Читать книгу Leckmuschel Teil 2 - Genevieve Dubouise - Страница 10
Come as you are Ramira
ОглавлениеMädelsabend. Freitag ab 20 Uhr. „Come as you are.“
Ja, ich kenne das Zitat. Ich mag Nirvana. Ich klingle und komme nicht ganz so, wie ich bin.
Ganz gegen meine Gewohnheiten habe ich mich richtig in Schale geworfen. Meinen neuen BH und den passenden Slip möchte ich heute ausführen. Und weil der BH so eine schöne Fülle in mein Dekolleté zaubert, habe ich mich für eine taillierte weiße Bluse entschieden, die ich recht weit aufgeknöpft gelassen habe. Es sind keine Männer zugelassen an diesem „Come as you are“-Abend, die ich mit meiner Erscheinung ausversehen beeindrucken und zu falschen Schlüssen verführen könnte, deshalb genieße ich es extra, mich ganz unbefangen sexy fühlen zu können. Zu der weißen Bluse passt mein etwas zu enger dunkelblauer Bleistiftrock. Ich ignoriere das leichte Kneifen am Bund, denn schließlich habe ich jedes Stück Schokolade und jede Tüte Chips, die dafür verantwortlich sein könnten genossen. Als ich in den Spiegel geschaut habe, zeichnete er doch sehr mein rundes Hinterteil ab, das ich wegen seiner Fülle in der Regel auch nicht für zur Schau stellbar halte, aber irgendwie fand ich selbst das heute sexy.
Vor dem Spiegel habe, als meine Füße in meinen einzigen Schuhen mit etwas höherem Absatz steckten, ich ein paar sexy Hüftschwünge probiert und wie ein Sahnehäubchen obendrauf noch einen knallroten Lippenstift aufgetragen, den ich mal als Pröbchen bekommen habe. Bisher fand ich ihn immer viel zu Rot, und habe ihn nie getragen, aber heute ist mir ganz nach Experimenten zu Mute. Außerdem, so habe ich mein Outfit vor mir selber gerechtfertigt, kenne ich Iris, die mich eingeladen hat kaum, was kann also schiefgehen, ich habe keinen Ruf zu verlieren.
Wir zwei haben uns erst vor zwei Wochen bei einem Kreativ-Writing-Kurs für Anfänger kennengelernt und wirklich sehr viel gelacht. Ihre sonstigen Mädels kenne ich natürlich überhaupt nicht und in sofern kann ich ruhig ein wenig so tun als wäre ich eine selbstbewusste Frau mit einem Hauch von Erotik in ihren besten Jahren.
So stehe ich also mit einer Flasche Rosé Prosecco vor der Tür, und fange gerade an mit meiner Maskerade zu hadern, als Iris in einem Nirvana-Shirt und einer schwarzen Jogginghose die Tür öffnet. Sie ist schlank, aber nicht dünn und kann bestimmt in jeder Klamotte umwerfend aussehen. „Wow,“ denke ich „Mist, total overdressed“. Meine Wangen werden fast so rot wie mein Lippenstift. Sie macht große Augen und dann sagt sie: „Wow, siehst du toll aus!“
Ich sage, ganz im Tonfall der selbstbewussten Sexbombe: „Tata! Da bin ich!“
„Herrlich, komm rein!“, sagt Iris und hält mir die Tür ganz auf und ich betrete ihre Wohnung. Alles ist genau so gestaltet, wie es mir auch sehr gut gefällt, moderne Linienführung durchbrochen durch einige wenige antike Möbelstücke, in einem sehr gepflegten Zustand, die der hellen Wohnung einen gemütlichen Charakter verleihen. Im Wohnzimmer steht neben zwei sehr modernen Sesseln und einem schlichten Sofatisch aus Holz ein riesiges Sofa im Südstaatenstil, mit rotem Plüschstoff bezogen und unzähligen bunten Kissen drauf. Ich stelle die Sektflasche in den Sektkühler, der auf dem Tisch steht und bestimmt für eine Flasche aus Iris Kühlschrank gedacht ist. Es stehen zwei Sektgläser und ein paar kleine Schälchen bereit, wie man sie von spanischen Tapas kennt, gefüllt mit Knabberkram. Ich lasse mich elegant in die vielen Kissen auf dem Sofa sinken.
