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5. Szene

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〈= H 4,5

Der Hauptmann. Woyzeck.

Hauptmann auf einem Stuhl, Woyzeck rasiert ihn.

HAUPTMANN.

Langsam, Woyzeck, langsam; ein’s nach dem andern; Er macht mir ganz schwindlich. Was soll ich dann mit den zehn Minuten anfangen, die er heut zu früh fertig wird? Woyzeck, bedenk’ er, er hat noch seine schöne dreißig Jahr zu leben, dreißig Jahr! macht 360 Monate, und Tage, Stunden, Minuten! Was will er denn mit der ungeheuren Zeit all anfangen? Teil er sich ein, Woyzeck.

WOYZECK.

Ja wohl, Herr Hauptmann.

HAUPTMANN.

Es wird mir ganz angst um die Welt, wenn ich an die Ewigkeit denke. Beschäftigung, Woyzeck, Beschäftigung! ewig das ist ewig, das ist ewig, das siehst du ein; nun ist es aber wieder nicht ewig und das ist ein Augenblick, ja, ein Augenblick – Woyzeck, es schaudert mich, wenn ich denk, dass sich die Welt in einem Tag herumdreht, was eine Zeitverschwendung, wo soll das [16]hinaus? Woyzeck, ich kann kein Mühlrad mehr sehn, oder ich werd’ melancholisch.

WOYZECK.

Ja wohl, Herr Hauptmann.

HAUPTMANN.

Woyzeck er sieht immer so verhetzt aus, ein guter Mensch tut das nicht, ein guter Mensch, der sein gutes Gewissen hat. – Red’ er doch was Woyzeck. Was ist heut für Wetter?

WOYZECK.

Schlimm, Herr Hauptmann, schlimm; Wind.

HAUPTMANN.

Ich spür’s schon, ’s ist so was Geschwindes draußen; so ein Wind macht mir den Effekt wie eine Maus. (Pfiffig.) Ich glaub’ wir haben so was aus SüdNord.

WOYZECK.

Ja wohl, Herr Hauptmann.

HAUPTMANN.

Ha! ha! ha! Süd-Nord! Ha! Ha! Ha! O er ist dumm, ganz abscheulich dumm. (Gerührt.) Woyzeck, er ist ein guter Mensch, ein guter Mensch – aber (mit Würde) Woyzeck, er hat keine Moral! Moral das ist wenn man moralisch ist, versteht er. Es ist ein gutes Wort. Er hat ein Kind, ohne den Segen der Kirche, wie unser hochehrwürdiger Herr Garnisonsprediger sagt, ohne den Segen der Kirche, es ist nicht von mir.

WOYZECK.

Herr Hauptmann, der liebe Gott wird den armen Wurm nicht drum ansehn, ob das Amen drüber gesagt ist, eh’ er gemacht wurde. Der Herr sprach: lasset die Kindlein zu mir kommen.

HAUPTMANN.

Was sagt er da? Was ist das für ’ne kuriose Antwort? Er macht mich ganz confus mit seiner Antwort. Wenn ich sag: er, so mein ich ihn, ihn.

WOYZECK.

Wir arme Leut. Sehn sie, Herr Hauptmann, Geld, Geld. Wer kein Geld hat. Da setz einmal einer sein’sgleichen auf die Moral in die Welt. Man hat auch sein Fleisch und Blut. Unsereins ist doch einmal unselig in der und der andern Welt, ich glaub’ wenn wir in Himmel kämen, so müssten wir donnern helfen.

HAUPTMANN.

Woyzeck er hat keine Tugend, er ist kein tugendhafter Mensch. Fleisch und Blut? Wenn ich am [17]Fenster lieg, wenn es geregnet hat und den weißen Strümpfen so nachsehe, wie sie über die Gassen springen, – verdammt Woyzeck, – da kommt mir die Liebe. Ich hab auch Fleisch und Blut. Aber Woyzeck, die Tugend, die Tugend! Wie sollte ich dann die Zeit herumbringen? ich sag’ mir immer du bist ein tugendhafter Mensch, (gerührt) ein guter Mensch, ein guter Mensch.

WOYZECK.

Ja Herr Hauptmann, die Tugend! ich hab’s noch nicht so aus. Sehn Sie wir gemeinen Leut, das hat keine Tugend, es kommt einem nur so die Natur, aber wenn ich ein Herr wär und hätt ein Hut und eine Uhr und en Anglaise und könnt vornehm reden, ich wollt schon tugendhaft sein. Es muss was Schöns sein um die Tugend, Herr Hauptmann. Aber ich bin ein armer Kerl.

HAUPTMANN.

Gut Woyzeck. Du bist ein guter Mensch, ein guter Mensch. Aber du denkst zu viel, das zehrt, du siehst immer so verhetzt aus. Der Diskurs hat mich ganz angegriffen. Geh’ jetzt und renn nicht so; langsam hübsch langsam die Straße hinunter.

Woyzeck

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