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Der verlorene Sohn geht

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Angus McDowell kam mit dem neuen Herrn von Wakefield sehr gut aus. An David gab es vieles, was er bewunderte, und er hatte seiner Mutter und Lady Caroline nur Gutes über die Fortschritte des jungen Mannes zu berichten. Bei einem Gespräch unter vier Augen hatte er noch etwas zweifelnd hinzugefügt: »Es stimmt, der Junge hat die törichte Vorstellung, Dichter werden zu wollen. Na ja, es könnte schlimmer sein, und ich bin sicher, dass er dies zu gegebener Zeit überwinden wird. Ich möchte Euch bitten, ihn in dieser abwegigen Idee nicht noch zu unterstützen. Immerhin gibt es Wichtigeres auf der Welt zu tun, als Dinge zu Papier zu bringen, die nie geschehen sind!«

Doch jetzt war das Gesicht des Rechtsanwalts gerötet, und er zwang sich, sein lebhaftes Temperament zu zügeln. Er hatte David rufen lassen und war sofort zur Sache gekommen: »Irgendetwas muss wegen Eures Bruders unternommen werden! Er ruiniert sich selbst und bringt Schande über die Familie!«

McDowell hatte gedacht, es würde ein einfaches Gespräch werden. Er brauchte nur zu erklären, dass Paul Wakefield zum Verschwender geworden war, dass er in der ganzen Stadt Schulden hinterlassen hatte und die Geschäftsleute rechtliche Schritte gegen ihn einleiten wollten. Das alles hatte er berichtet, dann fügte er noch hinzu: »Und er muss die Mädchen des Dorfes in Ruhe lassen! Zwei von ihnen habe ich bereits gekauft! Ich habe Euch nichts davon erzählt, David, weil Ihr so sehr mit dem Lernen beschäftigt seid. Aber ich fürchte, Eurem Bruder kann man in Bezug auf Mädchen nicht über den Weg trauen.«

David sah sofort ein, dass man Paul wegen seiner Affären mit den jungen Mädchen in den Dörfern und von den Bauernhöfen warnen müsse, doch er weigerte sich hartnäckig, Pauls Finanzen einzuschränken.

McDowell schritt mit auf dem Rücken verschränkten Händen im Zimmer umher und starrte auf den gemusterten Teppich. Schließlich drehte er sich um, wippte auf den Zehenspitzen auf und ab und sagte: »Schlagt Ihr etwa vor, den Jungen tun zu lassen, was er möchte?«

»Ich glaube nicht, dass ich Eurem Vorschlag nachkommen und seine Mittel beschneiden kann, Angus.«

»Und warum nicht? Er muss doch lernen, verantwortlich mit Geld umzugehen!«

»Das weiß ich, aber er braucht einfach noch ein wenig Zeit.«

»Zeit? Er hat so viele Rechnungen auflaufen lassen, dass eine kleine Bank daran bankrottgehen könnte! Was wird passieren, wenn Ihr ihm noch mehr Zeit gebt?« McDowell hob ergeben die Hände, seine Augen funkelten vor Zorn. »Er wird genau dasselbe wieder und wieder tun und Ihr wisst das!«

David befand sich in einer schlimmen Lage. Für ihn war es keine Überraschung, dass Paul Schulden hatte. Er hatte ein- oder zweimal versucht, ihn zu warnen, aber Paul war sofort so wütend geworden, dass David aufgegeben hatte. Jetzt sagte er: »Es ist sehr schwer für meinen Bruder. Ihr versteht das einfach nicht, Angus. Es ist nicht, als würde ein Vater ihm Vorschriften machen. Ich bin nur wenige Minuten älter als er. Wir sind im selben Alter, und er weiß, dass er klüger und viel fähiger ist als ich. Wie kann er eine solche Maßregelung von mir hinnehmen?«

Angus gab kurz zurück: »Es ist keine Maßregelung, hier geht es ums Geschäft! Der Junge muss lernen oder es ist sein Ruin!«

»Ich kann einfach nicht.«

Angus ging zum Schreibtisch und nahm zwei Blätter auf. »Vielleicht wird das Eure Meinung ändern. Wisst Ihr, was das ist?«

David nahm die Blätter und las sie. Es waren offizielle Papiere und Pauls Namen stand darauf, aber er konnte nicht herausfinden, worum es ging. »Was bedeutet das?«

