Читать книгу Abhandlung des Daseyns der Gespenster - Gerald van Swieten - Страница 7
3. §. Die Wirklichkeit der Geister kann aus der heiligen Schrift nicht bewiesen werden.
ОглавлениеDie erschaffene Welt hatte das Alter von 6. Tägen noch nicht erreichet, sie ware nach der Meinung der Schriftsteller noch nicht 6. Stund von vernünftigen Geschöpfen bewohnet, so soll auf derselben schon ein Gespenste aufgetretten seyn, und die erste Menschen beunruhiget haben. So weit gehen die Gespensterfreunde in das Alterthum zurück, damit das Daseyn der Gespenster nicht jünger als die Welt sey. Die Schlange in dem Paradeis muß dieses Gespenste seyn, und den Vertheidigern derselben als ein vorzüglicher Beweis dienen, welcher die Wirklichkeit der Geister erörtern soll. Ich will die unglückliche Geschichte nicht mit mehrern anführen. Sie ist sattsamm bekannt, nur die Gründe, mit welchen die Gespensterliebhaber ihren Ausspruch zu beweisen suchen, will ich beibringen, und selbe gänzlich bei Seite räumen, oder am mindesten ihre Kräften brechen. Einige von diesen Herren sagen, daß der Satan in eine Schlange sich verstellet, sich nach seiner erlauchten Wissenschaft aus der Luft einen Körper, der der Schlange ähnlich ware, gebauet, und also unsere erste Mutter zur Sünde gereitzet habe. Da wir überhaupts dieses Luftgebäu (wie wir in den nachfolgenden §. zeigen werden) und daß ein Geist die Wissenschaft und Kräften habe, einen Körper aus der Luft sich zu machen als etwas unmögliches betrachten; so können wir umso minder dieser Meinung unseren Beyfall angönnen, weil ihr auch die Schrift ganz offenbar widerspricht. Denn 1) saget Moyses ausdrucklich, daß die Schlange das listigste Thier unter allen Thieren der Erde seye; diese Vergleichung aber mit den übrigen Thieren wurde sehr unschicklich seyn, wenn die Rede von einer Ausdünstung der gröbern Lufttheilchen gestalteten Schlange wäre. Ich könnte nicht sagen der Löw ist der stärkste unter den Thieren, wenn der Löw kein Thiere nicht wäre. 2) Wenn wir die Strafen betrachten, mit welchen der erzürnte Schöpfer die Schlange beladen, so werden wir finden, daß diese auf eine natürliche Schlange ganz ungezwungen zu erklären sind, und daß er mit dem Fluch die Schlange bestrafet, weil sie eine Gelegenheit gegeben oder ein Werkzeug zur Verführung gewesen. Gewiß die Worte des HErrn, die er zu der Schlange sprach: (dieweil du solches gethan hast, so bist du verflucht unter allen Vieh, und unter allen Thieren der Erde, auf deiner Brust sollst du gehen, und Erde essen alle Tage deines Lebens: können nicht auf eine aus der Luft gebildete Schlange ausgedehnet werden. Andere sagen, daß der Satan einer natürlichen Schlange als eines Werkzeuges sich bedienet, dessen Körper besessen, und durch solche als wie durch einen besessenen mit der Eva gesprochen habe. a)[25] Ist diese Erklärung die ächte, so finden wir in selber so wenig einen Beweis eines Gespenstes, so wenig jemand behaupten wird, daß, wenn der Satan ein Mägdlein besitzet, aus ihr griechisch redet, die Besessene ein Gespenste seye.
So allgemein diese Meinung ist, so finde ich doch eine sehr große Beschwerniß, welche sowohl diese, als die vorgehende Erklärung betrift. Die Rede, die die Schlange mit der Eva gehalten hat, müßte ihr allerdings sehr verdächtig und unwahrscheinlich vorgekommen seyn. Reden ist den Thieren nicht natürlich, und niemand wird so leicht dem jüdischen Geschichtschreiber Josephus Flavius, beipflichten, und behaupten, daß die Thiere vor dem Sündenfall das natürliche Vermögen zu Reden gehabt haben. Diesen Knotten aufzulösen, sagen einige, daß der Eva diese Rede zwar übernatürlich habe vorkommen müssen; daß sie aber geglaubt habe, daß ein guter Geist aus der Schlange rede. Ein guter Geist? also ein Engel. Allein die Schrift meldet kein Wort von einem Engel, und wer weis, ob Eva einige Wissenschaft von den erschaffenen Engeln hatte? oder wie hat sich wohl die Eva, die einen durch keine Sünde verdunkelten Verstand besaße, vorstellen können, daß ein guter Geist, sie zu Übertrettung des scharfen Gebothes, so ihr GOtt gegeben hatte, anleiten könnte. Vielleicht könnte man die Geschichte wegen dieser Beschwerniß also erklären. Die Schlange ist auf dem Baum herum gekrochen, und hat, da sie die Früchten abgebrocket, unsere erste Mutter zu eben diesen angereizet, und der Satan hat der Eva durch innerliche Versuchung eingegeben: Ihr werdet nicht des Todes sterben, ihr werdet wie die Götter werden, und das Gute und Böse wissen, sofern ihr von der Frucht des Baums esset. Siehe! die Schlange rühret auch die Früchte an, und sie stirbet nicht des Todes, auch du wirst ewig leben, wenn du von diesem Baume genießest.
