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Voraussetzungen für den Beruf

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Etliche junge Menschen, die am Ende ihrer Schulzeit stehen, werden von der Frage gequält, was sie denn nun eigentlich für einen Beruf lernen sollten oder, im Falle eines Gymnasialabschlusses, ob sie und was sie studieren sollten. Heute nimmt ihnen niemand diese Entscheidung ab. Es liegt auf der Hand, dass eine individuelle Neigung zu den verschiedenen Berufsbereichen eine Entscheidung wesentlich erleichtert und prägt. Oft finden junge Menschen aber keine echte Neigung für irgendwelche technischen, wirtschaftlichen oder geisteswissenschaftlichen Zweige etc., und oft wird dann aus Verlegenheit ein Studium, bestenfalls ein sogenanntes »Schnupperstudium«, aufgenommen. Die Zahl derer, die eine Berufsausbildung, im engeren Sinn ein Studium abbrechen, entspricht statistisch derzeit der Zahl jener, die am Anfang ihrer Ausbildung keine ausgesprochen erkennbare Neigung zum gewählten Studiengang vorweisen. Dies schließt natürlich nicht aus, dass man auch in einem Beruf, den man nicht aus Neigung, sondern aus anderen Gründen, und sei es der Zufall, ergriffen hat, durchaus erfolgreich und glücklich werden könnte.

Will man nun das Opernsingen als Beruf erwählen, werden sicher nicht der Zufall oder die Verlegenheit dafür den Ausschlag geben. Denn dieser Beruf setzt etwas Unabdingbares voraus: die Liebe zum Singen und die Freude, sich in einer Rolle darzustellen. Wenn man beides in sich spürt, muss man zwar deswegen nicht zwangsläufig Opernsänger werden. Will man aber tatsächlich diesen Beruf ergreifen, dann muss man erfasst sein von einer natürlichen Affinität zum Singen, fast könnte man diese als eine Art Lebenseinstellung oder Lebenshaltung deuten. Wenn man mit dem Musiktheater noch keine nennenswerten Erfahrungen machen konnte, was für einen jungen Menschen eher die Regel sein dürfte, so sollte jedoch das Singen und die Musik im Allgemeinen, sei es Klassik, Jazz oder Pop, eine nachhaltige Faszination ausüben, sie sollte aus dem Leben nicht wegzudenken sein. Die Liebe zum Singen entwickelt sich meist schon im Kindesalter bei entsprechender Förderung. Bereits im frühkindlichen Alter werden die hinführenden Wege spielerisch gefunden. Kindergarten, Kinderchor und Schulchor sind dann als erste Schritte geeignete Orte, um die Liebe zum Singen und auch den Grad des natürlichen Talents dafür zu entdecken. Bei außerordentlicher Begabung ist für Knaben dann die Aufnahme in einen der berühmten Knabenchöre, wie die Regensburger Domspatzen, der Tölzer Knabenchor, der Windsbacher Knabenchor oder der Kreuzchor in Dresden – um nur die herausragendsten zu nennen –, ein erstrebenswertes Ziel und schafft hervorragende Voraussetzungen für die Herausbildung allgemeiner Musikalität sowie spezifischer sängerischer Grundlagen. Dazu gehört in erster Linie die Schulung des Gehörs, das Vom-Blatt-Singen und die technische Entwicklung der Gesangsstimme. Aber bis in solche elitäre Höhen braucht es keineswegs zu kommen, um den Wunsch nach einem Sängerberuf hervorzubringen. Das Wichtigste ist, dass sowohl das Singen zu einer selbstverständlichen und natürlichen Ausdrucksäußerung wird, als auch ein tiefer werdendes Verständnis für Musik im Allgemeinen sich herausbildet. Förderlich für die Berufswahl Opernsänger ist natürlich ein Elternhaus, in dem Musikhören zu einer kulturellen Selbstverständlichkeit zählt. Ein kulturell aufgeschlossenes, musisch-musikalisches soziales Umfeld bedeutet eine unleugbare Hilfestellung und befördernde Motivation im Zusammenhang mit der Wahl eines künstlerischen oder Musikberufes, wozu ja auch der des Sängers bzw. Opernsängers zählt.