„Sehr hübsch und wohnlich hast du es“, sage ich während mein Blick durch das Wohnzimmer und die angrenzende offene Küche schweift auf der Suche nach Anzeichen dafür, dass Iris hier nicht alleine wohnt. Mir wird klar, dass ich wirklich gar nichts von ihr weiß. Ist sie Single? Wie alt ist sie? Was macht sie beruflich? Kinder? Uns wird der interessante Gesprächsstoff bestimmt nicht ausgehen, bis ihre anderen Gäste da sein werden.
Iris setzt sich neben mich und öffnet die Sektflasche. Sie hat bisher irgendwie wirklich wenig gesagt und ich schaue sie an und frage mit einem Blick auf die zwei Gläser, wer denn heute Abend noch so kommen wird. Sie grinst und fragt: „Warum?“
Ich druckse etwas befangen herum, weil ich unter Mädelsabend bisher immer eine lustige Runde von mindestens vier bis fünf Frauen verstanden habe, die den ganzen Abend ausgiebig mit einander quatschen und viel Spaß haben.
Sie sagt: „Wir sind Mädels und das ist unser Abend: Mädelsabend!“. Stimmt, denke ich. „Außerdem“, fährt sie fort, „haben wir zu zweit viel mehr Gelegenheit uns besser kennenzulernen.“
Da hat sie auch wieder recht. Ich lächle und sie reicht mir mein Glas. Wir stoßen an. „Auf unseren Mädelsabend!“ sage ich. Ich hole Luft und will grade meinen Mund öffnen, um alle die Dinge zu fragen, die man ja in der Regel, ganz so nebenbei so von einander wissen möchte und durch Smalltalk raus finden kann, da schüttelt sie leicht den Kopf und ich atme wieder aus. Ich bleibe stumm und schaue sie an. Sie hat blaue Augen mit langen, dichten ungeschminkten Wimper, die mich forschend ansehen. Es ist mir etwas unangenehm, so von ihrem Blick untersucht zu werden und ich lächle verlegen. Sie ist hübsch, richtig schön, denke ich. Braune Haare, mit einem leichten Mahagoniglanz, die blauen Augen, zarte Gesichtszüge und ebenmäßige Brauen und Lippen. Ich frage mich, wie sich ihre Haut wohl anfühlen mag? Sie sieht weich aus, samtig wie der Bezug des Sofas, über den ich mit meinen Fingerspitzen statt über ihre Wange streiche.
Sie neigt sich zu mir rüber, hebt ihre Hand und tut bei mir genau dass, was ich mir selber gerade verboten habe. Ganz sanft streicht sie mit ihren Fingerspitzen über meine rechte Wange. Mir stockt der Atem. So sanft bin ich in meinem ganzen Leben noch nicht berührt worden. Es ist eine kleine, voller Achtsamkeit geführte Bewegung, die mein Herz einen Schlag aussetzen lässt. Unwillkürlich schließe ich die Augen und wünsche mir, dass dieser Sekundenmoment nicht vorbei gegangen wäre. Als ich die Augen langsam wieder aufschlage, ist Iris noch etwas näher an mich herangerückt. Ich spüre ihre Wärme. Kommt sie von ihrem Blick, oder von ihrem Körper, der mir jetzt so nah ist? Sie durchdringt meine Haut, durch meinen Körper, wie ein warmer Nebel aus Gefühlen, ganz unbestimmt und dabei doch deutlich.