Es kann dieses seyn. Es kann aber auch nicht seyn, daß sich diese Begebenheit also zugetragen. Mir ist es genug, daß diese Erklärung viel wahrscheinliches in sich enthält, und daß der durch seine Schriften verewigte Calmet[26] sage: Es wird an verschiedenen Orten der Schrift, das, was der Satan gethan, oder eingegeben hat, nach Art eines menschlichen Gespräches angeführt; gleich wie sein Gespräch mit Eva im Paradeis, wie auch daß er unter den guten Engeln von dem HErrn erschienen seye, vom Job geredet, und die Erlaubniß selben zu versuchen erlanget habe.[27]
Andere wollen der oben angemerkten Schwierigkeit durch eine andere Erklärung ausweichen. Sie sagen: daß Moises durch den Satan die Schlange allein verstehe, und daß das Wort Schlange im Texte nicht ein Werkzeug des Satans, sondern den Verführer selbst bedeute, welcher allein obwohl in einem uneigentlichen und figürlichen Verstande wegen der besonderen Aehnlichkeit, die die Eigenschaften des Satans mit der Beschaffenheit dieses Thieres haben, die Schlange genennet wird. Dergleichen figürlichen Gebrauchs der Worte bediene sich öfters die heilige Schrift, und andere Schriftsteller, wie nun die Schlange als ein listiges und vergiftetes Thier bekannt ist / so legte Moises diesen Namen dem Teufel wegen seiner Arglistigkeit und Boßheit bei, obwohl sonst nirgends eine natürliche Schlange zugegen gewesen, sondern Mojses sich solche nur vorgestellt hat, da er den unreinen Geist mit lebendigen Farben deutlich abschildern wollte. Wie können aber die Strafworte GOttes: Du wirst auf den Bauche kriechen und Erde essen, auf den Satan angewendet werden? Die Vertheidiger dieser Erklärung antworten auf diesen Einwurf, und sagen, da sich Mojses einmal vorgesetzt den Verführer mit einem von den unvernünftigen Thiere entlehnten Name zu belegen; so ware es vernünftig, dasjenige, was er von ihm erzählen wollte, in gleichförmigen Worten vorzutragen: daher er sich bei Beschreibung der Strafe, so GOtt den Satan auferleget, solcher Redensarten, die von der Schlange hergenommen sind, bedienet hat, aus welchen man aber doch zugleich abnehmen könnte, von wem er reden wollte, indem er das Strafgerichte über die Schlange mit den Worten beschließet: Ich will Feindschaft setzen zwischen dir und dem Weib, und zwischen deinem und ihrem Saamen. Sie (die 70. Dolmetscher und der chaldäische Text setzten Er) wird dir dein Haupt zertretten, und du wirst ihrer Ferse nachstellen. Andere halten die Schlange, von welcher Eva ist verführet worden, vor die sündliche Begierde des Weibs. Diese, und die vorhergehende Erklärung unterstützen nicht wenige HH. Väter mit ihrem Beifall; obschon die letzte bei unsern Tägen in Abfall gekommen ist. So viele mühsame und gegen einander streitende Erklärungen zeigen zur Genüge, daß hier die Schrift sehr dunkel seye, und man muß diese Geschichte nur mit den Augen eines Schriftstellers dießseits der Donau betrachten, wenn man für gewiß und ungezweifelt den Satan in der Gestalte der Schlange ersehen will; man muß nur die Ohren dieses gelehrten Herrn haben, wenn man den Teufel durch die Schlange mit Eva will reden hören, und es doch als eine Lehre der göttlichen Schrift angeben will. Ich weiß nicht, mit welcher gelehrten Dreistigkeit er behaupten kann, daß dieses letztere eine Lehre der göttlichen Schrift seye, da doch die ganze Geschichte sehr dunkel, die Kirche selbe durch ihren Ausspruch nicht erkläret hat, und die Meinungen der HH. Väter getheilet sind. Allein was bekümmert sich der Hr. Verfasser von den 3. wichtigen Fragen über das Hexensystem um die Erklärung der HH. Väter. Seine in den Casibus aufgeraffte Begriffe sind schon hinlängliche Beweise, welchen die gelehrte