Читать книгу Herr Bernstein reist zum Äquator - Georg Pelzer - Страница 5

29° nördliche Breite, 15° westliche Länge,
10 319 Meter über Meeresspiegel,
Mitte Dezember (eine Art Prolog)

Оглавление

Ein Mann betrachtet den sich im abnehmenden Licht auflösenden Horizont, auf seinen Knien hält er ein Paket. An seiner rechten Schulter lehnt der Kopf einer Frau, blonde Haare kitzeln seinen Hals. Durch die Fasern seines Hemds dringt in regelmäßigen Abständen ein schwacher Stoß warmer Atemluft. Der Mann rührt sich nicht, will die Frau nicht wecken, schaut lediglich zum Fenster hinaus. Sein Puls hat sich nach dem gelungenen Start wider Erwarten beruhigt, den Rest des Flugs wird er auch noch durchstehen. Dort hinten am Ende des Wolkenmeers, wo der Himmel bereits weitgehend von der aufziehenden Nacht verschluckt worden ist, dort muss er sich in etwa befinden, der Äquator.

Bald ist kaum noch etwas zu sehen, Farben und Wolken sinken nach und nach ins Grau, wie ein Sofortbild, das sich entgegen allen physikalischen Gesetzmäßigkeiten wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurückverwandelt. Und doch ist das Ende der Reise in Sichtweite. Der Mann löst vorsichtig den Knoten aus dem dunkelblauen Schnurband, entfernt fast geräuschlos das türkisfarbene Geschenkpapier. Eine Pappschachtel kommt zum Vorschein, er hebt den Deckel und schaut hinein. Obenauf sein Ehering, darunter ein Stapel bedruckter Blätter. Er nimmt die erste Seite heraus und beginnt zu lesen.

Ja, mein Lieber, es geht um dich. Brauchst dich gar nicht erst umzudrehen, hinter dir sitzt niemand, der sich angesprochen fühlen könnte. Du bist es, der nun im Blickpunkt steht, von allen Seiten gut ausgeleuchtet, auch wenn dir das alles andere als lieb ist. Du wirst einiges über dich erfahren. Über dich und andere. Verborgenes, das dir vielleicht schon lange bewusst ist, das du dir andererseits noch nie eingestanden hast. Ein paar unbekannte Wahrheiten, für bare Münze genommene Unwahrheiten. Bist du bereit? Also los!

Herr Bernstein reist zum Äquator

Подняться наверх