»Das bedeutet, dass Euer Bruder ins Gefängnis kommen wird, wenn diese Schulden nicht bezahlt werden.«

»Wir werden sie bezahlen.«

»Damit er immer weitermachen kann?«, fuhr Angus etwas sanfter fort. Er stellte sich neben den jungen Mann an den Schreibtisch. »Ich weiß, Ihr liebt Euren Bruder, und ich kann mir auch vorstellen, wie er empfinden muss. Aber denkt doch einmal darüber nach. Meint Ihr, Ihr tätet ihm einen Gefallen? Ihr unterstützt ihn doch nur in seiner Leichtsinnigkeit.«

Das Gespräch ging noch mehr als eine Stunde weiter, doch Angus McDowell musste schließlich aufgeben. David blieb bei seiner Meinung. »Bezahlt die Rechnungen, Angus. Nehmt das Geld von meinem Privatkonto, wenn Ihr wollt. Nehmt es irgendwo her. Ich kann nicht zulassen, dass mein Bruder ins Gefängnis kommt und damit Schluss!«

Im Raum wurde es still, und David hatte das Gefühl, dass McDowell am liebsten noch weiterargumentiert hätte. Doch schließlich gab sich der Schotte geschlagen. »Sehr wohl, ich werde die Rechnungen bezahlen. Aber es werden weitere kommen.« Er knallte die Papiere auf den Schreibtisch, setzte sich auf seinen Stuhl und stützte den Kopf in die Hände. »Werdet Ihr denn wenigstens versuchen, mit ihm zu sprechen?«

David zögerte. »Ja, ich werde es versuchen. Das wäre nur richtig.«

»Ihr müsst hart sein, mein Junge!«

David nickte, doch er war sehr verunsichert. Als er das Büro verließ, schüttelte McDowell den Kopf. »Was für eine Schande. Das ist genau wie bei Kain und Abel. Aber David muss lernen, strenger mit seinem Bruder umzugehen. Es gibt keinen anderen Weg!«

Das Gespräch mit Paul verlief genauso schlimm, wie David befürchtet hatte. Nach seinem Versprechen an McDowell hatte er zwei Tage gewartet, um mit Paul über die Finanzen zu sprechen. Schließlich begegnete er ihm im Stall, wo er sein neues Pferd striegelte. Dies war eine Arbeit, gegen die Paul anscheinend nichts einzuwenden hatte. Begeistert wies er David auf die Vorzüge des Pferdes hin.

»Hast du jemals ein solches Pferd gesehen?«, schwärmte er und streichelte das eisengraue Fell des Tieres. »Sieh dir nur die kräftigen Muskeln an. Es könnte tatsächlich ein Jagdrennpferd sein. Was für ein Jäger würde es sein!«

David, der sich für Pferde nicht besonders interessierte, bemühte sich, begeistert zu klingen. »Wirklich ein schönes Tier, Paul, und du reitest auch so gut. Viel besser als ich.«

»Du hast gar nicht gefragt, was es gekostet hat.«

David zwinkerte verständnislos, denn Paul hatte sich zu ihm umgedreht und blickte ihn an. »Warum nicht?«

»Also gut, wie viel hat es gekostet?«

»Du wirst die Rechnung bekommen. Ich habe gesagt, man solle sie an McDowell schicken.«

Tatsächlich hatte David die Rechnung gesehen, und er wusste genau, wie viel das Tier gekostet hatte. Ihm wurde klar, dass dies die beste Gelegenheit für das anstehende Gespräch war. Er straffte die Schultern und sagte: »Ich fürchte, du hast zu viel für das Pferd bezahlt. Ich kenne mich zwar mit Pferden nicht sehr gut aus, aber Eastman hat das gesagt.« Eastman war der Stallmeister auf Wakefield und er kannte sich besser als jeder andere mit Pferden aus.

