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März 2007, Köln

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Die Stahlspitze blieb knapp oberhalb der linken Augenbraue stecken. Mario Blaschek lächelte zufrieden.

Er stand von seiner Pritsche auf, streckte sich und zog den Dartpfeil aus dem Foto. Mörtel rieselte auf den Boden.

"Drei Monate noch, Riemke", sagte er leise, "dann wird abgerechnet."

Sein Blick wanderte auf einen vergilbten Zeitungsausschnitt, der neben dem mit Löchern übersäten Foto hing.

Kindesentführer gefasst

Kölner Stadtanzeiger 08.06.1992

Der als „Viper“ bekannte, mutmaßliche Entführer von Lukas Sandel konnte verhaftet werden.

Der Leiter der SoKo Viper, Kriminalkommissar Karl Riemke, konnte in den frühen Abendstunden den seit fünf Jahren gesuchten Mario Blaschek verhaften. Wie es Riemke gelang, den Mann, der die Polizei so lange zum Narren hielt, und der seit zwei Jahren zu den meistgesuchten Verbrechern des Landes gehörte, zu fassen, ist bisher unbekannt. In einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz teilte der Polizeisprecher lediglich mit, dass der unermüdlich Einsatz und die Beharrlichkeit von Riemke zu der Verhaftung geführt haben."

"Zwei zu eins, Arschloch", murmelte Blaschek "aber dat Spiel ist noch nit zu Ende." Dann betrachtete er einen weiteren vergilbten Zeitungsausschnitt.

Kindesentführer verurteilt

Kölner Stadtanzeiger 24.11.1992

Landgericht verurteilt „Viper“ Mario Blaschek wegen Kindesentführung mit Todesfolge sowie räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren.

Knapp fünf Monate nach seiner Verhaftung verurteilte das Landgericht Köln Mario Blaschek zu einer Strafe von 15 Jahren und folgte damit dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Blaschek wurde für schuldig befunden, an der tragisch geendeten Entführung des Industriellensohns Lukas Sandel maßgeblich beteiligt gewesen zu sein. Obwohl ihm zuvor nie etwas nachgewiesen werden konnte, waren die zahlreichen anderen Straftaten, mit denen er in Verbindung gebracht wird, sowie die mangelnde Reue des Angeklagten ausschlaggebend für das Strafmaß. Überschattet wurde der Prozess von Drohungen Blascheks gegen Kriminalkommissar Karl Riemke, der maßgeblich zu seiner Verhaftung beitrug und die Beweise erläuterte. Wegen der Zwischenrufe und Wutausbrüche wurde der Prozess teilweise in Abwesenheit des Angeklagten geführt. Die Anwälte der Eltern von Lukas Sandel zeigten sich zufrieden mit dem Urteil."

Im Januar 2001 hatte Blaschek begonnen, das Ende seiner Gefangenschaft vorzubereiten. Dass er keine Aussicht auf vorzeitige Entlassung haben würde, hatte ihm sein Anwalt schon kurz nach der Urteilsverkündung klar gemacht. Dafür waren die Drohungen gegen Riemke zu heftig ausgefallen. Dank einer langen Karriere als Verbrecher und einem hohen Maß an Rücksichtslosigkeit gegenüber seinen Opfern galten die Chancen auf eine Resozialisierung Blascheks als gering.

Für ihn ging es nur darum, eine Sicherheitsverwahrung im Anschluss an seine Haftstrafe zu vermeiden. Also hielt er sich an die Anstaltsregeln, begann in der Bibliothek zu lernen und ließ sich zum Erst-Helfer ausbilden. In 2002 stellte Blaschek einen Antrag auf vorzeitige Haftentlassung. Er wusste, dass dies keinen Erfolg haben würde, aber er wollte sicher sein, dass sein gutes Verhalten dokumentiert würde. Und so kam es auch.

Blaschek zerlegte den Dartpfeil in vier Teile und verteilte sie auf gut gewählte Verstecke. Dann zog er den Heftzweck aus der Wand und legte das Foto von Riemke unter seine Matratze. Nur ab und an holte er es heraus. Der Hass auf Riemke hatte ihm ein Ziel gegeben, seinem Leben einen Sinn. Jetzt fragte er sich manchmal, ob Riemke es wert war, ein weiteres Mal im Knast zu landen, und dann für immer. Zehn Jahre hatte er gebraucht, bevor er sich zum ersten Mal fragte, ob Riemke vielleicht nur seinen Job getan hatte.

Doch Riemke hatte mehr als seinen Job gemacht. Er hatte sich in die Verhaftung Blascheks hineingesteigert, seine Familie vernachlässigt, Tag und Nacht gearbeitet und keine Verbindung ungenutzt gelassen, zusätzliche Ressourcen für die SoKo Viper zu beschaffen.

Wie erwartet, war auch das zweite Gesuch auf vorzeitige Entlassung abgelehnt worden. Der Bewilligungsausschuss hatte alles noch einmal durchgekaut und am Ende war es die persönliche Aussage Riemkes gewesen, der, seit sieben Jahren in Pension, nochmals die Drohungen darstellte, die Blaschek gegen ihn und seine Familie ausgestoßen hatte. Blaschek hatte erreicht, was er wollte. Sie hatten zwei Mal seine vorzeitige Entlassung abgelehnt, trotz nachweislich guter Führung. Das bedeutete aber auch, dass es keinen Grund geben würde, ihn in Sicherheitsverwahrung zu nehmen.

Jetzt war die Zeit gekommen, die Früchte der letzten Jahre zu ernten. Auf ihn wartete die Freiheit und die Rache. Es hatte ihn viel Kraft gekostet, sich an die Regeln zu halten und keine Aggressionen zu zeigen.

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