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Das Maß aller DINGSE
ОглавлениеMenschen neigen zu Vergleichen. Das liegt in ihrer Natur. Genuin ist auch die Tatsache, dass ein Mann einer Frau imponieren will. Dieser Impetus lässt sich unmöglich verhindern, selbst wenn sich das Mannsbild noch so sehr darum bemüht. Die Programmierung einzelner Abschnitte auf seiner schraubenförmigen Doppelhelix sabotiert eine solche Absicht schon im Ansatz. Ist man als Mann bei einem bedeutsamen Vergleich der Loser, hat man ein ernsthaftes Problem. Die Psychofraktion ist der Ansicht, dass letztlich alles unter den Aspekten der Fortpflanzung zu betrachten sei. Der Sexualtrieb sei die Basis unseres Seelenlebens. Und die sei beim Manne nun einmal besonders breit. Was sich der liebe Gott wohl dabei gedacht haben mag?
In den Augen einer Frau ein Großer zu sein, ist für uns Männer das Größte. Selbst wenn Mann klein ist. Und um herauszufinden, auf welcher Sprosse der Erfolgsleiter wir uns befinden, gibt es Vergleiche. Wie jedermann unschwer nachvollziehen können sollte, kann im konkreten Fall leider nicht jeder Mann der Größte sein, sondern immer nur einer. Das ist logisch. Logisch ist auch, dass all die anderen armen Schweine mit einem mehr oder weniger großen Problem leben müssen. Im Falle der »Dingsvergleiche« ist weniger sogar mehr. Was ein Beispiel dafür ist, wie irreführend der Gebrauch mancher Worte sein kann.
Mann schaut gepiesackt drein, wenn der Nachbar seinen nagelneuen Sechs-Zylinder demonstrativ hinter der eigenen Schrottkarre parkt. Mann übersieht nicht, dass die mondäne Gründerzeitvilla des Herrn Neureich in der Schlossallee deutlich mehr Raum beansprucht als das eigene Reihenhäuschen mit Bonsaigarten in der Badstraße. Mann registriert genau, wie schiefmäulig Madame einer guten Freundin am Telefon erzählt, dass sie für ihren schmierigen Chef schon wieder den maßgeschneiderten Marineanzug in die Wäscherei bringen musste. An Deck der Queen Mary 2 will auch ein hoffnungsloser Fall von Unbenimm ordentlich daherkommen. Und Mann weiß um die neidischen Blicke seiner Herzallerliebsten, wenn die aufgedonnerte Direktorengattin ihren Chihuahua im beigefarbenen Gucci-Täschchen Gassi führt.
Umgekehrt hat Mann, je nach Fasson des Vergleichs, in manchen Fällen die Nase wieder vorn. Dann ist der Verglichene der Loser. Und dem wiederum geht es nicht anders. Der moderne, aufgeklärte Mann vergleicht ständig. Ob er will oder nicht. Alles nur wegen dieses blöden Sexualtriebs. Da gibt es kein Entrinnen. Wohin man auch schaut, die Welt ist voller Loser-Boys. Besonders hart trifft manchen Adamskostüm tragenden Mann der Blick in den Spiegel. Um seine Anatomie ins rechte Licht zu rücken, werden heutzutage auch von Männern wahrlich seltsame Methoden in Erwägung gezogen. Gegen Sport ist nichts einzuwenden. Wie auch? Ein knackiger Körper, durch jahrelanges Training redlich erworben, hebt die Laune und ist nett anzuschauen. Darauf darf man stolz sein: gerechter Lohn für eine ehrliche Leistung! Aber leider werden immer häufiger auch unsportliche Mittel eingesetzt. Um an den gewünschten Stellen richtig was herzumachen, wird gefoult auf Teufel komm raus. Botox-Spritzen, Silikonimplantate, Fettabsaugen … Mann kennt da keine Tabus mehr. Wie die Weiber, such a shame!
Manche Mannsbilder verfügen über beträchtliche finanzielle Ressourcen. Sie bemühen nicht Professor Mang, um sich am Bodensee die Ohren anlegen oder ein paar Haare auf die kahlen Stellen ihres hohlen Köpfchens transplantieren zu lassen. Auch nicht die Doktoren Fuentes oder Ferrari, um bei der nächsten Radtour nicht schon wieder am ersten Hügel absitzen zu müssen. Nein, der Ferrari steht bei denen als Drittwagen im Hof, das Motorboot und ein Pferdegespann daneben. Wohl wissend, dass sie mit einem solchen Fuhrpark in der vom Belzebub vernebelten Wahrnehmung ihrer einfältigen Beute auf der Stelle vom schwabbeligen Schmerbauchträger zum unwiderstehlichen Sexpack mutieren.
Der folgenschwerste aller Vergleiche aber ist die »Dingsvergleiche«. Wehe, die geht in die Hose! Dann hilft auch kein dicker Geldbeutel mehr. Da muss einem dann schon jemand wie der Schneekönig zur Hand gehen. Oder wie sonst sollte die Mutter aller Probleme gelöst werden können? Mit Salben, irgendwelchen Streckgeräten oder Vakuumpumpen? Wers glaubt wird selig und kann sich ja gleich von der blöden Dildofee bedienen lassen. Von den besonders Wagemutigen werden sogar riskante Operationen in Erwägung gezogen. Und das an der virilsten Stelle des befruchtenden Geschlechts. Das muss man sich mal vorstellen! Keine Sturmspitze hat es verdient, dermaßen unsanft behandelt zu werden! Wo früher – um ein bisschen Eindruck zu schinden – vielleicht einmal eine Banane strategisch günstig in der Hose platziert wurde, scheuen leidgebeugte Zeitgenossen heuer nicht einmal die obskursten medizinischen Kundendienste. Fortschritt nennt sich so etwas. Die horrenden Kosten für diesen hanebüchenen Unsinn spielen im Zeitalter der Null-Prozent-Finanzierung offensichtlich auch keine Rolle mehr. Allein der Gedanke an die Schmerzen, ganz zu schweigen die Vorstellung vom Megagau einer etwaigen Funktionsstörung, müsste doch die Querdenker unter den Zukurzgekommenen über Alternativen nachdenken lassen. Mann hat doch nur den einen, jeder für sich ein liebenswertes Unikat. Ersatz dafür ist selbst im Baumarkt nicht zu bekommen. Er freut sich über jede Streicheleinheit. Nur so kann er sich in seiner ganzen Pracht entfalten. Auch das ist ein Naturgesetz. Perfekt wäre es, Mann hätte ein Reservedings zur Verfügung. Dann könnte man die zwei miteinander bekannt machen. Keiner bräuchte sich einsam zu fühlen. In Zeiten, wo die falsche Neun und die Doppel-Sechs in aller Fußballer Munde sind, würde eine Doppel-Neun für gewaltigen Wirbel sorgen. Was Klose nicht schafft erledigt Poldi und umgekehrt. Ja, man könnte den Dingsen sogar einen Namen geben. Sie dürften sich nur nicht im Wege stehen.
Poldi müsste nach links rücken!