schallplatte vererbte.)

Al forderte seine Söhne auf, den Tod der Mutter wie richtige Männer hinzunehmen, was in dem Fall bedeutete, dass sich beide „Männer“ einen Schuss des hochprozentigen Seagram’s 7 hinter die Binde kippten. Al verbot den Söhnen, der Beerdigung ihrer Mutter beizuwohnen, woraufhin sich Hendrix’ Verhältnis zu seinem Vater – das nie eng war – noch weiter verschlechterte. Man kann in der Kindheit einige wichtige Muster ausmachen, die sich im späteren Leben des Gitarristen wiederholen sollten. Die abwesenden Eltern und die ständige Abschiebungen zu Verwandten und Freunden bilden die Quelle für seine Unfähigkeit, zuerst tiefere, bedeutsame Beziehungen zu anderen Kids in der Nachbarschaft einzugehen und später zu Frauen und sogar zu seinen Musikern und Produzenten.

Ob man es glauben mag oder nicht: Besen finden sich unter den Gegenständen, die häufig in Hendrix’ Erinnerungen an seine Jugend auftauchten [Als Symbole des „Auskehrens“ und des Neuanfangs; Anm.]. Nachdem man sich das vergegenwärtigt hat, wirkt der Text von „The Wind Cries Mary“ als Offenbarung, speziell die Zeile „A broom is drearily sweeping up the broken pieces of yesterday’s life“ („Ein Besen fegt verbittert zerbrochene Stücke des vergangenen Lebens hinweg“). Es ist einer der ersten Texte, bei denen sich autobiografische Elemente wiederfinden und der sich nicht auf das Leben „on the road“ bezieht.

Shirley Harding (die Tochter von Dorothy Harding, einer Freundin der Familie) erzählte Kindern Gute-Nacht-Geschichten, unter anderem auch dem jungen Jimmy. In den Storys tauchten drei Charaktere auf, darunter Roy, der Sweeping Boy (er basierte auf dem Vorbild Jimmys, der immer die Küche der Familie ausfegte), der einen Tages „wegen seiner ‚Besengitarre‘ reich und berühmt“ sein würde, wie sich Ebony Harding in einem Gespräch mit dem Autor Charles R. Cross erinnerte.

Das mag zuerst wie ein unbedeutendes Detail anmuten, doch ab ungefähr 1953 hielt Jimmy bei jeder Gelegenheit Besen in den Händen und „spielte“ zu den Songs im Radio. Sein Bruder erinnerte sich, dass er sogar einen Besen in die Schule mitnahm. Ein Schulberater versuchte die Schulleitung zu überreden, Geld zur Anschaffung einer Gitarre für Jimmy aufzutreiben, wobei er darauf hoffte, dass das dessen schulische Leistungen verbessern helfen würde. (Schaut man sich Konzertfotos von Hendrix an, hält er gelegentlich den Gitarrenhals wie einen Besenstiel.)

Ich möchte Sie nun auf einen „Drachenflug“ [Anspielung auf den Text von „Spanish Castle Magic“, Anm.], eine schnelle Reise von Seattle nach New York City mitnehmen, bei dem ich Jimmys erstes Equipment vorstelle und die Bands, mit denen er spielte. Allerdings hatte er keine enge Beziehung zu den ersten Instrumenten, da er sie oft versetzen musste. Seine erste Gitarre war eine Ukulele, gefolgt von einer Akustik-Gitarre mit nur einer Saite, für nur fünf Dollar von Ernestine Benson gekauft, einer Freundin der Familie, die das Geld lockermachte, da Al sich sträubte. (Das unterstreicht übrigens den Ratschlag von Keith Richards in seiner Autobiografie Life, dass man Kindern als Erstes eine Akustik-Gitarre geben solle, da sie in dem Zusammenhang eine bessere Finger-Koordination erlernten.) Jimmy schnallte sich die Gitarre auf den Rücken (mit dem Hals nach unten zeigend) und spazierte damit durch die Gegend, ähnlich dem Helden, den er in dem Nicholas-Ray-Streifen Johnny Guitar gesehen hatte.

Der aufstrebende Musiker hörte sich jeden Gitarristen an – Künstler, deren Konzerte aus der Ole Grand Opry im Radio übertragen wurden, die Blues-Platten von Ernestine Benson und auch Musik von Duane Eddy. Er sah sogar Elvis Presley (von einem hohen Hügel aus, der das Sicks’ Stadium überragte) sowie Little Richard – und wusste, dass er eine elektrische Gitarre haben musste. Erneut kam Ernestine Benson als Rettung ins Spiel, da sie Jimmys Vater zu Myer’s Music jagte, um ihm eine weiße Supra Ozark zu kaufen.

Als ersten Song lernte Jimmy Hendrix „Tall Cool One“ von den Fabulous Wailers, da er sich mit der E-Gitarre eventuell auch größer und cooler vorkam. Doch wie das Schicksal es wollte, wurde ihm die Supra gestohlen, als er sie in der Garderobe des Birdland stehenließ, einem Club in Seattle, in dem Jimmys zweite Band, die Rocking Kings, auftrat. (Der Name seiner ersten Gruppe lautete The Velvetones.)