Welt um so mehr ihren Beifall schenken muß, weil er selbst das Geständniß ableget, daß er weder ein Theolog noch ein Neophilosoph seye, und weil er dieses nach dem Urtheile des gelehrten Hrn Finauers in Bibl. Bavar. unwiderleglich erprobet hat. Sollte ich diesem unpartheyischen Urtheile meine geringe Meinung über die 3. wichtige Fragen beifügen, so ware es diese; Die Schrift, 3. wichtige Fragen, ist dem Titel sehr unähnlich: denn nebst dem groben Druckfehler des versetzten Wörtleins un auf dem Titelblatte, wie der scharfsichtige Hr. Finauer anmerket, bringet der Hr. Verfasser nichts wichtiges auf die Bahn, und jede Zeile widerspricht demjenigen, was er versprochen, seine Beweise sind von andern abgeborgte Gründe, die die Hexenläugner selbst angeführet, und beantwortet haben. Es wird ihm also niemand, wie er hoffet, die Ehre anthun, und sich so weit herablassen, und sein unwichtiges Gezeug widerlegen; obschon nichts leichters wäre, als dem Herrn Verfasser sein Versehen gegen die hermeneutische Regeln zu zeigen, und ihm besser schließen zu lehren, damit wir aber diesem Casuiste, der sich selbst einen David nennet, und mit den starken Waffen des Goliats aufgetretten ist, Gerechtigkeit widerfahren lassen, so müssen wir zum unsterblichen Nachruhm des Hrn Verfassers dieser 3. Bogen sagen, daß nichts geringes seye
ohne ein Bein zu strecken,
Zwölf Seiten voller Nichts mit Jauchzen auszuhecken.
Die zwote Begebenheit, bei welcher sich ein sichtbarliches Gespenst soll gezeiget haben, ist die Geschichte aus dem ersten Buche der Königen c. 2. wo uns die Schrift saget, daß Samuel dem Könige Saul erschienen seyn solle. Es ist keine Geschichte und keine Stelle in göttlicher Schrift, bei welcher die Ausleger so wenig übereinkommen, als eben diese. Ich finde vier Meinungen, welche von Männern verfechtet werden, die diese Stelle mit gelehrten Anmerkungen beleuchtet haben. Die erste Meinung saget, daß die Seele des Samuels nicht durch die Beschwörung der Hexe zu Endor, sondern aus Befehl GOttes dem Saul in einem Luftkörper erschienen sey. d)[28]
Es ist dieses eine der bewehrtesten Auslegungen: man irret sich aber, wenn man glaubt, daß die Vertheidiger derselben für die Gespenster das Wort reden. Denn die Schriftausleger, die dieser Meinung anhangen, sagen I) daß die Seele des Samuels aus besondern Befehle GOttes erschienen seye. e)[29] Wer wird aber sagen, daß bey jeder Gespenster-Erscheinung ein ausdrücklicher Befehl GOttes vorhanden seye? Was aus Befehl GOttes geschehen ist, saget Hieronymus in Joann. I. müssen wir nicht als Beispiele zu den Sachen gebrauchen, die gemeinlich und täglich geschehen: Wie die geistliche Aemter durch das Loos nicht können vergeben werden, obschon aus Befehl GOttes bey Mathias und Justus durch Loos entschieden wurde, welcher die Würde des Apostolats erhalten sollte, und wie soll man eine einzige Geschichte, die in allen Stücken was sonderbares hat, auf alle Geistermährchen anwenden können. 2) saget Delrio und Wouters (derer Worte wir im nachfolgenden §. geben werden) daß die Seele des Samuels, die in der Gestalte eines alten Mannes erschien, den Luftkörper nicht habe bilden können, sondern daß GOtt der erscheinenden Seele erst diese Eigenschaft ertheilen müßte. Die Seele erhielt also eine neue Vorzüglichkeit, die ihr ihre Natur und Wesenheit nicht geben könnte. Es folget also, daß eine jede Erscheinung einer Seele ein Wunderwerke und etwas übernatürliches seye. f)[30] Wie sollen wir aber glauben können, daß GOtt bey so vielen Geister-Erscheinungen allezeit ein Wunderwerk wirke, und daß in einem alten Schloß, welches ein Gespenste beständig einwohnet, ein immerwährendes Wunderwerk vorhanden seye.
