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h. Wie lange dauert die Ewigkeit?
ОглавлениеDieses erste Kapitel würde ich gern mit einer Kolumne abschließen, die ich vor etwa zwei Jahren für den Haufe-Verlag geschrieben habe, der mir die Genehmigung gab, dass sie in diesem Buch nochmals veröffentlicht werden kann. Sie soll deutlich machen, in welcher Situation wir uns in Deutschland befinden und wie groß die Chancen sind, dass wir mit einem „blauen Auge“ davonkommen können. Aber lesen Sie selbst und bilden Sie sich Ihr eigenes Urteil.
Neulich fragte mich mein achtzehnjähriger Sohn Max, wie lange es wohl dauern wird, bis man den Schuldenberg in Deutschland wieder abgebaut hätte.
„Wow“, meinte ich, „das dauert bestimmt eine Ewigkeit.“
„Wie lange dauert diese Ewigkeit“, fragte er mich.
Darauf wusste ich keine Antwort: Wie lange dauert eine Ewigkeit, wie lange dauert es, bis der Schuldenberg nicht mehr existiert?
Da fiel mir ein Märchen ein. Nämlich – vielleicht kennen Sie es – von einem Prinz – oder war es ein Tölpel? –, der eine Prinzessin freien wollte. Jedenfalls musste der drei Rätsel lösen. Eines ist mir in Erinnerung geblieben, nämlich auch er wurde gefragt: Wie lange dauert die Ewigkeit? Seine Antwort: „Die Ewigkeit dauert so lange, als ein Vögelein, das alle tausend Jahre blos einmal kommet und sein Schnäbelchen an einem Berg wezt, Zeit braucht, bis es den ganzen Berg weggewezet hat.“
Der Schuldenberg in Deutschland steigt und steigt in einem atemberaubenden Tempo auf ungeahnte Höhen und es hilft wenig zu wissen, dass es in anderen Ländern noch schlimmer ist. Dabei sind die offiziell eingestandenen 1,5 Billionen Staatsschulden (oder sind es doch schon 2 Billionen?) ja nur die Spitze eines Eisberges. Denn dazu muss man noch die sogenannte implizite Schuldenlast (Straßenreparaturen, Beamtenpensionen, irgendwelche Rettungsfonds usw.) rechnen, die ein Vielfaches des offiziellen Schuldenberges ausmacht. Unter der Hand spricht man von über 7 bis 8 Billionen, die in den kommenden Jahren „fällig“ werden. Na ja, und dann kommen noch die deutschen Verpflichtungen für europäische Rettungsschirme, Bürgschaften, Badbanken usw.
Es war noch die Frage meines Sohnes offen und ich dachte mir, vielleicht sollten wir doch einmal diese Ewigkeit berechnen. Also stellte ich ihm die folgende Rechenaufgabe: Wenn ein Schuldenbetrag 5 Billionen beträgt, der mit jährlich 3 Prozent verzinst werden muss, wann ist das Darlehen getilgt, wenn monatlich 20 Milliarden aus den Steuereinnahmen zurückgezahlt werden?
Er holte sich was zum Schreiben, dachte nach, fing an zu rechnen und fragte mich dann: „Du glaubst wirklich, dass man so viel jeden Monat zurückzahlen kann?“
Ich antwortete: „Weiß ich nicht, jetzt fang endlich an zu rechnen!“