Читать книгу Das sogenannte Alte Testament - Gertrud Geddert - Страница 16
Von der Schlange betrogen
Оглавление1. Mose 3 berichtet von der Versuchung, der Adam und Eva zu widerstehen hatten. Die Schlange fing an, Fragen zu stellen: »Was hat Gott wirklich gesagt? Was meinte er damit? Seid ihr sicher, dass er es gut mit euch meint? Will er euch vielleicht etwas vorenthalten?« Die verführende Stimme behauptete, es wäre zum Nachteil der beiden, wenn sie Gott gehorsam seien. Die verbotene Frucht sei doch einwandfrei, herrlich und gut. »Gott will euch nur unter seinem Daumen halten; euch vorschreiben, was ihr zu tun und zu lassen habt. Eine Entscheidung gegen den Willen Gottes ist also wirklich nur ein Schritt in die Freiheit, in die Selbstbestimmung …«
So verdrehte die Schlange die Wahrheit. Es stimmt, Gott wollte tatsächlich, dass die Menschen sich frei entscheiden, und dazu gehört ein gewisses Maß an Selbstbestimmung. Aber dass die Menschen direkt gegen Gottes Wort handeln, das hatte Gott zwar ermöglicht, aber keineswegs beabsichtigt. Gott war ein Risiko eingegangen, und das schlimmste, was hatte geschehen können, war tatsächlich eingetreten: Die Menschheit hatte sich entschieden, ihre eigenen Wege zu gehen.
Die Rede der Schlange war überzeugend gewesen. Aber als Eva und dann auch Adam Schritte in die Freiheit wagten, kam alles ganz anders, als die Schlange versprochen hatte. Angeblich würden sie wie Gott werden, doch die ersten Auswirkungen waren nicht sehr verheißungsvoll. Zuvor hatten sie in Harmonie mit ihrem Schöpfer und seiner Schöpfung gelebt. Jetzt wurde diese Harmonie an allen Ecken und Enden angekratzt. Gott suchte wie immer Gemeinschaft mit ihnen, aber nun versteckten sich die Menschen vor ihm (1. Mose 3,8–9). Anstelle der vorherigen intimen Beziehung herrschte jetzt Angst und der Wunsch, sich zu verbergen. Der Mann fing an, der Frau die Schuld zuzuweisen, beide begannen sich zu schämen (1. Mose 3,7.12–13).
Kurz darauf erfahren wir, dass der Auftrag Gottes, die Erde zu bevölkern, nur mit Schmerz erfüllt werden kann, und dass Gottes Auftrag, den Garten zu pflegen, als Überdruss und Kampf erlebt werden wird (1. Mose 3,16–19). Auch der Kampf zwischen dem Nachwuchs der Menschen und der Schlange wird vorausgesagt, ein Kampf, der zu den Hauptthemen der ganzen Bibel gehört. Die Menschheit lebt jetzt in einer Welt, die zwar immer noch Gottes gute Schöpfung darstellt, aber gleichzeitig auch ein Kampfgebiet zwischen Gut und Böse ist. Die Kampflinie scheint oft zwischen Menschen zu liegen, zwischen Feinden oder zwischen Religionen. Aber die Linie führt auch durch das Herz eines jeden Menschen: Wir haben ein zwiespältiges Herz und brauchen Gottes Hilfe, um wieder heil zu werden. Und das gilt nicht nur für uns persönlich, sondern auch für unsere Familien, unsere Gesellschaft, unsere Welt. »Jetzt wissen wir, wer der Feind ist: wir selbst.«
Doch nicht nur wir sind unsere Feinde: Durch die Schlange spricht eine Macht, die sich irgendwie gegen Gott und seine gute Welt stellt. Woher kam das Böse ursprünglich? Mit diesem Thema beschäftigten sich bereits die besten theologischen Köpfe, doch nur wenige Aussagen sind unumstritten. Aus unserer Sicht können wir folgende Ankerpunkte festmachen, die uns bei der Frage nach Gut und Böse weiterhelfen:
• Gott erschuf alles, was außer Gott existiert. Seit Ewigkeiten existiert nur Gott, der Schöpfer des Himmels und der Erde. Das Böse entstand irgendwann einmal und hat daher keinen gesicherten, bleibenden Platz.
• Gott ist absolut gut. Das Böse ist nicht Teil dessen, was Gott selbst ist oder was er will.
Theologische Erklärungsmodelle, die die Vorsehung und Allmacht Gottes zu sehr betonen – und zwar auf Kosten der Freiheit der Menschen und ihrer Verantwortung Gott gegenüber –, haben große Schwierigkeiten, mit den Fragen nach Gut und Böse umzugehen. Bei solchen theologischen Ansätzen sieht es so aus, als sei Gott daran schuld, wenn Böses geschieht.
Theologische Sichtweisen, bei denen die menschliche Freiheit stärker betont wird, betrachten Gott weniger als den alles kontrollierenden Gott, sondern stärker als liebenden, treuen Gott, der uns auch dann nah ist, wenn uns Böses widerfährt. Gott respektiert die Freiheit, die er uns gegeben hat, weil wir ihn nur so aus freien Stücken wiederlieben können.
Am besten errichten wir solche starren theologischen Systeme allerdings gar nicht erst, die es uns unmöglich machen, einfach auf Gottes Wort zu hören.
In 1. Mose 3 lesen wir, wie das erste Menschenpaar eine verbotene Frucht aß. Dies war der erste Schritt weg von Gott und seinem guten Plan. Wenn wir weiterlesen, ist bald von Mord und Rache die Rede (4,8.14.24). Schon im sechsten Kapitel der Bibel wird berichtet, wie das Böse die Oberhand gewann. Und so beschloss Gott, fast alles zu vernichten und neu anzufangen. Wir lesen von der Sintflut und dem Rettungsakt Gottes für Noah, dessen Familie und nur so vielen Vertretern der Tierwelt, wie in ein Schiff passen.