Die zwote Meinung gehet dahin, und behauptet, daß die Seele des Samuels aus Zulassung GOttes durch die Gewalt des Satans und der Beschwörung hervorberuffen worden seye. Diese Meinung scheinet der gelehrte Philosoph und Marterer Justinus beizupflichten g)[31] Galatinus und viele Rabiner vertheidigen sie, auf welche Nicolaus Liranus ein berühmter Schriftsteller sich beruffet. Sie ist aber heut zu Tage in so große Gewohnheit gekommen, daß ich keinen Geisterfreund gefunden, der ihr seinen Beifall noch gönnet.
Die dritte Meinung scheinet den Gespensterliebhabern größere Vortheile einzuräumen. Sie saget, daß der Satan sich in Samuel verstellet, und also dem Saul erschienen seye. Sie gründet sich auf den Kanon des Gratianus Caus. XXVI. Q. v. e. III. und dieser auf das Buch des H. Augustinus Quaest. Vet. ac Nov. Testam. quaest. 27. und auf das Buch de Mirabilibus S. Script. allein, da diese zwey Bücher keine ächte Geburten dieses H. Vaters sind, und unter die unterschobene gezählet werden, h)[32] ja Augustin selbst de cura pro morr. c. 15. behauptet das Gegentheil, so werden wenig gefunden, die auf einen so seichten Grund ihre Auslegung und Erklärung bauen wollen, die ohnehin sehr grossen Beschwerlichkeiten unterworffen ist.
Die vierte Meinung zielet dahin, und behauptet, daß die ganze Geschichte ein Betrug gewesen seye, welchen die vermeinte Hexe dem Saul gespielet habe, die Gründe dieser Meinung, und die Väter, die selber anhangen, liefert uns der gelehrte dell’Osa in seiner Nichtigkeit der Zauberkunst p. 316. ich will nur den heiligen Hieronymus anführen. Tom. IV. in der Auslegung über Propheten Isaias saget er ausdrücklich: Es habe nur geschienen, als wenn Saul den Samuel durch zauberische Künste erwecket habe. Und Tom. V. redet er noch klärer: Die Zauberin von Endor saget dieser Heil. Lehrer, redete in der erdichteten Gestalte des Samuels zu Saul. Die ganze Erklärung der Geschichte ist auch ganz natürlich, und man weichet vielen Beschwernissen aus, welche anderen Erklärungen aufstossen, wie dieses der verkappte Blocksberger in seinen Sendschreiben anmerket. Nur stehet ihr entgegen die Stelle des weisen Mannes, welcher bezeuget, daß Samuel nach den Tode weisgesagt habe. Allein dieser Einwurf laßt sich mit leichter Mühe heben, wenn man mit den Auslegern behauptet, daß in dieser Stelle die göttliche Schrift, wie dessen viele Beispiele in den heiligen Blättern vorkommen, nur nach der Meinung der Juden geredet habe. Wer sich die Mühe geben will, diese vier Meinungen mit einer genauern Prüfung zu durchforschen, dem wird es ganz offenbar unter die Augen leuchten, daß die erste oder die letzte allein seinen Beifall verdiene. Man mag aber der ersten oder der letzten beitretten, so wird man weder in dieser noch in jener für das Daseyn der Gespenster einen hinlänglichen Beweis finden. Die erste kann nicht anders als mittels eines Wunderwerkes erkläret werden, und daß es Erscheinungen durch Wunderwerke geben könne, haben wir niemal zu läugnen gedacht. Die letzte, welche nur die Betrügerey der Hexe vorstellet, kann allein dieses beweisen, daß bey den Gespenstermährchen die Sache ebenfalls nur auf einen Betrug, welchen eine furchtsame Bangigkeit unterstützet, hinaus laufe.