Einige glauben, dass er die Gitarre aus Angst vor seinem unberechenbaren Vater im Club zurückließ. Der Schulfreund Sammy Drain erzählte der Autorin Sharon Lawrence, dass Al die von Jimmy gespielte Musik manchmal als „Teufelsmusik“ bezeichnet habe. Jimmys Vater wollte die Leichtsinnigkeit seines Sohnes nicht mit einer neuen Gitarre belohnen, woraufhin der zukünftige Rockstar ohne ein Instrument auskommen musste. Erst als Kollegen der Rocking Kings Geld zum Kauf einer neuen Gitarre zusammenwarfen, ging es weiter. Es war eine weiße Silvertone Danelectro – sogar mit einem Silvertone-Verstärker.

Kurz darauf malte er die Danelectro rot an und den Namen seiner Freundin Betty Jean in weißen Buchstaben auf den unteren Teil des Korpus. Betty Jean Morgan war seine zweite Freundin und nicht die erste, wie oftmals berichtet wird. Jimmy spielte die einzige Gitarre, die er nach einer Frau benannte, während seiner Zeit mit den Rocking Kings, Thomas and the Tomcats und den King Kasuals. Zuzeiten der letztgenannten Band diente er bereits als Soldat der 101st Airborne Division in Campbell, Kentucky, wobei er schon Pläne für eine frühzeitige Ausmusterung schmiedete. Von der Army schließlich befreit, gab Hendrix seine Danelectro als Anzahlung gegen eine rote Epiphone Wilshire ab, damals eine Art Gibson SG für Arme. Billy Cox, ein Kumpel aus der Armee und Bassist bei den King Kasuals, trat hier als Bürge in Erscheinung. (In den folgenden Kapiteln wird Cox noch eine wichtige Rolle spielen.)

Jimmy malte das schwarze Schlagbrett weiß an, um die Klampfe visuell aufzumotzen, und nahm sie mit nach Vancouver, wo er bei seiner Großmutter Nora lebte, um seinem Vater und Betty Jean Morgan aus dem Weg zu gehen. Im Dezember 1963 trat er dort mit den Vancouvers auf. Im Frühling tauchte er in Tennessee auf und spielte erstmalig die sogenannten Ochsentouren, kurze Engagements in Bars und Spelunken, entweder mit den King Kasuals oder als Mietmusiker bei Solomon Burke, Otis Redding (der später mit Jimi auf einem Live-Album des Monterey International Pop Festival von Reprise Records erschien) und den Marvelettes. Zu dem Zeitpunkt hatte Hendrix die Epiphone Wilshire gegen eine Wilshire Coronet eingetauscht, erneut eine Gibson-Kopie für Arme, und zwar von der Les Paul Junior.

Angelockt von der Aussicht auf Arbeit, die sich aber nie erfüllte, machte sich Jimmy im Dezember 1963 nach New York City auf. Damals manifestierte sich für zahlreiche Monate ein Muster. Jimmy versetzte seine Gitarre im Leih- und Pfandhaus, um über die Runden zu kommen, und erhielt dann Geld von seiner neuesten Flamme oder dem jeweiligen Bandleader, damit die Klampfe wieder vom Haken genommen wurde. Dort befand sie sich auch, als der Sänger Kelly Isley im Februar 1964 einen Gitarristen für die anstehende Tournee der Isley Brothers suchte. Man erzählte ihm von einem erstaunlichen Musiker, den er dann auch fand.

Jimmy kannte die Stücke der Isley Brothers, was einen unschätzbaren Vorteil darstellte, doch als man ihn bat, etwas vorzuspielen, musste er kleinlaut zugeben, sein Instrument versetzt zu haben. Kelly Isley löste die Gitarre aus und entdeckte, dass sie keine Saiten hatte, die er zu allem Überfluss also auch noch bezahlen musste. In kürzester Zeit war die Gitarre gestimmt und Jimmy ein Mitglied der Isley Brothers.

In seinen neun Monaten mit der Band tourte Jimmy regelmäßig, erhielt einen größeren künstlerischen Freiraum als andere Begleitmusiker, machte seine ersten Studioaufnahmen und schaffte sich eine blonde Fender Duo Sonic an. Es ist höchstwahrscheinlich dieselbe Gitarre, die er bei der Don-Covay-Session spielte, die zur ersten Top-40-Single führte, auf der Hendrix zu hören ist: „Mercy Mercy“ (nun auf dem West Coast Seattle Boy-Boxset erhältlich). Als eine ihrer Tourneen die Isley Brothers durch Nashville führte, stieg Jimmy aus. Dort schloss er sich Gor­geous George Odell an, erlitt in Kansas City „Schiffbruch“ und machte sich auf den Weg nach Atlanta, wo ihn Little Richard als Mitglied der Upsetters engagierte.

