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5.Kapitel

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Peter Groß hatte schnell und erfolgreich recherchiert: „Der Bruder der Stanicki ist vor Jahren nach Kanada ausgewandert und nie mehr zurückgekehrt. Seine Spur verliert sich in den weiten Wäldern Kanadas. Die ältere Schwester von Evelyn Stanicki, sie hieß Bernadette, starb vor zwei Jahren. Deren Tochter, also die besagte Cousine der Stanicki, heißt Elisabeth Ellern. Kurz gesagt EE. Sie wohnt in dem 700-Einwohner-Dorf Fürthen, am Siegbogen.“

„Möchtest du mitfahren, die traurige Nachricht vom Tod der Evelyn Stanicki überbringen? Dann hättest du diesen Teil unserer Arbeit auch kennengelernt,“ fragte Armin Schönfelder. „Nein, gerne nächstes Mal“, war die knappe Antwort.

„Du solltest unbedingt mit dorthin fahren. Brauchst ja nur danebenzustehen. Ich rede mit der Cousine. Peter, auch das Überbringen trauriger Nachrichten zu den Angehörigen gehört zu unseren Aufgaben. Wir müssen dies mit sehr viel Ruhe und Empathie tun.“

„Lass mir noch etwas Zeit, Armin. Genau diesen Teil unseres Jobs möchte ich nicht schon heute kennenlernen. Vielleicht beim nächsten Fall.“

Armin Schönfelder winkte ab und sagte frustriert, „also dann tschüss“. Er dachte, selbst ein Kerl wie aus dem Bilderbuch eines idealen Polizisten, hat seine schwache Seite. Na, gut, dann fahre ich eben allein nach Fürthen.

Das Navi begleitete ihn direkt bis vor das kleine Häuschen, das versteckt hinter zwei knorrigen Apfelbäumen herausschaute. Ein paar Eimer Farbe würden der Fassade nicht schaden, dachte er.

Gefasst ging er die wenigen Schritte durch den Garten. Unter seinen Schritten knirschte der Kies des unbefestigten Pfades. Mittige in der Haustür fiel ihm eine überdimensionierte Katzenklappe auf.

Offensichtlich war er beobachtet worden. Eine Frau, um die Dreißig, halblange blonde Haare, in grünen Jeans und leichtem, hellgrünem Pulli, stand unerwartet vor ihm und fragte: „Suchen sie etwas Bestimmtes?“

„Ja, ich suche Frau Elisabeth Ellern.“

„Das bin ich. Um was geht es?“

„Mein Name ist Armin Schönfelder. Ich bin Kriminalhauptkommissar. Ich möchte mit ihnen etwas bereden. Darf ich reinkommen?“ Er hielt seinen Ausweis weit nach vorne.

Elisabeth Ellern blieb vor der Haustür stehen. Armin Schönfelder wollte seine unangenehme Botschaft jedoch nicht im Freien loswerden. Eher aus Verlegenheit sagte er: „Ihre Katzenklappe ist sehr groß und von vorne einsehbar. Ist ihnen das nicht zu gefährlich?“

„Verstehe ich sie richtig? Sollte dies der Grund sein, dass die Kripo wegen einer Katzenklappe bei mir persönlich auftaucht? Hat jemand aus der Nachbarschaft etwas gegen meine Katze?“ Elisabeth Ellern machte Anstalt, mit dem Zeigefinger an die Stirn zu tippen, redete dann aber ruhig weiter, „nein, meine Katze Minka ist gechipt und die Klappe reagiert allein auf diesen Chip. Sonst bleibt sie geschlossen.“

„Entschuldigung, ich kam nicht wegen einer Katzenklappe zu ihnen, ich müsste einen anderen Anlass mit ihnen besprechen“, sagte Armin Schönfelder ruhig, „das sollten wir bitte drinnen tun, nicht unmittelbar vor ihrer Haustür.“

„Also gut, folgen sie mir“, antwortete Elisabeth Ellern und ging voran ins Wohnzimmer. Noch mitten im Raum stehend fragte sie ungeduldig: „Um was geht es denn nun?“

„Lassen sie uns zuerst setzen“, Armin Schönfelder wollte endlich seine unerfreuliche Botschaft loswerden. Und er wollte nebenbei die Mimik der Cousine beobachten, deren Tante erdrosselt wurde. Er setzte sich ungefragt in einen Sessel. Dann rieb er seine Brille aus, wartete bis sich auch Elisabeth Ellern gesetzt hatte und begann vorsichtig:

„Ich besuche sie wegen einer Angelegenheit innerhalb ihrer Verwandtschaft. Ich spreche von ihrer Tante Evelyn Stanicki. Pflegen sie guten Kontakt zu ihr?“

„Nun ja, sie ist meine Tante, Schwester meiner Mutter, aber ich zähle sie eher nicht zu den engsten Verwandten. So etwa einmal im Jahr besuchte ich sie. Selbst meine verstorbene Mutter fand äußerst selten den Weg zu ihrer Schwester, sie vertrugen sich ab dem Teenageralter nicht mehr. Ging wohl um einen jungen Mann. Weshalb fragen sie?“

Armin Schönfelder holte tief Luft: „Ihre Tante Evelyn Stanicki ist unglücklich ums Leben gekommen. Die genaueren Umstände werden von uns noch geklärt.“

„War es ein Verkehrsunfall?“

„Nein, die Todesursache ist für uns noch mysteriös. Ich bin ja Leiter der Mordkommission. Genaueres sollten wir bei uns im Büro der Polizeiinspektion besprechen. Bis dahin weiß ich auch mehr zu berichten. Ich denke, ich habe auch noch ein paar Fragen an sie. Möchten sie mit mir gleich einen Termin vereinbaren?“

„Nein, nicht jetzt. Ich muss erst darüber nachdenken!“ Die Antwort klang barsch. Dann schaute sie Armin Schönfelder direkt in die Augen: „Wenn sie Leiter der Mordkommission sind, müsste dann ein Mord geschehen sein?!“

Die ist aber gefasst, dachte Armin Schönfelder. Keine Regung und keine Träne. Ich überbringe die traurige Nachricht vom nicht aufgeklärten Tod ihrer Tante und die will erst darüber nachdenken ob sie einen Termin zur Aussage wahrnimmt. Immerhin hatte sie, laut Nachbarin, jedes Jahr an Weihnachten ihre Geschenke abgeholt. Ein unerwartetes Verhalten. Will sie sich um ein Verhör drücken?

„Sie nehmen meine Information sehr ruhig auf. Fühlen sie sich nicht betroffen?“

Elisabeth Ellern schaute nun dem Kriminalkommissar direkt in die Augen: „Wie ich schon sagte, meine Mutter vertrug sich mit ihrer Schwester nicht besonders gut und ich besuchte die Tante Evelyn gelegentlich, höchstens einmal pro Jahr. Die Verwandten meines Mannes standen mir immer näher. Und noch etwas zum Thema Betroffenheit: Ich bin Floristin und habe ein paar Jahre Blumengrüße für den Lieferservice Fleurop ausgefahren. Da erlebte ich hautnah so manche nette, kuriose aber auch traurige Geschichte.

Ich sah viele Leute vor Freude weinen. Mancher Blumenstrauß wurde mir direkt zurückgegeben oder wütend vor die Füße geworfen. Und ich musste manchen traurigen Menschen trösten. Ich musste verrückte Botschaften an Blumensträuße heften, ja manche sogar, die knapp an der Legalität streiften. Ich lernte, mit vielerlei schrägen Umständen der menschlichen Seele klarzukommen. Ebenso lernte ich, über tiefe Abgründe nachzudenken ohne sie zu kommentieren.“

„Verstehe“, sagte Armin Schönfelder. Nach ein paar Sekunden ergänzte er: „Sollen wir gleich einen Termin für ein längeres Gespräch vereinbaren? Ansonsten müssten wir beide noch einmal kommunizieren.“

„Nein, nicht jetzt“, Elisabeth Ellern schaute wie abwesend in eine Ecke des Wohnzimmers, „nein, nicht jetzt.“

„Darf ich mir ihre Telefonnummer notieren?“ Armin Schönfelder zückte Kuli und Notizblock.

„Wenn’s denn sein muss. Schreiben sie 02682/ 221…“.

Armin Schönfelder ließ sich seinen Frust deutlich anmerken: „Dann eben, wenn es ihnen im Moment nicht passt, bis bald. Ich rufe sie morgen wieder an. Wiedersehen.“

Auf dem schmalen Pfad durch den Garten knirschte wieder der Kies unter den stapfenden Füssen von Armin Schönfelder, diesmal hörbar lauter als beim Hereinkommen.

Verfluchte Glückskekse

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