In dem alten Gesatz finden wir noch viele Erscheinungen der Engeln, auch durch diese will man den Satz befestigen, daß es Geister gebe. Abraham, Loth, Jakob, und viele andere hatten die Gnade, daß die Engeln sich ihnen sichtbar dargestellet haben. Sollen aber auch wohl durch diese Erscheinungen die Geisterfreunde einen Vortheil erhalten? Wir wollen die Sache durch eine nähere Untersuchung prüfen. Es ist gewiß, daß wir mit unsern Augen keinen Geist sehen können: so oft also ein Geist uns erscheinet, muß er in einer sichtbaren Gestalte erscheinen, damit wir ihn sehen. Nach der Lehre der Gottsgelehrten ist die Sache, in welche ein erscheinender Engel sich einkleidet, die Luft. Die zusammengepreßte Luft soll einen Körper bilden, welcher die Gestalt vorstellet, in welcher der Engel erscheinen will. Daß die Engel bei ihrer Erscheinung dergleichen Luftgebäude um sich gehabt, will ich nicht verneinen. Ob aber die Engel aus ihrer eigenen Kraft, und aus ihrer anerschaffenen Gewalt dieses Luftgebäu aufführen, und sich einen Körper bilden haben können, auf dieser Frage beruhet der ganze Streit. Die Geisterfreunde bejahen diese mit allgemeiner Stimme; aber eben deßwegen bin ich berechtiget von ihnen Gründe zu fodern, und den Beweiß ihnen aufzubürden. Mir, der ich dieses läugne, können solche nicht abgezwungen werden, denn der gemeine Weidspruch saget: Affirmanti incumbit probatio, daß der bejahende Theil mit Beweisgründen auftretten müsse, und daß man nach allen Rechten dieses von ihm fodern kann. Jedoch ich begehre zu viel von ihnen. Ich begehre unmögliche Sachen. Denn so wenig den Geister-Vertheidigern die Wesenheit eines Geistes oder Engels bekannt ist, so wenig können sie überzeugende Beweise liefern, daß der Engel die Gewalt habe, aus eigenen Kräften einen Luftkörper zu bilden, und in diesem zu erscheinen. Sie sagen zwar: die Engel sind oft erschienen: also können sie erscheinen. Es ist wahr; sie sind oft erschienen; aber diese Erscheinungen beweisen noch nicht, daß sie aus eigener Gewalt, und schon aus den in der Erschaffung überkommenen Kräften erschienen sind. Die Propheten haben Todte erwecket, das Feuer von Himmel fallen lassen, allein sie haben dieses nicht aus eigenen Kräften, sondern durch die ihnen ertheilte Gewalt bewerkstelliget. Sie waren Abgesandte des HErrn, und die Weisheit GOttes wollte selbe ohne die Gabe Wunder zu wirken vor dem Volke nicht auftretten lassen. Eben dergleichen Abgesandte waren auch die Engel, man kann also gründlich dafür halten, daß GOtt sie gleichfalls mit einer Wunderkraft ausgerüstet habe, welche sie vorhin nicht hatten. Es waren auch alle Begebenheiten, wo die Engel erschienen, eines Wunders würdig, und sie sind aus sonderbaren Verordnungen GOttes geschehen. Ich folgere also mit dem unbenannten Gottesgelehrten (und warum soll ich ihn nicht nennen? Es ist der grundgelehrte P. Jordan Simon, der H. Schrift Doctor, eine schöne Zierde des Augustinerordens, der Theologie Professor auf der hohen Schule zu Erfurt) in der Anpreisung der kaiserlichen Landesverordnung pag. 104. daß eben wegen diesen ihre Erscheinungen ein Wunderwerk waren, und daß folgsam eine jede Erscheinung die natürliche Kräften eines Engels übersteige. Mehrere Gründe werden wir in dem folgenden §. beibringen, wo wir alle Gattungen der Erscheinungen betrachten werden.
