Читать книгу Der Mann mit dem Tattoo am Hinterkopf - Gerald Edinger - Страница 11
ОглавлениеGEPLATZTER TRAUM
Wie viele Jungs träumte auch Ringo von einem Leben in einer besseren, von den Sorgen des Alltags befreiten, Welt. „Im Fußball war ich sehr gut, wollte später mal damit Geld verdienen. Der Bolzplatz war mein zweites zu Hause. In einem Vorort von Frankfurt habe ich in einer Vereinsmannschaft gespielt.“ Im offensiven Mittelfeld gab er den Takt vor oder sorgte als spielender Stürmer für Tore. Für jedes Spiel bekam er schon als Jugendlicher 100 D-Mark, dazumal viel Geld für einen Jungen aus einer Vorstadtsiedlung. Das Talent des 16-Jährigen wollte der hessische Fußballverband fördern und lud ihn zu einem Lehrgang in die Sportschule Grünberg ein. „Auch meine Freunde waren alle fußballverrückt. Aber vor jedem Spiel haben wir was geraucht oder Valoron geschluckt. Je mehr wir genommen haben, desto weniger konnten wir Fußball spielen. Das ging irgendwann auf die Kondition und wir fingen an, die Leute auf dem Platz auszulachen.“ (Valoron ist ein Schmerzmittel aus der Gruppe der Opioide - bei Süchtigen als Ersatzdroge beliebt).
Es kam der Tag, an dem er Wichtigeres zu tun hatte, als im Verein oder für den Verband Fußball zu spielen. Zu viele Regeln, zu viele Erwartungen, zu viel Leistungsdruck – wo blieb da der Spaß? Stoff besorgen stand längst ganz oben auf seiner täglichen To-do-Liste. Fußball spielte er nur noch, wenn er Bock darauf hatte, was den anderen in der Mannschaft verständlicherweise ziemlich auf den Geist ging. „Sie machten dem Trainer Druck, weil ich nie beim Training war und trotzdem aufgestellt wurde.“ Der schleichende Prozess beschleunigte sich bis hin zu einer rasanten Fahrt in die Drogenhölle, die nicht mehr aufzuhalten war. Es kam, was zu erwarten war: Er flog aus der Mannschaft, damit war der Traum von einer Karriere als Fußballprofi ausgeträumt – zunichtegemacht von seiner Sucht.
Fußball war trotzdem in seiner Clique weiterhin beliebt. Ringo kickte mit seinen Jungs aus der Vorstadt nun in einer Kneipenmannschaft. Da waren alle Junkies zusammen und die Prioritäten klar definiert. „Wir waren sogar relativ gut, konnten vor dem Spiel aber unser Zeug machen. Je mehr wir genommen hatten, je breiter sind wir geworden.“ Mit „breit sein“ wird in der Szene der Rauschzustand nach der Einnahme von Drogen beschrieben. Sport war also lange Zeit parallel zum Drogenkonsum sein Ding, alle anderen Sachen, auch seine Familie, haben ihn schon lange nicht mehr interessiert.