»Eastman weiß nicht, wovon er redet! Dieses Pferd ist jedes Pfund wert, das du dafür bezahlt hast, Sir David!«

Der ironische Ton, in dem er den Namen Sir David ausgesprochen hatte, ließ David erröten. Paul fuhr fort: »Ich nehme an, es ist jetzt an der Zeit, deine Predigt zu halten. Soll ich das für dich tun?«

»Paul, lass mich –«

»Paul Wakefield, du musst mit dem vielen sinnlosen Geldausgeben aufhören«, sagte Paul mit ernstem Gesicht. »Du bist eine Schande für deine Familie! Du bist genau wie der verschwenderische verlorene Sohn, und wenn du so weitermachst, wirst du dich selbst ruinieren und Schande auf die Familie bringen. Und wenn du nicht aufhörst, so viel Geld auszugeben, werde ich deine Rechnungen nicht mehr bezahlen und du wirst wegen deiner Schulden ins Gefängnis geworfen werden. Du musst dich entscheiden, Paul Wakefield. Was sagst du dazu?«

David schüttelte den Kopf. »Ich wünschte, du würdest nicht so reden, Paul.«

»Kann man es denn anders ausdrücken?«

David räusperte sich. »Du weißt, dass ich mir aus Geld nichts mache. Eigentlich möchte ich viel lieber Schriftsteller werden, Paul. Ich habe es mir nicht ausgesucht, Sir David Wakefield zu sein. Ich habe mir immer gewünscht, du wärst der Erbe.«

»Ich habe mir dasselbe gewünscht, aber ich sehe keinen Weg, das zustande zu bringen.«

David ignorierte das ironische Funkeln im Blick seines Bruders. »Paul, ich weiß nicht viel über Geldangelegenheiten, aber Angus McDowell hat den Überblick. Nur ungern lege ich dem alten Mann diese Last auf, aber er sagt, du müsstest deine Ausgaben einfach ein wenig einschränken.«

David redete fünf Minuten lang auf Paul ein und schließlich winkte Paul ab. »Du kannst dir die Predigt sparen. Ich wusste genau, was du sagen würdest. Nur weiter, sag mir, ich solle zum Teufel gehen.«

»Das würde ich nie tun. Ich – ich wünschte nur, wir würden uns näherstehen.«

Paul grinste verstimmt. »Gib mir den Titel und dann können wir uns sehr nahestehen. Du kannst deine Gedichte schreiben und ich werde das Anwesen, so schnell ich kann, in den Ruin treiben.«

Wenn er in einer solchen Stimmung war, konnte man nicht mit Paul reden, darum gab David auf. Als er davonging, rief Paul ihm nach: »Komm und besuche mich, wenn ich wegen meiner Schulden im Gefängnis sitze, Bruder!«

Nach diesem Gespräch war David mehrere Stunden lang sehr niedergedrückt. Er mied seine Mutter und Tante, indem er sich in einen Raum im dritten Stock zurückzog, das für ihn zum Zufluchtsort geworden war. Es war nur ein kleines Zimmer, aber er hatte es mit einem Stuhl, einer Lampe, einem Schreibtisch und einem Regal für seine Bücher und Schreibutensilien ausgestattet.

Die schönsten Augenblicke seines Lebens waren die Stunden, während derer er seinen Pflichten zu Hause entkommen und hierherflüchten konnte. Nach dem unangenehmen Gespräch mit Paul seufzte er erleichtert auf, als er sich an seinem Schreibtisch niederließ, ein Buch in die Hand nahm und sich hineinvertiefte.

Er hatte eine Weile gelesen, als jemand die Tür öffnete. David blickte verwirrt auf. »Wer ist da?« Zuerst dachte er, es sei jemand von den Dienstboten, doch Bethany Morgan kam herein. »Ach du bist es«, sagte er. »Du hast mich mal wieder gefunden, nicht?«

»Ich wusste die ganze Zeit, dass du hier warst«, bemerkte Bethany. Sie trug ein neues cremefarbenes Seidenkleid mit einer Spitzenschürze, ellbogenlangen Ärmeln mit einer Spitzenrüsche und einem bodenlangen Rock. Ihre schwarzen Locken trug sie normalerweise offen, doch an diesem Tag waren sie einmal anders frisiert. David grinste sie an. »Du wirst modern. Wer hat dich frisiert?«

»Tante Caroline. Gefällt es dir?« Bethany strich sich über das Haar und blickte ihn ängstlich an. »Wenn es dir nicht gefällt, werde ich es wieder so machen, wie es vorher war.«