Von dem alten Gesatze wollen wir in das neue übergehen. Der stärkste Beweis, den die Gespenster-Vertheidiger aus dem neuen Bunde ziehen ist die Versuchung des vermenschten GOttes. Der Satan soll dem Welt-Erlöser erschienen seyn um selben zu versuchen. Viele der HH. Väter verstehen dieses von einer äusserlichen Erscheinung, da der Teufel in einem Luftgebäude dem Seeligmacher sich dargestellet haben solle. Andere halten dafür, daß die Versuchung ein bloßes Gesichte gewesen seye, und also die Göttliche Schrift von einer innerlichen Versuchung zu verstehen seye. Der Verfasser der Sendschreiben an H. P. Agnel scheinet dieser Meinung beyzupflichten, und bringet mehrere Gründe p. 31. in dem 5. Schreiben auf die Bahn. So viel ist gewiß, daß der unfehlbare Ausspruch der Kirche noch keinen Ausspruch gethan, und auch die Worte des Grundtextes: ἱπό τῶ ῶνὲυματοσ die sonst Apoc. l. 1. v. 10. Ezechiel c. 4. v. 12. l. 40. v. 2. Apocal. c. 21. v. 10. ein blosses Gesicht anzeichen, auch bei den Evangelisten Mathäus c. 4. zu finden sind. Die Geisterfreunde mögen nun die erste oder die zwote Meinung vertheidigen, so werden sie bei keiner einen Vortheil gewinnen. Denn ist der Satan sichtbarlich erschienen, wer wird verneinen, daß dieses durch besondere Zulassung GOttes geschehen seye? und wer wird aus einer besonderen Zulassung GOttes ein freiwillige Gewalt des Teufels schließen, und zwar eine so freiwillige Gewalt, als wir, wie P. Angelus in der Vertheidigung fol. 18. spricht: Zum Sündigen und zu Verübung aller Bosheit haben? und wer wird endlich diese absonderliche Begebenheit und Erscheinung, dergleichen wir in der ganzen Schrift nur die einzige haben, so allgemein machen können, daß er dadurch jede Erscheinung und Spücken der Gespenster zu vertheidigen sich erdreisten kann. Gewiß kein rechtschaffener Theolog wird so wenig aus dieser Erscheinung die Wirklichkeit der Gespenster festsetzen können, als er aus Uebertragung des Weltheilands auf die Zinen des Tempels und den Berg die nächtliche Hexenfahrten wird beweisen können, wie dieses letztere Delrio selbst eingesehen hat. Die erste Meinung thut also den Gespensterfreunden wenig Nutzen, und wenig Vortheil einräumen, und da die zwote alle sichtbare Erscheinung verneinet, so finden sie bey dieser noch weniger einen Grund, auf welchen sie ihr Lehrgebäude von der Wirklichkeit der Gespenster aufführen können.
Den zweyten Beweis, der die Wirklichkeit der Geister schützen solle, entlehnen unsere Gegner aus dem 17. c. des H. Matthäus, wo die Verklärung des vermenschten GOttes erzählet wird, welcher Elias und Moyses als Zeugen der Gottheit Christus des HErrn anwesend waren. Daß Elias in seinem eigenen Leibe gegenwärtig ware, ist die allgemeine Meinung aller Schriftsteller; ob aber Moyses seinen eigenen Leib, oder einen Leib aus Luft gestaltet hatte, sind die Meinungen der Schriftlehrer getheilet. Das erstere behauptet Augustin. Tractat. 124. in Joann. Hieronymus in 170. Math. L. serm. de Transfigurat. etc. Das zweyte der heilige Thomas 3. P. Q. 45. Ar. 3. ad 2. Lyranus Salmeron etc. Ich will der ersten Meinung mit dem gelehrten P. Wouters Dilucidat. select. S. Script. QQ. P. 5. f. 299. beitretten, zugleich aber auch mit ihm behaupten, daß die Seele des Moyses, wenn sie in einem Luftkörper erschienen wäre, sie selben ohne übernatürliche Kraft und ohne einer von GOtt verliehenen Gewalt nicht hätte annehmen können. Anima Moysis non potuit assummere corpus aereum nisi virtute supernaturali seu divina. Wo immer sich also die Geisterliebhaber hinwenden, werden sie bei dieser Verklärung des Heilands, welche viele bey Hieronymus c. 21. in Math. als das größte Wunderwerk GOttes angeben, ganz hell ersehen müssen, daß diese Erscheinung des Moyses in seinen eigenen, oder in einem aus Luft gebildeten Körper den Wunderwerken GOttes müsse beigezählet werden, und daß also dessen Erscheinung keinen hinlänglichen Beweis für die gemeine Geister-Erscheinungen in sich begreifen könne.
