Читать книгу Das neue Herz der Weisheit - Geshe Kelsang Gyatso - Страница 17
ОглавлениеDie Pfade der Ansammlung und der Vorbereitung (1)
DIE ANTWORTEN AVALOKITESHVARAS
Avalokiteshvaras Antworten auf Shariputras Frage zeigen, wie man sich in der Vollkommenheit der Weisheit auf den fünf Mahayanapfaden schult. Es ist deshalb hilfreich, hier die Bedeutung von Pfaden im Allgemeinen und der fünf Mahayanapfade im Besonderen zu betrachten.
Wir alle sind mit äußeren Pfaden vertraut. Diese führen von einem Ort zu einem anderen und wir können sie leicht verstehen, indem wir Karten und dergleichen benutzen. Innere Pfade sind hingegen Arten von Geist und viel schwieriger zu verstehen. Obwohl innere Pfade Geisteszustände oder Handlungen des Geistes sind, werden sie «Pfade» genannt. Wohin führen uns diese Pfade? Sie führen uns zu glücklichen, leidvollen oder neutralen Gefühlen. Die Arten von Geist, die zu einer Wiedergeburt in Samsara führen, sind weltliche Pfade. Einige dieser Pfade sind nichttugendhaft und führen zu einer Wiedergeburt in den drei niederen Bereichen – dem Bereich der Tiere, der hungrigen Geister und dem Höllenbereich. Andere sind tugendhaft und führen zu einer Wiedergeburt in den drei höheren Bereichen – den Bereichen der Menschen, Halbgötter und Götter. Leben für Leben einen verunreinigten Körper und Geist innerhalb eines dieser sechs Bereiche anzunehmen, das ist Samsara.
Es ist wichtig zu wissen, dass von den drei Arten von Handlungen – Handlungen von Körper, Rede und Geist – geistige Handlungen am wichtigsten sind. Das ist so, weil körperliche und sprachliche Handlungen von einer Motivation abhängen, d.h. von einer geistigen Handlung. Fasst unser Geist den Entschluss zu handeln, dann ist dieser Entschluss eine geistige Handlung und wird «Karma» genannt. Ist dieser Entschluss tugendhaft oder positiv, so ist es eine tugendhafte Handlung oder Karma. Sie führt uns zur Erfahrung von Glück. Ist der Entschluss nichttugendhaft oder negativ, ist es eine nichttugendhafte Handlung. Sie führt uns zur Erfahrung von Leiden.
Alle Meditationen sind tugendhafte Handlungen des Geistes. Wenn wir meditieren, üben wir eine tugendhafte geistige Handlung aus. Wenn wir wütend sind und den Entschluss fassen, anderen zu schaden, üben wir eine nichttugendhafte geistige Handlung aus. Handlungen des Geistes sind viel kraftvoller als Handlungen des Körpers und der Rede. Sie werden «innere Pfade» genannt, weil sie uns zu zukünftigen Erfahrungen von Glück, Leiden oder neutralen Gefühlen führen.
Geistige Handlungen, die zu dauerhafter Befreiung von Samsara führen, wie durch Entsagung motivierte Meditationen, sind überweltliche Pfade. Sie können in Hinayanapfade, die zu persönlicher Befreiung führen und in Mahayanapfade, die zur vollen Erleuchtung der Buddhaschaft führen, unterteilt werden. Hinayanapfade sind die fünf Pfade der Alleinigen Verwirklicher und die fünf Pfade der Hörer. Die fünf Mahayanapfade sind die Mahayanapfade der Ansammlung, der Vorbereitung, des Sehens, der Meditation und des Nicht-mehr-Lernens. Diese fünf Mahayanapfade sind Geisteszustände, die stufenweise zur vollen Erleuchtung führen, wobei der fünfte Mahayanapfad der vollerleuchtete Geist selbst ist. Wie tritt man in die Mahayanapfade ein und schreitet von Pfad zu Pfad fort?
In dem Moment, in dem wir das höchste gute Herz des Bodhichittas entwickeln, treten wir in den Mahayanapfad und den Bodhisattvapfad ein. Wir werden ein Bodhisattva auf dem Pfad der Ansammlung. Ein Bodhisattva ist eine Person, die motiviert durch Mitgefühl für alle Lebewesen, aufrichtig die Erleuchtung anstrebt. Bodhichitta ist der spontane Wunsch Erleuchtung zu erlangen, um jedem einzelnen Lebewesen unmittelbar zu helfen.