»Ich denke, es steht dir sehr gut.«

»Bedeutet das, es ist sehr hübsch?«

»Ja, das bedeutet, es ist sehr hübsch.«

Bethany stellte sich neben ihn, da es keinen zweiten Stuhl im Zimmer gab. »Ich könnte noch einen Stuhl holen und wir könnten uns zusammen an deinen Schreibtisch setzen. Ich könnte dir bei deinem Schreiben helfen.«

Das Kind hatte die beinahe magische Fähigkeit, David aus seiner Niedergeschlagenheit herauszuholen. Er lachte laut und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Du hast recht, ich denke, das sollten wir machen. Du wartest hier.« Er verließ das Zimmer und kam mit einem zweiten Stuhl zurück. Bald saßen die beiden nebeneinander am Schreibtisch. David hatte Bethany einige Kissen auf den Stuhl gelegt, damit sie höher saß.

»Wir werden es unser Geheimzimmer nennen. Deines und meines«, sagte Bethany. »Und wir werden keinen anderen hineinlassen, nicht?«

»Nein. Keinen anderen. Nur du und ich.«

»Was werden wir heute schreiben? Einen Brief?«

»Würdest du gern jemandem einen Brief schreiben?«

»Nein, ich würde lieber eine Geschichte schreiben.«

»Eine Geschichte? Ich wusste, dass du Geschichten gern hörst, aber ich wusste nicht, dass du sie auch schreibst.«

»Dies wird meine erste sein«, erklärte Bethany. »Du schreibst auf, was ich sage.«

»In Ordnung, Miss Geschichtenschreiberin. Dann mal los.«

Bethany schloss die Augen und legte tief in Gedanken versunken die Finger an die Lippen. Dann sagte sie: »Es war einmal ein kleines Mädchen. Sie war sehr hübsch und hatte schwarze Haare und sehr dunkle Augen. Es war ein liebes Mädchen, das alles richtig machte. Sie hatte einen Freund, der immer sehr lieb zu ihr war. Sie hatten ein kleines Zimmer, in das sie sich zurückzogen, um Bücher zu schreiben und zu lesen, und sie lebten glücklich bis an ihr Ende.«

Mit ernstem Gesicht schrieb David, was sie ihm diktierte, und streute dann Sand über die Tinte. »Jetzt musst du hier unten deinen Namen hinschreiben, damit alle wissen, dass du diese Geschichte geschrieben hast.«

Hocherfreut schrieb Bethany in großen Buchstaben ihren Namen. »Jetzt«, sagte sie, »musst du eine Geschichte erzählen und wir schreiben sie auf. Dann hast du eine Geschichte und ich habe auch eine.«

»Was für eine Geschichte?«

»Eine Geschichte über ein kleines Mädchen«, erwiderte Bethany. Ihre Geschichten waren immer dieselben und sie wollte immer die Heldin sein. David begann zu improvisieren, und während der nächsten zehn Minuten erzählte er die wildeste Geschichte von einem kleinen dunkelhaarigen Mädchen, das in alle möglichen Gefahren geriet und schließlich von ihrem Freund David gerettet wurde. »Und David und Bethany lebten glücklich bis an ihr Ende«, sagte er abschließend.

Bethany seufzte und lehnte sich zurück.

»Das ist eine gute Geschichte. Fast so gut wie meine.«

»Fast.« David unterdrückte ein Lächeln. »Jetzt muss ich aber gehen.«

»David?«

»Was ist, Bethany?«

Das Mädchen blickte ihn mit seinen großen Augen ernst an. Sie war ein unberechenbares Kind. Manchmal hallte das Haus von ihrem Gelächter wider, dann wieder war sie sehr ernst und beinahe melancholisch. Im Augenblick hatte sie einen seltsamen Gesichtsausdruck, den David nicht deuten konnte. Er wartete. »Du bist mein bester Freund, David«, erklärte sie schließlich im Brustton der Überzeugung.

David beugte sich über sie und gab ihr einen Kuss auf die Wange. »Das freut mich. Du bist auch meine beste Freundin, Bethany.«

Sie sprang von ihrem Stuhl herunter. »Ich gehe jetzt nach draußen zum Spielen. Wir treffen uns später wieder in unserem Geheimzimmer und schreiben noch mehr Geschichten.«

»Sag mir nur Bescheid. Ich lasse sofort alles stehen und liegen, was ich zu tun habe, und komme mit«, versprach David feierlich.

