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Künstlerische Voraussetzungen

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Wenn man Musik beruflich ausübt, übt man einen künstlerischen Beruf aus. Unter dem großen Dach der Kunst vereinigen sich die verschiedenen Kunstgattungen. Die Musik nimmt unter ihnen einen wesentlichen Platz ein. Ist man Musiker, also Instrumentalist, Komponist oder Sänger, so hat man sein Metier, sein Handwerkszeug, um mit Musik angemessen umzugehen, zu beherrschen. Das ist aber noch nicht alles, was einen guten Musiker ausmacht. Er muss darüber hinaus auch allgemein künstlerische Fähigkeiten mitbringen, wenn er in seinem Beruf zur Spitze gehören will. So muss z. B. ein Opernsänger ein Gefühl für verschiedene Stile entwickelt haben, er muss mit ästhetischen Fragestellungen sicher und kreativ umgehen können. Seine bildlichen Vorstellungen zur Darstellungsästhetik müssen entwickelt sein, sein Blick für das richtige Maß, für Ausgewogenheit und Schönheit muss geschult sein. Vor allem muss er die Tiefe von Kunstwerken ausloten können, er muss spüren, welche geistigen Dimensionen sich in einem Kunstwerk verborgen halten. Er muss intuitiv sich den Gehalten, den Sinnkonstellationen nähern können, die gerade in den darstellenden Künsten sich in unendlicher Variabilität zeigen.

Künstlerischer Sinn muss gebildet werden, bedarf der »Bildung«. Gerade für einen Opernsänger ist es von Wichtigkeit, mit den Stoffen der Opernwerke nicht nur inhaltlich vertraut zu sein, sondern die unzähligen Möglichkeiten ihrer Bedeutungen, ihrer Interpretation und ihrer ästhetischen Qualitäten zu erfassen. Dazu verhilft ein enger Umgang mit der bildenden Kunst und mit Literatur. Beide Gattungen sind ja hier durch das Bild, dort durch das Wort aufs Engste mit den Opernstoffen und deren szenischer Umsetzung verschmolzen. Die Bezeichnung der Oper als eine »zusammengesetzte« Kunstform gibt es nicht ohne Grund. Auch Sympathie für Tanz und Film strahlt als eine Bereicherung zurück auf die praktische Arbeit als Opernsänger. Sich mit allen Erscheinungsformen der Künste vertraut zu wissen, zumindest eine gefühlte Nähe zu ihnen entwickelt zu haben, ist unentbehrlich für ein sicheres Urteil in Fragen der Ästhetik, der Interpretation oder philosophischer Dimensionen von Kunstwerken.

Man muss als Opernsänger kein Spezialist in diesen Disziplinen sein, und man muss auch keinen akademischen Anforderungen genügen hinsichtlich der Kompetenz in solchen künstlerischen Bereichen. Aber ein natürlicher, intuitiver Umgang mit Literatur und bildender Kunst oder anderen Künsten weitet den künstlerischen Horizont und lässt Erfahrungen wachsen, ohne die das Wirken als darstellender Sänger arm und blass bliebe. Das Maß eigener künstlerischer Potenz entzieht sich der konkreten Reflexion und Beurteilung. Es ist nicht im quantitativen Sinne messbar. Es durchdringt aber die ganze Sängerpersönlichkeit, ihre Außenwirkung, ihre Überzeugungskraft. Der Künstler fühlt sich reich in der Annäherung und im Zugriff auf das Kunstwerk und nur als Künstler spürt er, wie sich ihm Möglichkeiten auftun, Ungesehenes und Ungehörtes in Erscheinung zu bringen und damit eine Qualität an Kommunikation zu erreichen, derentwegen er Applaus verdient. Ein Opernsänger muss eine künstlerisch sensible und kreative Persönlichkeit sein. Ihn darf das ideelle Feuer seiner Künstlerschaft nicht verlassen. Dies bedeutet, mit einem hohen Anspruch an sich selbst zu leben. Ohne die Kraft, dies zu wollen und umzusetzen, kann man kein Künstler sein – auch als Opernsänger würde man scheitern.

Traumberuf Opernsänger

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