Kurz kämpft sich mein Verstand an die Oberfläche und übertönt ganz kurz, dieses überaus sinnliche Erleben mit Verwunderung über mich selbst. „Sie ist eine Frau, so wie du!“, tönt es ganz kurz in die Leere meiner Gedanken hinein. „Das ist mir grade ganz egal!“ antwortet der Gegengedanke bestimmt und bringt meinen Verstand damit wieder zur Ruhe. Unwichtig, egal und überflüssig sind alle Gedanken, die vorhin noch durch meinen Kopf geisterten. Ganz entgegen dem sonst übliche Rennen und sich drehen, schweigen sie alle und machen Platz für etwas Ungeahntes und Neues.
Unsere Blicke versenken sich ineinander. Iris nimmt mir, ohne den Blick aus meinem zu lösen mein Glas aus der Hand und stellt beide nebeneinander auf den Tisch. Meine Hand sinkt auf meinen Rock und ihre legt sich sacht, wie eine herabsinkende Feder, ganz warm und weich darauf. Es ist, als wäre mir ihre Nähe, und ihr zarter Atem an meinem Ohr ganz bekannt, ich fühle mich so wohl, wie in einer großen Badewanne, getragen und umspült von Wärme, Wohlgeruch und Behaglichkeit. Ihre andere Hand streicht mir eine Strähne, die sich aus meiner lockeren Hochsteckfrisur gestohlen haben muss, hinter mein Ohr und wieder bin ich gerührt von der Achtsamkeit dieser Geste. Endlich hebt sich meine Hand und ich streiche meinem vorherigen Impuls folgend über die Zartheit ihrer Wange. Erbebend spüre ich, wie sich meine Hand beim Hinabgleiten ihren Weg über ihren zarten Hals und ihr T-Shirt hinweg leicht tastend und erwartend ihrer Brust nähert, um erstaunt über ihre leicht erhabene vollkommene Rundung zu gleiten. Ich spüre ihren Atem, der bei der Berührung meiner Hand warm über meine Wange gleitet. Ihre Lippen sind mir nun so nah, dass ich sie spüren und schmecken möchte. Sanft tastet mein Mund nach dem ihren. Wir erreichen uns und suchend, tastend wechseln sich unsere Lippen und Zungen ab um einander kennenzulernen. So sanft, so zart, so leicht und liebevoll bewegen wir uns, als wären wir Wolken, die an dem blauen Sommerhimmel zu einer weißen Weichheit verschmelzen. Nichts begrenzt uns, alles ist möglich in diesem schwebenden Raum, in dem wir sind. Meine Hand liegt auf ihrem Bein und ihre Hand auf meinem Rock, unsere Blicke, Zungen und Atemzüge sind in einem innigen Gespräch ohne Worte verbunden.
Während ihre Hand meinen Oberschenkel zart erforscht tastet meine Hand noch einmal nach der Vollkommenheit ihrer Brüste. Noch nie habe ich mir klar gemacht, dass meine Hand weiß, wie sie die Brustwarzen einer anderen Frau erregen kann. Sie drücken sich gegen den dünnen Stoff des T-Shirts und so vorsichtig, als ginge sie mit bloßen Füßen über heißen Asphalt, tastet Iris nun unter meinen Rock. Unbekanntes Terrain betretend spüre ich ihre zarten Fingerspitzen über das Spitzenmuster meines Slips streichen. Ich halte inne, meine Welt bleibt einfach stehen. Sie streicht zufällig und zart über den Stoff, unter dem sich meine vor Erwartung pulsierende Klit befindet, und mich unter ihrer Berührung mit einem Schauer, einem warmen Sommerregen gleich übergießt.
Wie und wann auch immer ich dieser fremden Welt entstiegen bin, ich kann es nicht genau sagen. Wie in einem Traum lösten wir uns irgendwann von einander. Jede von uns nahm wieder ihre Gedanken und Worte auf. Jetzt stehe ich in der Kühle der Nacht, während die Hitze des Erlebten noch immer in meinem Inneren lodert. Den Sekt haben wir noch getrunken und wenn wir uns wieder sehen, dann wird uns der Gesprächsstoff sicher nicht ausgehen, denn ich kenne sie seit heute sehr gut, aber wer sie ist, dass weiß ich noch immer nicht …