Читать книгу Verfluchte Glückskekse - Gerhard Gröner - Страница 3
Prolog
ОглавлениеDer erfahrene Kriminalpolizist Armin Schönfelder kniete tief über der toten Frau.
Hab lange keine Selbstmörderin kriminaltechnisch untersuchen müssen, dachte er, muss mehrere Jahre zurückliegen. Jeder einzelne Todesfall zu dem ich gerufen wurde berührte mich aufs Neue. Hier, bei einer toten Frau jedoch, die sich selbst das Leben nahm, stellen sich mir intensivere Fragen als bei anderen Menschen, die einem Gewaltverbrechen zum Opfer fielen. Suizid ist härter für mich zu verarbeiten als ein brutaler Mord. Weshalb verzichtet ein Mensch freiwillig auf viele weitere Jahre, eventuell interessante Jahre?
Vielleicht war es ein Fehler, eilig hierher zu fahren, hätte besser meinen Spezialisten der Spurensuche und KTU den Vortritt gelassen. Es wäre leichter für mich zu ertragen, angenehmer. Einfach nur sachlich abarbeiten, hinter denen in ihren sterilen Schutzanzügen.
Bin froh, dass ich diese Frau nicht abhängen musste, dem Notarzt sei gedankt.
Und dennoch stört mich seine Anwesenheit und die der beiden Polizisten. Auch die der älteren Dame. Wie soll ich den Suizid dieser Frau emotionslos recherchieren, wenn die Leute eng um mich herumstehen. Die alte Dame schnieft, nicht gerade leise, vor sich hin. Die anderen beobachten mich und begaffen die Tote. Auch, dass mir heute ständig die Haare ins Gesicht hängen, trägt zu meiner Nervosität bei.
Adrett gekleidet ist sie. Als wollte sie gerade ausgehen. Kein Kleidungsstück ist zerrissen, alle Knöpfe dran. Nur die rosa Pumps liegen unordentlich neben ihr. Die graue Hose, körperbetont geschnitten, liegt passgenau an. Der lederne Gürtel ist nicht geöffnet. Auch nicht der Reißverschluss. Darüber eine weiße Bluse, keine Schmutzflecke, kein Blut. Der Kragen der rosa Strickjacke ist mit üppigem Besatz synthetischer Perlen eingefasst.
Ihre hellblond gefärbten Haare hängen wild zerzaust am Kopf. Eine wirre blaue Locke klebt auf der Stirn. Hätte ursprünglich wohl jünger machen sollen, sportlicher. In dieser Situation bewirkt sie das Gegenteil.
Wie alt sie wohl geworden ist? Mittlere Vierzig, vielleicht gute Fünfzig? Ist auf Anhieb schwer zu schätzen, hat vermutlich heftige Schmerzen gelitten. Seelische und körperliche. Haben die wenigen aber tiefen Kratzer am Hals mit dem Selbstmord zu tun? Sicher!
Nun beginnt auch noch die alte Dame durch ihr vorgehaltenes Taschentuch lautstark zu jammern: „Hoffentlich hängt diese schlimme Tragödie nicht mit dem gestrigen Spieleabend und den Glückskeksen zusammen.“