Читать книгу Cat's Rest - Gerda M. Neumann - Страница 5
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ОглавлениеÜberrascht nahm sie draußen die Dämmerung wahr, die sich bereits in die schmale Gasse schlich, während die Hauswände gleichzeitig noch die Sommerwärme abstrahlten. Sie verließ die Vicar’s Passage durch den Fußgängerdurchgang und stand auf der Old Church Street. Hier blieb sie noch einmal stehen, sah hinunter zur Themse und erahnte einen leichten Geruch von feuchtem Sand und Meer. Es musste Ebbe sein. Der unterschiedliche Wasserstand von Flut und Ebbe war hier tief in London nicht mehr sehr groß, aber immer noch vorhanden, man konnte es riechen. Sie spürte die leichte Brise, die vom Fluss herauf in die alte Dorfstraße von Chelsea trieb, erinnerte sich, dass sie auf dem Land stand, dass einst zum Gut von Thomas Morus gehört hatte, dem Berater von Heinrich VIII. und späteren Lordkanzler. Wo genau die östliche Grenze seines Landes verlaufen war, wusste sie nicht, nur, dass Edith und Helen sich nicht sicher waren, ob Cat’s Rest noch auf dem alten Grundbesitz von Thomas Morus stand oder gerade nicht mehr. Aus irgendeinem Grund beschäftigte es sie immer mal wieder.
Stimmen hallten in der Dämmerung, Musik wehte aus offenen Fenstern und aus dem Pub die Straße hinauf trudelten die ersten Gäste. Erleichtert überließ Olivia sich dem Leben ihrer Stadt und machte sich, wie durch Zauberhand entspannt, auf den Weg nach Hause. Sie würde zu Fuß gehen. Die Sommerabendluft, die Laute der Menschen und London selbst würden ihr gut tun. Sie nahm den direktesten Weg, durch wenige alte Gassen zur King’s Road hinauf, die hier die Pracht ihres Anfangs im Zentrum drüben im Osten oder Nordosten eingebüßt hatte. Die Häuser und Läden waren klein und alt und erinnerten unvorstellbarerweise an das Dorf, das Chelsea noch vor hundert Jahren gewesen war. Hinter der Bahnüberführung wechselte sie durch stille Straßen hinauf zur Fulham Road. Hier war es wesentlich lebendiger, mehr Menschen, mehr Gelächter; Menschen, die abends unterwegs sind, lachen viel, jedenfalls am frühen Abend. In Fulham verließ Olivia die Hauptstraße und lief durch stille Wohnstraßen mit Reihenhäusern aus der Jahrhundertwende ihrer Straße zu. Alle Straßen waren gleich, alle voller Reihenhäuser, alles friedlich. Es folgten Straßen mit Doppelhäusern, Bäume standen nun in den Straßen, unter den großen Platanen war es beinahe finster. Nach einer knappen Stunde war sie zuhause, müde und ernst und entschlossen, für den Rest des Abends zu vergessen, was sie in Cat’s Rest gefunden hatte. Sie lehnte noch innen an der geschlossenen Haustür, als Leonard, Olivias Lebenspartner, die Treppe herunter stürmte und sie fest in die Arme schloss. Diesen Ort würde sie bis zum nächsten Tag nicht mehr verlassen, glücklich gab sie seiner Umarmung nach.