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Herrschen und unterwerfen

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Gottes Welt war noch nicht vollendet, als Gott sie schuf – sündlos, aber nicht vollkommen, nicht fertig. Gott schuf ein Weltall und eine Menschheit mit Potenzial. Gott beabsichtigte, mit dieser Schöpfung einen langen Weg zu gehen, bevor sie vollendet sein würde. Aber auf diesem Weg sollte Gott immer zu seiner Schöpfung stehen und dieser oft abtrünnigen Schöpfung treu sein.

Die Natur kann ohne die Kinder Gottes nicht zum Ziel kommen, schreibt Paulus (Römer 8,18–20). Unsere Rolle ist es, »zu unterwerfen« und »zu herrschen« (so wird 1. Mose 1,28 meistens übersetzt: Seid fruchtbar und vermehrt euch, bevölkert die Erde, unterwerft sie euch und herrscht über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die sich auf dem Land regen; Einheitsübersetzung).

Weil aber diese Begriffe oft schrecklich missverstanden werden und weil die Menschheit eher geneigt ist, die Schöpfung auszubeuten und auszunutzen, sollten wir diesen Auftrag etwas näher betrachten. »Herrschen« (hebräisch: radah) wird oft mit »niedertreten« oder »unterdrücken« übersetzt. Dies ist in Zusammenhängen der Fall, in denen »herrschen« mit Gewalt oder zum Selbstzweck geschieht. Wenn aber »herrschen« dem Willen Gottes entspricht, sieht es anders aus. Es wird dann als »über etwas Aufsicht haben« beschrieben. Wir finden auch oft die Warnung, »nicht mit Gewalt zu zwingen« oder »nicht zu Sklaven zu machen« (3. Mose 25,43.46.53).

»Herrschen« bedeutet Gerechtigkeit und Barmherzigkeit üben, Hilfe und Schutz anbieten, Schalom (dazu gleich mehr) schaffen. Macht soll höchstens eingesetzt werden, um Machtmissbrauch zu verhindern und gerechte und friedliche Beziehungen aufrechtzuerhalten (siehe Psalm 72).

Wenn wir die Schätze dieser Welt selbstsüchtig ausbeuten, wenn wir die zerbrechlichen und gefährdeten Teile der Schöpfung ignorieren oder missachten, wenn wir Stärke missbrauchen und Gerechtigkeit blockieren statt wiederherstellen, dann haben wir »herrschen« nicht im Sinne Gottes verstanden.

Wenn wir »herrschen« so verstehen, wie Gott es meinte, dann können wir auch das andere Wort »unterwerfen« richtig einordnen. Gott sagte: ... unterwerft sie euch und herrscht über ... sie (Einheitsübersetzung). Wenn wir diesen Schöpfungsauftrag im Kontext der ganzen Bibel verstehen, dann gilt es, alles zu unterwerfen, was den Schalom zerstört; alle Wände niederzureißen, die gerechte Beziehungen verhindern; alle Kräfte zu bekämpfen, die die Machtlosen unterdrücken; alle Systeme und Verhaltensweisen infrage zu stellen, die Gottes gute Schöpfung aus den von ihm gewollten Bahnen bringen wollen.

Die Menschheit, Adam und Eva und ihre Nachkommen, ich und du, wir sind die Krone der Schöpfung, Mitgestalter der Geschichte, Gottes Assistenten. Und Gottes Ziel soll auch unser Ziel sein. Durch Liebe und Fürsorge, durch selbstloses Aufopfern und einsichtsvolle Wachsamkeit sollen wir darauf achten, dass niemand und nichts unter die Räder gerät, sondern dass alle sich auf dem Weg zum vollen Schalom Gottes befinden.

Das sogenannte Alte Testament

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