Aus dem, was wir von dem bei der Verklärung Christus des HErrn erscheinenden Gesetzgeber Moyses beigebracht haben, fliesset vorläufig die Antwort der gegen uns von den Geister-Vertheidigern aufgeführten Beweise, wo sie uns die Todte, welche nach der Auferstehung Christus des HErrn erschienen sind, entgegen stellen, und wodurch sie erproben wollen, daß die Seelen ihre Leiber annehmen, und in diesen nach ihrem Tode erscheinen können: allein dieser Beweis laßt sich um so leichter entkräften, weil wir 1) in dem vorgehenden schon angemerkt haben, daß eine Seele ihren Leib ohne Wunderwerk nicht annehmen könne, und dergleichen außerordentliche und wundervolle Begebenheiten auf andere und gemeine Fälle nicht angewendet werden können. 2) Ist zwischen diesen von ihren Gräbern auferstehenden und erscheinenden Heiligen, und zwischen den Seelen, die in ihren Körper bey einer Gespenstergeschichte erscheinen sollen, ein sehr großer Unterscheid. Denn jene wurden wahrhaft durch ein Wunderwerk von dem Tode zum Leben erwecket, die Seele sich hat wahrhaft mit dem Leibe vereiniget, also zwar, daß sie nach allgemeiner Meinung der Schriftausleger wiederum sterben müßten, wie dieses Augustinus Epist. 164. alias 99. Chrysostomus Homil 40. in I. ad Corinth. und Homil. 2. in Epist. ad Hebr. und viele andere bey dem gelehrten Sandini in Historia familiae sacrae p 243.behaupten. Da aber unsere Gegner, die von dieser Geschichte für ihre Geister-Erscheinungen Schutz suchen, nicht eingestehen, daß, wann die Seele im Körper erscheine, diese sichtbarliche Darstellung ein Wunderwerk seye, und die Seele ihren Körper nicht belebet, so muß einem jeden von selbst der große Unterscheid in die Augen leuchten, und wird ein jeder leicht einsehen, daß die nach der Auferstehung des HErrn aus ihren Gräbern hervortrettende, und erscheinende Heilige keine Zeugen des Daseyns der Geister und Gespenster seyn können.
Der letzte Beweis, welchen die Gespensterfreunde aufbringen, und welcher die Vernichter derenselben einer unverschämten Eigensinnigkeit überführen soll, ist aus den dreyen HH. Evangelisten entnommen. Mathäus c 14. saget, daß die Jünger geruffen: Es ist ein Gespenst. Und bei Marcus c. 6. v. 49. stehet geschrieben: sie meinten, es ware ein Gespenst, und schrien. Welche Rede unwiedertreiblich zu verstehen giebt, daß es Gespenster gebe: denn wenn man spricht: Er meinet er sehe einen Wolf, oder höre ihn im rauschenden Gebüsche, fehlt aber, und hat sich statt des Wolfs ein Schaf in dem Gebüsche versteckt gehabt: der versteht und bekräftiget hierbei ohne allen Zweifel, daß man in den Wäldern auch Wölfe finde. Eben jenes saget auch Lucas von den Jüngern mit den klaren Worten sie meinten, sie sahen einen Geist. Der HErr hat zwar seinen Jüngern diesen Irrwahn benommen, da er sie versicherte, daß sie ihn und keinen Geist oder Gespenst vor Augen hätten, doch aber mit einem solchen Beweis, der zugleich bestättigte, daß jemal Geister oder Gespenster wirklich erschienen seyn: denn er sagte: der Geist hat kein Fleisch und keine Beiner, wie ihr sehet, daß ich habe.
Dieses ist nun der starke Beweis, welchen uns unsere Gegner aus der heiligen Schritt zu guter Letzte entgegen werfen. Man wird uns erlauben, daß wir ihn beurtheilen, und das Gewichte seiner Stärke auf die Wagschaale legen darfen, und da wir eben dieses thun, finden wir, daß der ganze Beweis viel zu leicht seye, um in diesem Streite den Ausschlag zu geben. Denn er erprobet nichts anders, als daß die Jünger nach ihren vom Volke geerbten Begriffen vermeinten, daß es Geister gebe, welche Meinung so wenig die Wirklichkeit der Gespenster erhärtet, als die irrige Meinung bewiesen hatte, daß Christus ein Gespenst seye. So hat eben dieses sie auch betrogen, da sie glaubten, daß es Gespenster gebe. Aber warum hat der Erlöser diesen Wahn seinen Jüngern nicht gehoben! Ich antworte: Weil dieser Glauben oder Nichtglauben zu den H. Glaubenslehren nicht gehörte, und in solchen Fällen hat er die irrigen Begriffe seiner Jünger niemals aufgedecket, wie dieses mehrere Beispiele des neuen