»In Ordnung«, erwiderte sie und verließ den Raum.

Sobald sie fort war, warf David den Federkiel auf den Schreibtisch und lachte laut. »Was für eine kleine Range!«, sagte er lachend. »Ich darf gar nicht daran denken, was aus ihr wird, wenn sie erwachsen wird. Sie wird ihren Mann schon auf Trab halten!«

»David, ich muss mit dir sprechen.«

David sah von seinen Papieren auf. Seine Mutter schien sehr besorgt zu sein. »Was ist los, Mutter? Stimmt irgendetwas nicht?«

»Ja, ich fürchte schon.«

David erhob sich sofort, kam zu ihr und nahm ihre Hände. »Was ist?«

»Es – es geht um Paul.«

»Ach, ich verstehe.« David biss sich auf die Lippen und überlegte, worum es sich dieses Mal handeln könnte. Seit seinem Gespräch mit Paul über seine Verschwendungssucht waren Monate vergangen, und soweit David wusste, hatte sich nichts geändert. »Geht es wieder einmal um Geld?«

»Nein, es ist viel schlimmer.«

»Was ist los?«

»Er hat ein Duell, David.«

Wenn seine Mutter gesagt hätte, Paul wolle über den Mond springen, hätte David nicht schockierter sein können. »Ein Duell! Ich kann es nicht glauben!«

»Es stimmt. Gareth hat es herausgefunden. Er hat mit dem anderen jungen Mann gesprochen und versucht, eine Versöhnung zustande zu bringen.«

»Vermutlich geht es um eine Frau?«

»Ja. Eine wertlose Schlampe, wie es nur eine gibt! Aber vermutlich war es nur eine Frage der Zeit.«

»Was soll ich tun? Er hört doch nicht auf mich.«

»Du weißt doch noch, dass er davon gesprochen hat, zur Armee zu gehen?«

»Ja natürlich. Ich habe darüber nachgedacht. Willst du das wirklich, Mutter?«

»Ich glaube, es ist die einzige Möglichkeit.«

David zeigte seine Besorgnis. »Der Gedanke gefällt mir gar nicht. Ich habe Angst um ihn. Die Armee ist kein geeigneter Ort für jemanden wie Paul. Seine schlechten Angewohnheiten werden sich noch verstärken. Andere werden ihm sogar noch schlimmere Ideen vermitteln.«

»Ich weiß, aber er ist so unglücklich hier.«

»In Ordnung, Mutter. Vielleicht hast du recht. Ich werde mit Paul reden. Wenn er es unbedingt möchte, werde ich dafür sorgen, dass er gehen kann.«

Es dauerte einige Tage, bis er mit Paul sprechen konnte. Nachdem er sein Zimmer betreten hatte, kam er sofort zur Sache: »Paul, was hat es mit dem Duell auf sich? Ich hoffe, du zeigst Vernunft und wendest es ab.«

Paul schnaubte verächtlich. »Ich bin sicher, genau das würdest du tun. Aber er hat mich beleidigt. Ich habe keine Wahl.«

»Jeder Mensch hat die Wahl. Ich kenne das Mädchen nicht einmal, aber sicher ist sie es nicht wert, dass du und der andere Mann riskieren, euch ihretwegen gegenseitig zu töten.«

Paul blieb hart und zwanzig Minuten lang stritten die Brüder. Schließlich sagte David: »Paul, ich möchte einfach nicht, dass du so etwas tust, und vielleicht weiß ich einen Weg, dich davon abzubringen.«

»Zum Beispiel?«, fragte Paul misstrauisch.

