Читать книгу Agadir-Allgäu - Gerd Wenninger - Страница 6

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Bert Wenner, ein pensionierter Beamter mit reichlich Auslands- erfahrung, und seine israelische Frau Zippi, saßen im Jahre 2016 gemütlich in einem blau-weiß gekachelten Restaurant in der Touristenhochburg Agadir.

Das in Marokko übliche Tajine mit Huhn und Pflaumen mun- dete ihnen sichtlich.

Zippi (das kommt vom hebräischen „ Vögelchen “), machte ih- ren Mann auf einen freundlichen Jungen von circa 18 Jahren aufmerksam. Mehrfach schlurfte dieser mit einem scheuen Lä- cheln an ihnen vorbei. „All o.k., Mister? “, fragte er dienstbeflis- sen. Alles war o.k.

Hamid (eine Abkürzung von Ahmed), war nicht orientalisch auf- dringlich. Er schilderte ihnen in einem rudimentären Gespräch, mit einem Gemisch aus Englisch und Französisch, seine missli- che Lage. Eine Lage, die heute fast die gesamte Jugend Marokkos und Afrikas im Allgemeinen betrifft.

Der König versucht immer noch mit großem Elan, eine Verän- derung der prekären Situation herbeizuführen, scheitert aber am verkrusteten, patriarchalischen System. Und das Geld bleibt dort, wo es immer schon war! Auf das Jahr 2013 übertragen ist Marokko - noch - eine friedliche Oase in dieser, von Gewalt geprägten, arabischen Welt.

Hamid jedenfalls ist in jener ärmlichen Berber-Ansiedlung am Fuße des Atlasgebirges aufgewachsen. Sein dominanter Vater ist Fellah, ein armer Kleinbauer, der oft vergeblich versucht,

seine Großfamilie durchzubringen. Seine Mutter ist nach 14 Ge- burten eine gebrochene Frau.

Der aufgeweckte, immer schon etwas „ andere “ Junge hatte 3 oder 4 Jahre die Grundschule besucht, um dann in einer Ko- ranschule seinen religiösen Schliff zu bekommen. Er habe „stu- diert “, wie er es immer noch nennt. Nicht wenige Male gelang dem gestrengen Lehrer nur unter Zuhilfenahme eines elasti- schen Rohrstockes die Aufmerksamkeit zu erhalten.

Dort brachte man Hamid die arabische Sprache bei, die für Ber- berzungen fremd ist. Das Herunterleiern von Koransuren, ohne Aufklärung, ohne zu hinterfragen, und die mathematischen Grundregeln bildeten den Rest des „ Studiums “.

Schon früh war er ausgerissen und hatte sein Glück in der Be- zirkshauptstadt Agadir versucht. Dieses kleine Glück bestand aus einem jämmerlichen Einkommen von schätzungsweise 50 Euro und einer warmen Mahlzeit, plus einem unbequemen Schlafplatz in einer verrotteten Garage. Seine Gegenleistung war die Sechstage-Woche mit täglich 12-stündiger Anwesen- heit. Man würde absichtlich Anwesenheit sagen, da die Arbeit- geber aus sozialen Gründen die wenige Arbeit als Tagelöhner auf viele Köpfe verteilen und so auch eine geregelte Verfügbar- keit erreichen.

Um die Leidensgeschichte des inzwischen anhänglich gewor- denen Jungen abzukürzen, fragte Bert ihn neugierig nach sei- nen Träumen. „ I want go in Europe, Sir ! “

Damit war alles andere gesagt. Ein Traum, den Millionen marok- kanischer Jugendlicher noch heute, 14 Jahre später, hegen. Sehn-

süchtig sitzen sie Abend für Abend an den verwaisten Stränden und blicken mit traurigen, aber doch hoffnungsvollen Augen übers Meer, wo sie die Freiheit vermuten.

Nachdem sich das mittelschwer altruistische Paar Hamids Schlafplatz in jener von Allah verlassenen Garage angesehen hatte, stand ihr Entschluss u n i s o n o fest. Sie würden den bemitleidenswerten Jungen, der fast schon ein Mann war, mit- nehmen ins „ Gelobte Land “.

„ Warum nicht etwas von dem Überfluss (kommt von über- flüssig) abgeben ? “

So stürzten sie sich in ein Abenteuer mit ungewissem Ausgang und - einem gewaltigen Grummeln im Bauch.


Agadir-Allgäu

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