Eine neue Band bedeutete für Jimmy in der Regel eine neue Gitarre. So erklärt es sich auch, dass er auf Fotos mit den Upsetters mit einer Fender Jazzmaster in Sunburst zu sehen ist. Seit 1962 hatte Little Richard ein Comeback versucht, nachdem er auf dem Höhepunkt des kommerziellen Erfolgs dem Rock’n’Roll abschwor, um Prediger zu werden. (Hendrix und sein Bruder Leon besuchten im Sommer 1957 eine seiner Predigten in Seattle.) Als sein Versuch scheiterte, Geld aus dem Rock’n’Roll-Revival abzuschöpfen, versuchte er sich im R’n’B – mit noch geringerem Erfolg.

Obwohl Jimmys Gastspiel in der Band rund neun Monate dauerte – und einige Studiotermine beinhaltete –, war es jedoch keine so lohnende Erfahrung wie die Zeit mit den Isley Brothers. Little Richard bot seiner Band kaum Entfaltungsmöglichkeiten. Darüber hinaus zeigte er sich deutlich verärgert, wenn andere ihm die Show stehlen wollten – sei es durch die Garderobe oder das Bühnengebaren –, was zu Konfrontationen mit Maurice James (so Jimmys damaliger Künstlername) und sogar Geldstrafen führte. Wegen seines Misserfolgs konnte Little Richard seinen Musikern zudem nicht die versprochene Gage bezahlen. Was Hendrix aus der Zeit mit dem Rock’n’Roller blieb, war die Fähigkeit der Nachahmung, denn in späteren Jahren kannte man ihn als talentierten Imitator.

Im Sommer 1965 in New York City gestrandet, versuchte Hendrix händeringend Arbeit als Session-Musiker zu finden. Er unterschrieb einen Zweijahres-Vertrag bei Juggy Murray, dem Besitzer von Sue Records, wonach sich die beiden niemals wiedersahen. Weitaus länger anhaltende Konsequenzen resultierten aus einem Treffen mit Curtis Knight in der Lobby des Hotel America, am Times Square in der 47th Street gelegen. Hendrix hatte seine Jazzmaster mal wieder versetzt, und als ihm Knight einen Job in seiner Band Squires anbot, ließ er ihm eine Danelectro auf Pump zukommen.

Knight erlaubte Hendrix mehr Freiraum, nicht zu vergessen die Studio-Sessions, darunter eine, die schon am darauffolgenden Tag stattfand. Das PPX Studio gehörte Ed Chalpin, der Hendrix, nachdem er ihn gehört hatte, für einen Dollar (!) unter Vertrag nahm. Es sollte sich als schicksalhafter Vertrag herausstellen, der dem Musiker wie ein dunkler Schatten sein Leben lang anhing.

In den PPX-Studios nahm Hendrix an vielen Sessions von Curtis Knight teil (und sogar einer Aufnahme für Jayne Mansfield, der vollbusigen Schauspielerin aus B-Movies), die alle ein gemeinsames Schicksal zu teilen scheinen – sie werden bis ans Ende der Zeit wieder und wieder als minderwertige posthume Veröffentlichungen in den Markt gedrückt.

Während dieser geschäftigen Zeit spielte Hendrix auch weitere Sessions mit den Isley Brothers, tourte mit Joey Dee and the Starliters (bekannt durch den „Peppermint Twist“) und stieg auch für sechs Monate bei King Curtis’ All Stars ein. Die Arbeit mit King Curtis gipfelte in einem Auftritt als Hausband bei einer großangelegten Veranstaltung von Atlantic Records im Mai 1966, bei der sich unter anderem Wilson Pickett die Ehre gab, dessen „In The Midnight Hour“ zu den Lieblingssongs von Hendrix zählte.

Im selben Monat spielte Jimmy mit seiner Fender Duo Sonic mit Curtis Knights Squires, einer Band mit ständig wechselnder Besetzung, darunter auch der Saxofonist Lonnie Youngblood, der sich später als eine weitere Quelle fragwürdiger posthumer Aufnahmen erweisen sollte. Am 20. Mai 1966 stieg Jimmy bei den Squires aus.

Knights Gitarre wurde nun beim Kauf einer weißen Fender Stratocaster in Zahlung gegeben – die Differenz bezahlte Hendrix’ weiße Freundin Carol Shiroky. Am 3. Juni 1966 – nach einem Gig mit Carl Holmes’ Commanders – zog er den Klinkenstecker bei exakt dieser Gitarre und sagte: „Das ist das letzte Mal, dass ich so einen Scheiß spiele!“

Seit fast vier Jahren war Hendrix nun bei den sogenannten Package-Tourneen mit Legenden wie Sam Cooke und Curtis Mayfield aufgetreten und hatte Rhythm-and-Blues-Ikonen wie Otis Redding, Ike und Tina Turner und den in kommerzieller Hinsicht abgehalfterten Little Richard als Mietmusiker unterstützt. Mies bezahlt und oft am Straßenrand zurückgelassen, dachte er sich nun, er könne genauso gut als „Frontman“ seiner eigenen Band verhungern denn als Mietmusiker. Trotz Bedenken und seiner Unsicherheit hinsichtlich seiner Gesangs­fähigkeiten, war Hendrix nun bereit dafür, eine eigene Band ins Rennen zu schicken.

Der ultimative Jimi Hendrix Guide

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