Der anfängliche Bodhichitta und alle anderen Verwirklichungen, die mit diesem anfänglichen Bodhichitta verbunden sind, werden der «Mahayanapfad der Ansammlung» genannt. Der Bodhisattva häuft auf dieser Stufe eine große Ansammlung von Weisheit an, indem er sich in der Konzentration des Leerheit beobachtenden ruhigen Verweilens schult. Wenn er oder sie durch die Kraft der Konzentration des ruhigen Verweilens eine besondere Weisheit, das «höhere Sehen», erlangt und die Leerheit aller Phänomene sehr klar erkennt, dann betritt er den nächsten Pfad und wird ein Bodhisattva auf dem Pfad der Vorbereitung.
Die anfängliche Verwirklichung von Leerheit beobachtendem höheren Sehen dieses Bodhisattvas und alle anderen Verwirklichungen, die mit diesem anfänglichen höheren Sehen verbunden sind, werden der «Mahayanapfad der Vorbereitung» genannt. Der Bodhisattva betont auf dieser Stufe die Vorbereitung auf die direkte Verwirklichung der Leerheit aller Phänomene, indem er fortwährend mit der Vereinigung von ruhigem Verweilen und höherem Sehen über Leerheit meditiert.
Wenn seine oder ihre Weisheit des höheren Sehens die Leerheit aller Phänomene direkt erkennt, schreitet der Bodhisattva zum nächsten Pfad fort und wird ein Bodhisattva auf dem Pfad des Sehens. Die anfängliche direkte Verwirklichung der Leerheit des Bodhisattvas und alle anderen Verwirklichungen, die mit dieser anfänglichen direkten Verwirklichung von Leerheit verbunden sind, werden der «Mahayanapfad des Sehens» genannt, weil es das erste Mal ist, dass der Bodhisattva Leerheit, die Art und Weise, wie die Dinge wirklich sind, direkt sieht. Auf dieser Stufe wird er oder sie ein höherer Bodhisattva und erfährt von nun an keinerlei körperliche oder geistige Schmerzen. Selbst wenn sein oder ihr Körper Stück für Stück mit einem Messer zerschnitten wird, erlebt der Bodhisattva keinen Schmerz, weil er direkt erkennt, dass es keinen Körper außer Leerheit gibt. Nachdem er den Pfad des Sehens erlangt hat, meditiert der Bodhisattva weiter über Leerheit, um das letzte Ziel, den Zustand der vollen Erleuchtung, zu erreichen. Wenn er oder sie zum nächsten Pfad fortschreitet, wird er zu einem Bodhisattva auf dem Pfad der Meditation. Die Verwirklichung dieses Bodhisattvas wird «Pfad der Meditation» genannt, weil diese Meditation die letzte «Station» ist, von der aus er das letztendliche Ziel der vollen Erleuchtung direkt erreichen wird.
Indem er beständig auf dem Pfad der Meditation fortschreitet, erfährt der Bodhisattva eine hohe Verwirklichung, die «vajragleiche Konzentration». Sie hat die Kraft, die subtile fehlerhafte Erscheinung aller Phänomene aus seinem oder ihrem Geist zu entfernen. Im nächsten Augenblick wird die subtile fehlerhafte Erscheinung aller Phänomene für immer enden und er wird zu einem erleuchteten Buddha. Eine genaue Erklärung subtiler fehlerhafter Erscheinung wird im Buch Moderner Buddhismus gegeben.
Die eigentliche Erleuchtung ist Buddhas allwissende Weisheit, die frei von der subtilen fehlerhaften Erscheinung aller Phänomene ist und die Kraft hat, jedem einzelnen Lebewesen geistigen Frieden zu geben. Dies ist der «Mahayanapfad des Nicht-mehr-Lernens».
Avalokiteshvaras Erklärung, wie die Vollkommenheit der Weisheit in Bezug auf die fünf Mahayanapfade praktiziert wird, ist in sechs Abschnitte unterteilt:
1. Eine kurze Erklärung, wie man sich in der Vollkommenheit der Weisheit auf den Pfaden der Ansammlung und der Vorbereitung schult
2. Eine ausführliche Erklärung, wie man sich in der Vollkommenheit der Weisheit auf den Pfaden der Ansammlung und der Vorbereitung schult
3. Eine Erklärung, wie man sich in der Vollkommenheit der Weisheit auf dem Pfad des Sehens schult
4. Eine Erklärung, wie man sich in der Vollkommenheit der Weisheit auf dem Pfad der Meditation schult
5. Eine Erklärung, wie der Pfad des Nicht-mehr- Lernens erlangt wird
6. Schlussfolgerung