»Ich habe über deinen Wunsch, in die Armee einzutreten, nachgedacht und mit Angus darüber gesprochen. Er kennt alle möglichen Leute und hat einen Klienten, der unter General Wolfe dient.«

Sofort änderte sich Pauls Gesichtsausdruck. »Meinst du das ernst, David?«

»Ja. Ich habe Angus gebeten herauszufinden, ob sein Freund sich an den General wenden könnte. Er ist seinem Wunsch nachgekommen und General Wolfe ist bereit, dich in seine Kompanie aufzunehmen. Ein Offizierspatent steht zum Verkauf. Du würdest als Leutnant unter General Wolfe dienen.«

Paul starrte seinen Bruder an. »David, ich weiß, ich bin ein Schurke gewesen, aber wenn du mir diese Chance gibst, wirst du schon sehen. Du wirst stolz auf mich sein können.«

»Du weißt genau, wie ich darüber denke, Paul. Mir wäre es lieber, wenn du einen anderen Beruf ergreifen würdest … aber es ist dein Leben. Die Papiere sind unterzeichnet, der General ist einverstanden. Ich kann dir nicht garantieren, dass du ihm gefällst oder dass dir dieses Leben gefällt, aber wenigstens hast du deine Chance.«

Paul drückte Davids Hand. »Vielen Dank, David.« Überwältigt begann er im Zimmer herumzugehen und von dem Ruhm zu sprechen, der auf ihn wartete. David gab sich Mühe, seine Begeisterung zu teilen, doch er musste immer wieder denken: Er könnte getötet werden. Das würde ich mir nie verzeihen!

Die Royal Navy übernahm die Aufgabe, Englands Kampftruppen zum Kriegsschauplatz zu transportieren. Die Matrosen auf der Dominant, einem sehr schnellen Schiff, standen zum Ablegen bereit. Die Wakefields und Morgans standen an der Pier, um Paul Wakefield zu verabschieden. Paul trug seine neue Uniform, einen eng anliegenden Waffenrock. Die weiße Wolljacke war vom Hals bis zur Taille geknöpft und die Manschetten zierten gelbe und dunkelrote Streifen. Die Manschetten seines weißen Hemdes sahen unter den eng anliegenden Jackenärmeln hervor. Außerdem trug er noch eine ärmellose Weste und wollene Kniehosen, dazu lange Wollstrümpfe und kniehohe schwarze Reiterstiefel. Gekrönt wurde seine Ausstattung von einem breiträndrigen Dreispitz, den eine Kokarde säumte. Um Pauls Taille hing ein Schwertgürtel mit Schwert.

In den vergangenen Wochen hatte Paul nicht gewusst, wo ihm der Kopf stand. Er hatte General Wolfe kennengelernt und ihn sehr nett gefunden. Uniformen mussten angepasst und seine Ausrüstung beschafft werden, und bei allem hatte David ihn begleitet und dafür gesorgt, dass er von allem nur das Beste bekam. Einer der Offiziere an Bord rief nun: »Alle Mann an Bord!«

Paul wandte sich seiner Mutter zu und küsste sie. »Auf Wiedersehen, Mutter. Du wirst schon sehen. Ich werde als ruhmreicher Soldat heimkehren.« Er verabschiedete sich auch von den anderen der Familie und wandte sich dann an David. Zögernd grinste er ihn an. »Du bist Sir David Wakefield, aber eines Tages werde ich General Paul Wakefield sein.«

»Ich hoffe es, Paul«, erwiderte David. »Ich wünsche dir nur das Beste und werde jeden Tag beten, dass du bewahrt bleiben mögest.«

Diese Worte machten Paul irgendwie traurig, und er ließ den Kopf hängen, da er seinem Zwillingsbruder nicht in die Augen sehen konnte. Doch dann blickte er auf und seine alte Fröhlichkeit kehrte zurück. »Der verlorene Sohn zieht in die Fremde, aber ich werde keinen Schweinefraß zu mir nehmen und in Lumpen gehen. Ich werde ruhmreich zurückkehren. Auf Wiedersehen, Bruder.«

»Auf Wiedersehen, Paul.«

Die Familie sah der Dominant nach, wie sie aus dem Hafen segelte. Bethany, die Davids Traurigkeit spürte, nahm seine Hand. »Sei nicht traurig, David. Paul wird zurückkommen.«

»Natürlich kommt er zurück, Bethany.«

»Wir werden in unserem Zimmer eine Geschichte darüber schreiben, ja?«

»Wenn du möchtest.«

Bevor sie zur Kutsche gingen, drehte sich David noch einmal um und warf noch einen letzten Blick auf das Schiff, das nur noch als winziger Punkt am Horizont zu sehen war. Ich wünschte, ich hätte ihn halten können, dachte er. Ich wünschte, ich hätte ihn nicht gehen lassen … aber nichts hat ihn aufhalten können.

Der Kampf ums Glück

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