Zwangsläufig ist es so, dass eine gewisse Kenntnis, was denn Oper überhaupt sei, vorhanden sein muss, will man sich für den Beruf entscheiden. Nun sind diese Kenntnisse, vor allem darüber, wie denn der Sängerberuf tatsächlich in der Praxis aussieht, gar nicht so leicht zu erhalten. Denn die Arbeit in einem Opernhaus spielt sich zum allergrößten Teil für Außenstehende unsichtbar ab. Nur die glanzvolle Spitze dieser Arbeit, nämlich die Aufführung, wird man normalerweise zu sehen und zu hören bekommen. Die Strukturen des Opernbetriebs bleiben dem Zuschauer in der Regel verborgen – und das ist auch richtig so, denn alles, was an Arbeit an einem Opernhaus geleistet wird, dient konsequenterweise nur dazu, die Aufführungen perfekt zu gestalten und ein Publikum für sie zu interessieren. In manchen anderen Berufen ist das natürlich ganz ähnlich. Also gilt es, sich neben der sängerischen Ausbildung konkrete Kenntnisse über den »Betrieb Oper« anzueignen. Im ersten Schritt geschieht dies durch den Besuch geeigneter Opernaufführungen. Vor allem die Angebote der in den letzten Jahrzehnten breit entwickelten Sparte der Kinder- und Jugendoper an fast allen deutschen Opernhäusern stellen eine wunderbare Chance dar, Wege zum Musiktheater zu finden und ein Gefühl dafür zu entwickeln, was Oper sei. Die Opernhäuser haben erkannt, dass sie für ihr Publikum von morgen die Türen frühzeitig öffnen und altersgerechte Begegnungen mit dem Opernmetier anbieten müssen. Der Anschluss an einen Opernjugendclub oder an ähnliche Formationen, die sich ja an etlichen größeren Opernhäusern etabliert haben, kann nicht nur gefühlsmäßige und emotionale Annäherung an den Opernbetrieb ermöglichen, sondern auch ganz konkrete Einblicke vermitteln, wie sich die Arbeit an einem Opernhaus strukturiert. Vor allem die aufs Erste fast unüberschaubare Fülle der verschiedenen Berufsbilder, die an einem Opernhaus alle zusammenwirken müssen, um das Ergebnis zu erreichen, dass eine Opernaufführung stattfinden kann und besucht wird, kann eine Vorstellung von der Komplexität der Opernarbeit vermitteln.

Um zu erfahren, wie die künstlerische Seite des Opernbetriebs sich darstellt, bietet es sich an, die Spielpläne verschiedener Häuser zu studieren, um damit das Repertoire2 kennenzulernen, das einen ja im wünschenswerten Fall einmal als Tagesaufgabe beschäftigen würde. Und man sollte versuchen, Künstler kennenzulernen, erst einmal als Zuschauer, dann über die Medien oder vielleicht bei Publikumsgesprächen im Opernhaus, nach Vorstellungen am Bühneneingang – all dies sind kleine Schritte, um sich kundig und erfahren zu machen, sich mit Gleichgesinnten zu vernetzen, sodass ein gefühlsmäßig zutreffendes Vorstellungsbild vom Opernberuf entstehen kann. Auch bietet es sich an, einmal ein Schulferienpraktikum an einem Opernhaus zu machen und dabei auch persönliche Kontakte mit dem einen oder anderen Mitarbeiter herzustellen. Zusammen mit dem Gesangsunterricht wird sich auch die konkrete Kenntnis der Opernmusik von Jahr zu Jahr erweitern. Bei der Allverfügbarkeit von Ton- und Bildträgern auch im Opernbereich ist es mittlerweile ein Leichtes, sich zu günstigen Bedingungen Kenntnis von der Repertoirebreite dieser Musik zu verschaffen. Was davon an den Theatern und Opernhäusern aufgeführt wird, findet man auf den Homepages der verschiedenen Theater. Eine statistische Übersicht über all die Werke des Musiktheaters, die in einer Spielzeit an den deutschen Bühnen aufgeführt wurden, erhält man über den Deutschen Bühnenverein.3 Speziell in dessen Publikation »Wer spielte was?«, die für jede Spielzeit neu erscheint, findet man eine Aufstellung über die am häufigsten aufgeführten Werke an den deutschen Theatern. Auch im »Deutschen Bühnen-Jahrbuch«, das ebenfalls jährlich erscheint, ist die jeweils aktuellste Zusammenfassung aller Informationen über Opernhäuser, Orchester, Theater, Festspiele etc. nachzulesen.4 Es empfiehlt sich sehr, im Hinblick auf eine mögliche Berufswahl, die ja einmal lebensbestimmend werden wird, sich so viele Informationen über den Beruf zu verschaffen wie nur irgend möglich. Natürlich wird man im Vorfeld nie wirklich in Erfahrung bringen können, was es mit der Realität der Berufspraxis letztlich auf sich hat, aber man kann ein Gespür dafür entwickeln, ob man sich auf einem Weg befindet, der den persönlichen Vorstellungen, wie man sein Leben beruflich gestalten und leben möchte, entspricht oder nicht. Denn auch von einem Berufswunsch abzukommen und sich schließlich für etwas anderes zu entscheiden, lohnt die Mühe, sich mit ihm auseinanderzusetzen. Dass diese Vorstellungen vom Beruf bei jungen Menschen zum Teil Wunschvorstellungen sein können, die mit der Realität nicht immer im Einklang stehen, ist das Vorrecht der Jugend. Denn Erfahrungen müssen selbst gemacht werden, man kann sie nicht delegieren (obwohl Eltern häufig zu dieser Meinung neigen), man kann sich aber durch Recherche besser auf die Wirklichkeit einstellen.

Ein weiterer Gesichtspunkt sei an dieser Stelle noch hinzugefügt: Man muss für die Oper oder das Musiktheater ein gewisses Wertempfinden entwickelt haben, ein Gespür dafür und eine Überzeugung davon, dass man mit Kunstwerken umzugehen hat, die gegenüber anderen Dingen des Alltags etwas Besonderes darstellen und eine Wichtigkeit für den Sänger und sein Leben darstellen.

Traumberuf Opernsänger

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