Bundes sattsamm erklären, und deßwegen auch der H. Augustinus in Actis contra Felic. Manich. l. 1. c. 10. saget, daß Christus seine Jünger nur in den Sachen, welche zur christlichen Lehre gehören, unterwiesen habe. Betrachten wir endlich den Ausspruch Christus des HErrn: Der Geist hat weder Fleisch noch Bein. So streitet dieser 1) gegen die Geisterfreunde, welche Gespenster und Geister auftretten lassen, die mit Fleisch umkleidet Ohrfeigen ausgetheilet, und das Merkmaal von 5. Fingern in dem Gesichte des andern hinterlassen haben, welche andere angetastet, und fleischliche Hände hatten, die eine natürliche Wärme von sich gaben, wie die Geschichte mit den Herzogen Christian zu Sachsen-Eisenberg in den wahrhaften Nachrichten von einigen Geistern erzählet, und welche mit den Hexen gebuhlet, und so gar Kinder erzeiget haben. 2) Wirft dieser Ausspruch die Meinung zu Boden, welche behauptet, daß die Seelen ihre Leiber annehmen, oder daß der Satan in den Leibern der Verstorbenen erscheinen könne. Denn diese Geister hätten ja Fleisch und Bein, welches doch die Göttliche Wahrheit von den Geistern verneinet. 3) Widerspricht dieser Ausspruch denen jenigen, welche sagen, daß die Geister nur ein scheinbares Fleisch haben. Denn da Christus sagte: der Geist hat weder Fleisch noch Bein, so hat er sagen wollen, daß ein Geist in keiner sichtbaren, und einen fleischlichen Körper ähnlichen Gestalte erscheinen könne; sonst wurde er die Jünger von der gefaßten Furcht nicht befreiet haben. Sie hätten allezeit denken können: Es ist wahr, daß wir Fleisch vor Augen sehen, wir wissen aber nicht, ob dieses ein wahres, oder nur ein scheinbares Fleisch seye. Ein Geist hat freilich kein Fleisch, er kann aber in einem aus Luft und Dünsten gebildeten Fleische erscheinen etc. Es müssen also die Worte des HErrn, der Geist hat kein Fleisch, so wohl von dem wahren als dem scheinbaren und aus Luft gestalteteten Fleische verstanden werden.
Aus diesem, was ich bisher angebracht habe, erhellet, wie auch dieser Ausspruch des HErrn den Geisterfreunden wenig Vortheil verschaffe, und wie sie in ihrem Lehrgebäude von Erscheinung der Geistern Gedanken und Sätze paaren, zwischen denen keine Verbindung Platz findet; indem sie ihre Gespenster bald in ein wahres, bald in ein scheinbares Fleisch einkleiden, und also selbst die Lücken vorzeigen, welche den unrichtigen Zusammenhang ihre Lehre entdecken. Wir haben selbes in diesem §. betrachtet, und vorgezeiget, und zugleich die Beweise entkräftet, die unsere Gegner aus der Schrifte in ihren Schriften für die Wirklichkeit der Geister anführen. Wir fühlen auch ein entzückendes Vergnügen, daß wir in der ganzen Schrifte, und in allen Blättern der geoffenbarten Wahrheit, nicht eine einzige Stelle haben finden können, welche uns ein Gespenst vorgestellet hätte. Daß Engel erschienen seyen, und daß die Allkraft GOttes selben durch ein Wunderwerk einen Körper gebildet habe, haben wir öfters angetroffen: daß aber der Teufel in einem sichtbaren Körper erschienen seye, von diesem haben wir von dem ersten Blatt der Erschaffung der Welt, bis auf die letzte Seite der heimlichen Offenbarung, und folgsam durch so viele 1000. Jahre weder in dem alten noch neuen Bunde ein überzeugendes Beispiel finden können, die Haushaltung GOttes hat nur Engel und keine Teufel in den alten Zeiten erscheinen lassen. Die Zeiten aber, wo Irrwahn und Aberglaube herrschte, schienen diese Haushaltung GOttes abzuändern, und sie lassen nur Geister, Teufeln und Gespenster, und keine Engel mehr erscheinen. Mich deucht, dieser einzige Gedanke könnte den Gespensterfreunden die Wahrheit entdecken, und sie belehren, daß Gespenster Undinge seyen. Aber ich irre, sie behaupten vielmehr, daß die Verläugnung der Gespenster mit Unvernunft geschehe, die entweder eine Bosheit im Willen, oder eine Schwachheit im Verstande zur Mutter hat. Ob dieses Urtheil gegründet seye, ob die Geisterverläugnung mit Unvernunft geschehe, und ob die Vernunft derselben Daseyn zu behaupten uns einrathe, wollen wir in dem nachfolgenden §. untersuchen.